In der heutigen Welt, in der künstliche Intelligenz rasante Fortschritte macht, stellt sich die Frage: Kann eine KI ein Buch in kürzester Zeit schreiben, das mit dem Ergebnis eines menschlichen Autors mithalten kann? Dieses Experiment habe ich selbst gewagt. Mein Roman, der mir ein ganzes Jahr intensiver Arbeit abverlangte, wurde mit Hilfe von KI in etwa einer Stunde neu erstellt. Dabei wollte ich herausfinden, wie nah die maschinelle Version an mein eigenes Werk herankommt und in welchen Bereichen die KI ihre Stärken und Schwächen zeigt. Die Ausgangslage Ich bin Schriftsteller und habe im Laufe der Jahre viel Energie und Zeit ins Schreiben von fiktionalen Geschichten investiert, ganz ohne künstliche Intelligenz. Mein aktuelles Buch entstand über den Zeitraum von rund einem Jahr, von der ersten Idee bis zum fertig ausgearbeiteten Rohentwurf.
Dabei handelt es sich um eine Geschichte, die in einem magischen Afrika spielt, in der zentrale Charaktere mit komplexen Motivationen agieren und sich in einem intensiven Geflecht aus Loyalität, Verrat und Glauben bewegen. Die Entstehung meines Originals war ein Prozess des kreativen Explorierens. Zwar trug ich am Anfang eine grobe Vorstellung von Hauptfiguren und Handlung in mir, doch der Großteil des Romans entstand durch eine Art Entdeckendes Schreiben. Ich skizzierte einige Schlüsselszenen vorab, setzte mich dann aber immer wieder an das Manuskript, um neue Ideen in die Geschichte auf natürliche Weise einfließen zu lassen. Parallel dazu arbeitete ich an der Ausgestaltung von Charaktertiefe, Weltaufbau und subtilen Details, die einer Geschichte mehr Authentizität verleihen.
Die KI-Version: Schnelligkeit trifft auf Technologie Als Entwickler der KI-Anwendung Varu AI entschied ich mich, einen Vergleich zu wagen. Ich wollte sehen, wie das System sich mit meiner Story-Idee schlägt, wenn ich es gezielt mit der Handlung vertraut mache und ihm durch einen maßgeschneiderten Plot-Algorithmus helfe, die Geschichte zu strukturieren. Die KI nutzte das Modell GPT 4.1 als Grundlage, sowohl für die Planung der Handlung als auch für das Schreibhandwerk selbst. Ich formulierte einen umfassenden Eingabebefehl, der die Grundzüge meines Buchs beschrieb.
Darauf basierend generierte die KI Charaktere und sogenannte „Plot Promises“, also erzählerische Versprechen, was in der Geschichte passieren könnte. Im nächsten Schritt überarbeitete ich diese Vorgaben, ergänzte wichtige Elemente wie den Handlungsstrang um eine goldene Kreatur oder eine sich entwickelnde Romanze. Danach startete ich die Szene-für-Szene-Generierung und bearbeitete zwischendurch erneut die Plotversprechen, um den Verlauf der Geschichte besser an meine Vision anzupassen. Insgesamt dauerte dieser Prozess ungefähr eine Stunde aktiver Arbeit. Stärken der KI: Überraschende Wendungen und überzeugende Figuren Das Ergebnis überraschte mich in vielerlei Hinsicht positiv.
Die KI brachte überraschende Plot-Twists ein, auf die ich nicht gekommen wäre. Zum Beispiel gelang es ihr, eine spannende Szene zu schreiben, in der die Hauptfigur Avso in Gefangenschaft gerät und der Kaiser diese Gefangennahme als göttliches Zeichen interpretiert – eine faszinierende Moraldiskussion, die im Original so nicht vorkommt. Die KI erzählte parallel verlaufende Handlungsstränge geschickt nebeneinander, etwa die Rettungsmission der Gefährten, während Avso in der Kaisergschaft verweilt. Zudem überzeugte die Darstellung eines intelligenten, taktisch versierten Kaisers Amud, dessen Kräften und Zwiespältigkeit die Geschichte zusätzliche Tiefe verliehen. Besonders die Kampfsequenzen und die Entwicklung von Avso zu einer stärkeren Figur waren besonders fesselnd und unterhaltsam.
Auch die Emotionen und Motivationen kamen nicht zu kurz, etwa in der Darstellung von Frau za’s Verlust und Trauer, die sehr authentisch und ergreifend geschildert wurde. Solche emotionalen Höhepunkte sorgen dafür, dass der Leser mitfiebert und sich in die Figuren hineinversetzen kann. Schwächen der KI: Konsistenz und Tiefgang fehlen Trotz dieser beeindruckenden Momente wurden auch deutliche Schwächen sichtbar. Die KI hatte Probleme mit der Konsistenz verschiedener Handlungselemente. So war etwa nicht immer klar, aus welchem Stamm der Kaiser stammt, und es gab Wiederholungen, die in einer menschlichen Überarbeitung vermutlich beseitigt worden wären.
Die KI vernachlässigte zudem wichtige Charakterbeziehungen und deren Entwicklung. Zum Beispiel fehlte das Wiederaufleben von Skamtos fast nach dessen Nahtoderfahrung; außerdem schwand die Spannung um die Akzeptanz von Avso durch seinen Vater zunehmend, wodurch die erzählerische Dynamik litt. Auch Welt- und Hintergrundgestaltung blieben flacher als in meinem Original. Der umfassende, detaillierte Aufbau einer magischen Welt, den ich über Monate ausgearbeitet hatte, vermisste ich beim KI-Text. Magische Elemente oder rituelle Faktoren, wie die Zeremonie zur Stärkung des Kaisers, wurden kaum aufgenommen oder überzeugend integriert.
Ähnlich blieb die Struktur des Plotverlaufs hinter der potentiellen Komplexität zurück: Der Höhepunkt der Geschichte kam mit der Ermordung des Kaisers zu früh, wodurch sich die spätere Handlung etwas ziellos und weniger dramatisch anfühlte. Die KI schien zu viele Handlungsversprechen gleichzeitig zu verfolgen, was die Erzählung unübersichtlich machte und die Hauptmotivation aus den Augen verlor. Der Mensch – noch unersetzlich für Details und Tiefe In meinem Werk legte ich großen Wert auf die Feinheiten der Charaktere und des Settings. Diese Tiefe entstand durch das Know-how und die Intuition, die ich mir als Autor im Laufe der Zeit aneignete. Meine Figuren sind nicht nur Mittel zur Vorantreibung der Handlung, sondern tragen Geheimnisse, innere Konflikte und menschliche Schwächen, die glaubwürdig wirken und den Leser emotional binden.
Ich setzte zudem unzählige kleine Details und subtile Hinweise in die Welt, die die Geschichte unverwechselbar machen. Diese Szenen mit Nuancen wurden zwar von der KI zum Teil übernommen, erreichten aber nicht die gleiche Komplexität oder gestalterische Vielfalt. Fazit des Experiments Das Experiment hat mir viele wertvolle Einsichten gegeben. Die KI konnte in einer unfassbar kurzen Zeit grundlegende Handlungsstränge und Figuren entwickeln, die durch aufregende Wendungen und starke Szenen glänzten. Die Geschwindigkeit und die kreativen Impulse sind zweifellos eine bemerkenswerte Leistung der heutigen Technik.
Trotzdem zeigte die Gegenüberstellung auch klar die Grenzen auf: Eine KI kann eine solide, lesenswerte Rohfassung liefern, eignet sich jedoch momentan weniger dazu, fein abgestimmte, tiefgründige und liebevoll ausgearbeitete Bücher zu produzieren, die einen unverwechselbaren menschlichen Stil ausdrücken. Für Autoren bietet die KI eine spannende Möglichkeit, erste Ideen zu generieren, erzählerische Richtungen abzuwägen oder Grundgerüste von Geschichten zu erstellen. Dennoch bleibt der menschliche Autor unverzichtbar, um komplexe Charakterentwicklung, authentische emotionale Tiefe und eine lebendige, vielschichtige Welt zu erschaffen. Gerade die Verbindung von künstlerischem Feingefühl und kreativer Intelligenz, die nur Menschen besitzen, prägt das Besondere eines guten Romans. Dieses Experiment war für mich auch eine Inspirationsquelle.
Ich habe neue Ideen für meinen eigenen Roman erhalten und wertvolle Anregungen, wo ich Aspekte meiner Geschichte noch weiter verbessern kann. Die Schnittstelle zwischen menschlicher Kreativität und künstlicher Intelligenz birgt große Chancen für die Zukunft des Schreibens – gerade wenn beide Elemente sich ergänzen. So stellt sich am Ende nicht die Frage, ob KI Autoren ersetzt, sondern wie sie diesen als Werkzeug dienen kann, um schneller erste Ideen zu finden und den kreativen Prozess zu unterstützen. Ein Jahr harte Arbeit gegen eine Stunde KI zeigt deutlich: Der menschliche Geist bleibt unersetzlich, aber klug eingesetzt, gehen Technik und Kreativität Hand in Hand, um neue spannende Geschichten zu erschaffen.