Human Resources, kurz HR, ist eine Abteilung, die in nahezu jedem Unternehmen existiert und meist den ersten Kontaktpunkt für neue Mitarbeiter darstellt. Beim Vorstellungsgespräch, der Einarbeitung oder in konfliktgeladenen Situationen ist HR häufig involviert. Dabei entsteht bei vielen Beschäftigten ein Bild von HR als wohlwollender Anlaufstelle, als Ansprechpartner für persönliche Sorgen oder als vertrauenswürdiger Vermittler zwischen Belegschaft und Management. Doch diese Vorstellung entspricht selten der Realität. Die Wahrheit ist: HR ist nicht dein Freund – und das aus gutem Grund.
Personalabteilungen sind in erster Linie ein Organ, das den Schutz und die Interessen des Unternehmens gewährleistet. Ihre Aufgabe besteht in der Risiko-minimierung, der Einhaltung von Richtlinien und der Sicherstellung reibungsloser Abläufe auf organisatorischer und rechtlicher Ebene. Dabei steht der einzelne Mitarbeiter nicht im Fokus, sondern das Unternehmen als Ganzes. Dieses Spannungsfeld erzeugt häufig eine Kluft zwischen den Erwartungen der Mitarbeiter und der tatsächlichen Funktion von HR. Ein entscheidender Aspekt ist, dass HR-Mitarbeitende oft die Rolle eines Vermittlers zwischen Management und Belegschaft einnehmen müssen.
Dabei vertreten sie jedoch vorrangig die Interessen des Arbeitgebers. Wenn Konflikte aufkommen, steht nicht das persönliche Wohlbefinden des Mitarbeiters an erster Stelle, sondern die Absicherung des Unternehmens vor möglichen rechtlichen oder finanziellen Risiken. Ein Gespräch mit HR ist deshalb selten eine vertrauliche oder rein unterstützende Situation – vielmehr gleicht es einer Sitzung, bei der Worte genau abgewogen werden müssen, da alles schriftlich dokumentiert und gegen den Mitarbeiter verwendet werden kann. Eine weit verbreitete Praxis sind sogenannte „anonyme“ Mitarbeiterbefragungen. Diese Erhebungen sollen Feedback zur Arbeitsatmosphäre, Führung oder Unternehmenskultur generieren.
In Wahrheit bergen sie jedoch Gefahren für den Teilnehmer, da „Anonymität“ häufig nur eine Illusion ist. Persönliche Rückmeldungen können anhand von Terminen oder IP-Adressen zurückverfolgt werden, was dazu führen kann, dass Kritiker, die unbequeme Wahrheiten aussprechen, unerwartete Konsequenzen erfahren. Mitarbeiter berichten immer wieder, dass sie nach kritischen Bewertungen von Vorgesetzten oder der Unternehmenskultur plötzlich aus wichtigen Projekten entfernt oder negativ beurteilt wurden. Ein weiterer sensibler Bereich, in dem HR seine wahre Rolle offenbart, sind Kündigungen und Entlassungsphasen. Die oft distanziert wirkende Haltung der Personalabteilung während solcher Gespräche ist kein Zufall.
HR-Vertreter bereiten diese Situationen minutiös vor, inklusive eines genau getakteten Ablaufs, der dazu dient, das Unternehmen bestmöglich zu schützen. Die emotionale Seite der Mitarbeiter wird dabei bewusst ausgeblendet und professionelles Verhalten wird verlangt, unabhängig von der persönlichen Betroffenheit. Selbst wenn Mitarbeitende weinen oder offensichtlich verletzt sind, bleibt HR ungerührt und folgt streng ihren Vorgaben, was auch das Unterzeichnen von sogenannten Schweigevereinbarungen betrifft. Der Begriff „Professionalität“ fungiert im HR-Kontext oft als Keule gegen authentisches Verhalten. Mitarbeiter sollen keine unangenehmen Wahrheiten aussprechen, keine starken Emotionen zeigen und kontroverse Themen nur vorsichtig ansprechen.
Missfallen oder Kritik an der Unternehmenskultur oder den Führungskräften werden gern als unprofessionell abgetan, was den Spielraum für offene Kommunikation stark einschränkt. Gleichzeitig werden passive-aggressive Bemerkungen von Vorgesetzten toleriert, solange sie nicht offen hinterfragt werden. Die Doppelmoral in solchen Situationen entlarvt eindrucksvoll, dass HR weder unparteiisch noch als Schutzschild für den Mitarbeiter fungiert. Erstaunlich ist auch die Tatsache, dass HR meist erst dann aktiv wird, wenn bereits Probleme bestehen. Überraschende Einladungen zu „Gesprächen“ oder „Klärungsterminen“ sind oft eine Vorstufe zu einer formellen Abmahnung oder einer Kündigung.
Die wenig einladende Atmosphäre und die meist schon vorentschiedenen Ergebnisse dieser Treffen hinterlassen bei Betroffenen ein Gefühl der Ohnmacht. Da HR darauf konzentriert ist, die Risiken für das Unternehmen zu minimieren, sind Mitarbeiter oft nur noch Teil eines Rituals, bei dem ihr Schicksal vorbestimmt scheint. In der Summe zeigt sich: HR ist keine Abteilung, die sich im Sinne der Arbeitnehmer als Freund oder Fürsprecher versteht. Vielmehr agiert sie als Schutzwall, der das Unternehmen vor internen und externen Gefahren bewahrt. Dies führt dazu, dass Mitarbeiter, die sich emotional oder fachlich belastet fühlen, in HR selten einen Verbündeten finden.
Dies bedeutet jedoch nicht, dass persönliche Verbindungen zu einzelnen Mitarbeitern in der Personalabteilung unmöglich sind. Häufig sind Personen in HR durchaus sympathisch und bemüht, menschlich zu sein. Dennoch darf man nicht vergessen, dass sie ihrem Arbeitgeber verpflichtet sind und Entscheidungen nicht aus persönlicher Loyalität treffen. Was können Arbeitnehmer aus dieser Erkenntnis lernen? Die wichtigste Lektion ist, HR-Gespräche mit Vorsicht anzugehen. Ehrliche, aber gut überlegte Kommunikation ist essenziell.
Kritik oder Bedenken sollten wohlformuliert und situationsgerecht geäußert werden, da jedes Wort dokumentiert werden kann. Wer sich über die Unternehmenskultur oder Vorgesetzte beschweren möchte, sollte sich vorher gut überlegen, ob der richtige Empfänger tatsächlich HR ist. Ein weiterer Tipp ist der Aufbau eines unterstützenden Netzwerks abseits der Personalabteilung. Kollegen, Freunde, Familienmitglieder oder sogar Gewerkschaften können in schwierigen Situationen echte Rückhalt bieten. Wo HR eher formal und neutral agiert, kann persönlicher Beistand für emotionale Stabilität und Handlungssicherheit sorgen.
Auch das Bewusstsein über die eigene Rolle im Unternehmen ist wichtig. Mitarbeiter sind keine unantastbaren Partner, sondern letztlich Ressourcen, die – je nach Situation – austauschbar sind. Diese nüchterne Einschätzung hilft, unrealistischen Erwartungen an HR vorzubeugen und sich besser auf die Realitäten der Arbeitswelt einzustellen. Zusammenfassend gilt: Personalabteilungen sind ein unverzichtbarer Bestandteil moderner Unternehmen, jedoch primär im Dienst des Arbeitgebers. Wer das versteht, kann die Interaktionen mit HR professioneller und strategischer gestalten.
Freundschaft oder Fürsorglichkeit seitens von HR darf man nicht erwarten. Stattdessen ist es ratsam, HR als das zu sehen, was es ist: eine Instanz, die sich um den Schutz und die Interessen des Unternehmens kümmert – mit allen Konsequenzen, die das für Arbeitnehmer mit sich bringt.