Die Anzahl der aktiven Öl- und Gasbohrstellen in den Vereinigten Staaten ist kürzlich auf den niedrigsten Stand seit Januar gefallen, wie die aktuelle Wochenstatistik des Energie-Dienstleistungsunternehmens Baker Hughes zeigt. Die Gesamtzahl der Bohrstellen sank um sechs auf 578, was einen Rückgang um 25 Bohrstellen oder etwa vier Prozent im Jahresvergleich darstellt. Diese Entwicklung signalisiert eine Veränderung in der Dynamik des US-Öl- und Gassektors, die verschiedene wirtschaftliche und geopolitische Faktoren widerspiegelt. Die Aktivität auf den Bohrstellen gilt als ein wichtiger Frühindikator für die zukünftige Rohöl- und Erdgasproduktion, was die aktuelle Entwicklung besonders relevant macht. Der Rückgang betrifft vor allem die Ölbohrstellen, deren Zahl um fünf auf 474 sank und damit den niedrigsten Wert seit Januar erreicht.
Die Zahl der Gasbohrstellen blieb hingegen unverändert bei 101. Der Rückgang der Bohraktivitäten erstreckt sich auf mehrere Schlüsselregionen, die für die US-Ölproduktion von herausragender Bedeutung sind. In der Golfregion von Mexiko ging die Anzahl der Bohrinseln um drei auf neun zurück, der niedrigste Stand seit September 2021. Dies könnte auf Angebotsüberhänge und Marktunsicherheiten zurückzuführen sein. Im Denver-Julesburg Niobrara Schieferbecken, das Teile von Colorado, Wyoming, Nebraska und Kansas umfasst, reduzierte sich die Zahl der aktiven Bohrstellen um eine auf fünf, den niedrigsten Stand seit Januar 2021.
Die Permian-Schieferregion, das größte Ölfördergebiet der USA im Westen von Texas und im östlichen New Mexico, verzeichnete ebenfalls einen Rückgang um zwei Bohrstellen auf 285, den niedrigsten Wert seit Dezember 2021. Zudem fiel die Bohrstellenanzahl in New Mexico um vier auf 96, was den niedrigsten Stand seit April 2022 darstellt. Dieser anhaltende Rückgang steht im Zusammenhang mit den Entwicklungen der letzten Jahre. Im Jahr 2023 sank die Anzahl der aktiven Bohrstellen um rund 20 Prozent, bevor es 2024 noch einmal um etwa 5 Prozent nach unten ging. Die Gründe hierfür liegen hauptsächlich in den niedrigeren US-Öl- und Gaspreisen, die Energiekonzerne veranlasst haben, ihre Investitionsprioritäten zu verschieben.
Statt auf eine Ausweitung der Produktion setzen sie verstärkt auf die Steigerung der Renditen für Aktionäre und den Abbau von Schulden. Analysten erwarten, dass die Ölpreise 2025 zum dritten Mal in Folge sinken werden. Dennoch prognostiziert die US-Energieinformationsbehörde (EIA) einen leichten Anstieg der Rohölproduktion von einem Rekordniveau von 13,2 Millionen Barrel pro Tag (bpd) im Jahr 2024 auf etwa 13,4 Millionen Barrel pro Tag im Jahr 2025. Diese Prognose wurde jedoch im Vergleich zum April-Ausblick nach unten korrigiert, da niedrigere Ölpreisprognosen und zunehmende Handelsbarrieren, beispielsweise durch US-Zölle, das globale Wirtschaftswachstum sowie die Ölnachfrage bremsen könnten. Auf der Erdgas-Seite ist die Situation etwas anders gelagert.
Die EIA erwartet, dass steigende Spotpreise um fast 88 Prozent im Jahr 2025 die Produzenten dazu bewegen werden, die Bohraktivitäten auszuweiten. Dies folgt auf einen Preisrückgang von 14 Prozent im Jahr 2024, der bereits dazu führte, dass Unternehmen ihre Produktion zum ersten Mal seit der Pandemie 2020 reduzierten. Die Erdgasproduktion soll von 103,2 Milliarden Kubikfuß pro Tag im Jahr 2024 auf 104,9 Milliarden Kubikfuß pro Tag im Jahr 2025 zulegen und somit ein neues Rekordniveau erreichen. Die regionalen Entwicklungen spiegeln unterschiedliche Marktbedingungen wider. Der Rückgang der Bohrstellen im Permian-Becken ist signifikant, da diese Region als Herzstück der US-Ölproduktion gilt und maßgeblich zum Produktionswachstum der letzten Jahre beigetragen hat.
Die reduzierte Aktivität könnte auf Befürchtungen vor einem Überangebot am Markt und sinkender Rentabilität hindeuten, insbesondere in Zeiten niedrigerer Ölpreise. Dieselben wirtschaftlichen Unsicherheiten wirken sich auch in Texas aus, dem wichtigsten Ölproduzentenstaat der USA. Hier sind die Bohranträge auf ein Vierjahrestief gefallen, was die vorsichtige Haltung der Unternehmen angesichts globaler Unsicherheiten und anhaltender Spannungen im Handel, vor allem zwischen den USA und anderen großen Wirtschaftsmächten, widerspiegelt. Insgesamt verdeutlicht der erneute Rückgang der Öl- und Gasbohrstellen eine Phase der Konsolidierung und Umorientierung in der US-Energiebranche. Während Unternehmen in den vergangenen Jahren vor allem auf Wachstum und Produktionssteigerungen gesetzt haben, rücken nun Effizienzsteigerungen, Schuldenabbau und eine stärkere Fokussierung auf Aktionärsrenditen in den Vordergrund.
Dies wird auch durch die gesunkene Bohraktivität in den Schieferregionen zum Ausdruck gebracht. Die Aussichten für 2025 bleiben dabei zwiespältig. Auf der einen Seite gibt es noch eine solide Nachfragebasis und Prognosen für leicht steigende Produktion sowohl im Öl- als auch im Gasbereich. Andererseits wirken die sinkenden Preise und geopolitischen Unsicherheiten dämpfend auf Investitionen und Bohraktivitäten. Wichtig ist zudem der Einfluss von externen Faktoren wie der OPEC+-Förderpolitik, die neben der US-Produktion auch die globalen Angebotsmengen maßgeblich steuert.
Im Kontext eines zunehmend volatilen Energiemarktes gewinnen erneuerbare Energien und alternative Energietechnologien an Bedeutung, was den Druck auf fossile Brennstoffe langfristig erhöhen kann. Die US-Energiebranche steht somit vor der Herausforderung, kurzfristige wirtschaftliche Zwänge mit einer nachhaltigen und zukunftsfähigen Strategie zu verbinden. In Summe zeigt die aktuelle Entwicklung beim Rückgang der Öl- und Gasbohrstellen einen Wendepunkt, der wichtige Implikationen für die Energieversorgung und die wirtschaftliche Lage der USA mit sich bringt. Die Balance zwischen Produktion, Nachfrage und Investitionsbereitschaft wird in den kommenden Monaten und Jahren entscheidend sein, um auf globale Marktveränderungen flexibel reagieren zu können und zugleich den Bedürfnissen einer sich wandelnden Energielandschaft gerecht zu werden.