Die UnitedHealth Group, als größter Krankenversicherer der Vereinigten Staaten bekannt, befindet sich erneut im Brennpunkt juristischer Auseinandersetzungen. Aktuell sieht sich das Unternehmen mit einer Sammelklage konfrontiert, in der ehemalige Mitarbeiter vor Bundesgericht in Minnesota behaupten, dass UnitedHealth Group Gelder aus ihren 401(k)-Rentenplänen missbraucht habe. Konkret wird des Unternehmens beschuldigt, die sogenannten Verfallbeträge, die entstehen, wenn Mitarbeiter die Firma vor Ablauf einer zweijährigen Beschäftigungsdauer verlassen, nicht zweckgebunden zugunsten der Teilnehmer verwaltet, sondern zur Senkung eigener Kosten eingesetzt zu haben. Diese Praxis steht nach Ansicht der Kläger im klaren Widerspruch zu der Treuepflicht, welche UnitedHealth Group als Verwahrer der betrieblichen Altersvorsorge entgegenkommt. Eine 401(k)-Rentenplanregelung ist ein in den USA weit verbreitetes Altersvorsorgeinstrument, das es Mitarbeitern ermöglicht, Teile ihres Einkommens steuerlich begünstigt anzulegen, während Arbeitgeber in vielen Fällen zusätzliche Beiträge leisten, um die Altersvorsorge ihrer Beschäftigten zu fördern.
UnitedHealth Group bietet seinem Personal eine solche betriebliche Altersversorgung an und beteiligt sich grundsätzlich in Höhe von bis zu 4,5 Prozent des Gehalts, vorausgesetzt, gewisse Voraussetzungen werden erfüllt. Innerhalb dieser Rahmenbedingungen besteht eine Klausel, nach der die Arbeitgeberbeiträge verfallen, wenn der Mitarbeiter das Unternehmen vor Ablauf von zwei Jahren verlässt. Zwischen den Jahren 2019 und 2023 hat UnitedHealth Group nach Angaben der Kläger insgesamt rund 19 Millionen US-Dollar aus diesen verfallenen Beträgen dazu verwendet, die eigenen 401(k)-Zuschüsse zu reduzieren, anstatt diese Mittel dafür einzusetzen, die Verwaltungskosten des Rentenplans abzumildern und somit den eigentlichen Planteilnehmern zugutekommen zu lassen. Die Kläger argumentieren, dass ein verantwortungsbewusster Treuhänder in solchen Fällen die Kostenbelastung für die Teilnehmer minimiert hätte, statt den Arbeitgeber finanziell zu entlasten. Diese Vorgehensweise verletzt laut der Klage das Employee Retirement Income Security Act (ERISA), ein umfassendes Bundesgesetz, das Standards für Treuhandverantwortung im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge festlegt und den Schutz der Arbeitnehmerinteressen gewährleisten soll.
Die Dimension des Streits wird durch die beträchtlichen Zahlen unterstrichen: Die 401(k)-Pläne von UnitedHealth Group verwalten Vermögenswerte in Höhe von 22 Milliarden US-Dollar und umfassen rund 267.000 aktive und ehemalige Teilnehmer. In diesem Kontext wirken die 19 Millionen US-Dollar genutzte verfallene Beiträge zwar wie ein kleiner Teil, jedoch werfen sie ein wichtiges Licht auf die organisatorische Verantwortung und das zu verfolgende Prinzip einer fairen Mittelverwendung. Die Aussagen der Klage zeichnen das Bild eines Unternehmens, das in der praktischen Umsetzung seiner Treuhandpflichten Wege gefunden hat, zur eigenen finanziellen Entlastung das verfügbare Kapital, das im Besitz der Planteilnehmer steht, für andere Zwecke einzusetzen. Dieses Verhalten wird unter anderem mit der Bemerkung kritisiert, dass die Teilnehmer des Plans dadurch Millionenausgaben tragen müssen, die andernfalls durch die Erträge aus verfallenen Beiträgen zumindest teilweise gedeckt gewesen wären.
Die UnitedHealth Group selbst hat die Vorwürfe zurückgewiesen. Ein Unternehmenssprecher betonte, dass die 401(k)-Plan-Treuhänder stets im Einklang mit ERISA und zugunsten der Planteilnehmer gehandelt hätten. Das Management kündigte an, die Klage so früh wie möglich anfechten und auf Abweisung drängen zu wollen. Diese Defensive ist vor dem Hintergrund nicht neu, denn das Unternehmen hatte bereits im Vorjahr eine Zahlung in Höhe von 69 Millionen US-Dollar geleistet, um Vorwürfe bezüglich marktunterdurchschnittlicher Performance bei den gewählten Fondsoptionen im 401(k)-Programm beizulegen. Die aktuelle Klage reiht sich damit ein in eine Reihe von gerichtlichen Herausforderungen, denen UnitedHealth Group derzeit gegenübersteht.
Neben Auseinandersetzungen im Bereich der Altersvorsorge sieht sich der Konzern auch mit Vorwürfen konfrontiert, die die Qualität und Abrechnung von Gesundheitsleistungen betreffen. Unter anderem werfen der kalifornische Pensionsfonds CalPERS dem Versicherer vor, falsche Diagnosen („Upcoding“) bei Medicare Advantage Leistungen vorgenommen zu haben, um höhere Zahlungen abzurechnen. Diese Praktiken stehen im Zentrum einer bundesweiten Untersuchung durch das US-Justizministerium. Darüber hinaus klagen Angehörige verstorbener Patienten gegen UnitedHealth Group und kritisieren den Einsatz einer Künstlichen Intelligenz, die angeblich zur Verweigerung notwendiger Behandlungen geführt haben soll. Auch die Anteilseigner des Konzerns sind aktiv geworden, nachdem die Firma auf den tragischen Mord an CEO Brian Thompson reagiert hatte.
Die Problematik zeigt exemplarisch, wie komplex die Verantwortung von Großunternehmen im Bereich der betrieblichen Altersvorsorge ist. Auf der einen Seite müssen sie die finanziellen Risiken und Chancen gegenüber den Beschäftigten transparent und verantwortungsvoll managen, auf der anderen Seite stehen sie in einem Spannungsfeld rechtlicher und wirtschaftlicher Interessen. Bei Verstößen laufen Unternehmen Gefahr, nicht nur erheblichen finanziellen Schadenersatz leisten zu müssen, sondern auch das Vertrauen ihrer Mitarbeiter und Investoren nachhaltig zu verlieren. Vor dem Hintergrund der Verfahren gewinnt auch der Schutz der Arbeitnehmerrechte durch das ERISA-Gesetz besondere Bedeutung. Es stellt klare Anforderungen an die Verwaltung von Altersvorsorgevermögen und fordert vor allem eine Pflicht zur Handlungsweise im besten Interesse der Planteilnehmer.
Treuhänder, wie etwa Unternehmen und ihre Verantwortlichen, die gegen diese Pflichten verstoßen, können im Rahmen von Klagen zur Rechenschaft gezogen werden. Gerade bei Großkonzernen zeigt sich, dass die Einhaltung dieser Vorgaben eine Herausforderung darstellt, die häufig kontrovers diskutiert wird. Im europäischen Kontext, aber vor allem auch in Deutschland, sind betriebliche Altersvorsorgepläne ebenfalls von großer Bedeutung. Auch wenn hier andere rechtliche Rahmenbedingungen gelten, geben solche Fälle aus den USA Anhaltspunkte für die Notwendigkeit strenger Kontrollen und der Einhaltung von Treuhandpflichten. Betroffene Arbeitnehmer sollten stets genau informiert sein über die Verwendung ihrer Beiträge und die Rechte, die sie bei Verstößen geltend machen können.
Unternehmen sind dagegen angehalten, insbesondere bei großzügigen Zusatzleistungen wie 401(k)-Systemen sorgsam und transparent mit den Ressourcen ihrer Mitarbeiter umzugehen. Die juristische Auseinandersetzung um UnitedHealth Group dürfte in den kommenden Monaten weiter an Brisanz gewinnen, da sie größere Fragen zur Transparenz und zur Umsetzung von Altersvorsorgerechten aufwirft. Die Entwicklungen zeigen exemplarisch, dass auch etablierte Konzerne nicht vor rechtlichen Konsequenzen gefeit sind, wenn sie die Interessen der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer missachten. Für Betroffene ist es wichtig, die Verfahren aufmerksam zu verfolgen und sich gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen, um ihre Ansprüche durchzusetzen. Letztlich steht viel auf dem Spiel: Vertrauenswürdige und faire Verwaltung von 401(k)-Fonds ist für die finanzielle Absicherung der Arbeitnehmer unerlässlich.