Die englische Sprache ist geprägt von ständiger Veränderung und Anpassung, was sich besonders gut an der Geschichte des Singular-They erkennen lässt. Obwohl das Pronomen „they“ heute häufig mit der Ansprache von nicht-binären Personen in Verbindung gebracht wird und als modernes Werkzeug für geschlechtsneutrale Formulierungen gilt, reicht seine Verwendung als Singularform bereits weit über die aktuellen Debatten hinaus. Die Wurzeln des Singular-They reichen mehr als 600 Jahre zurück und demonstrieren eindrucksvoll, wie flexibel und wandelbar Sprache ist. Der Ursprung von „they“ liegt im Plural, der bereits im 13. Jahrhundert in die englische Sprache eingeführt wurde.
Rasch nach seiner Verbreitung als Mehrzahlpronomen begann das Pronomen auch im Singular zu erscheinen, beispielsweise dann, wenn das Geschlecht einer Person nicht spezifiziert wurde. Eine der frühesten belegten Stellen findet sich im Jahr 1375 in einem mittelalterlichen Gedicht namens „William and the Werewolf“. Dort wird „they“ verwendet, um eine einzelne Person zu beschreiben, ohne sich dabei auf ein bestimmtes Geschlecht zu beziehen. Diese frühe Verwendung lässt darauf schließen, dass Singular-They schon lange vor seiner schriftlichen Dokumentation mündlich in Gebrauch war. Im Laufe der Jahrhunderte wurde das Singular-They von zahlreichen bedeutenden englischsprachigen Autoren genutzt.
Geoffrey Chaucer verwendete das Pronomen bereits 1386 in „The Canterbury Tales“, was zeigt, dass Singular-They fest in der Literatur verankert war. Shakespeare, einer der berühmtesten Dramatiker der englischen Sprache, griff ebenfalls auf diese Form zurück und benutzte sie in Stücken wie „A Comedy of Errors“ und „Hamlet“. Auch im 18. und 19. Jahrhundert setzten Schriftsteller wie Jane Austen das Singular-They gezielt ein.
In Austens Roman „Mansfield Park“ findet sich eine Stelle, in der sie schreibt: „I would have everybody marry if they could do it properly.“ Dabei wird „they“ verwendet, um eine unbestimmte Person zu beschreiben – ein klarer Verweis auf das grammatische Geschlecht als nebensächlichen Faktor. Trotz dieser lang etablierten Nutzung geriet das Singular-They im 18. Jahrhundert zunehmend unter Beschuss von Sprachwissenschaftlern, die begannen, eine strikte grammatikalische Trennung zwischen Plural und Singular durchzusetzen. Sie kritisierten, dass pluralische Pronomen nicht mit singularen Bezügen verwendet werden könnten.
Daraus entstand die Vorstellung, dass nur „he“ als geschlechtsneutrales oder allgemeines Pronomen zulässig sei. Interessanterweise ignorierten diese Regeln jedoch, dass auch „you“ ursprünglich als rein pluralisches Pronomen galt und über die Zeit Singularformen annahm. Das Problem bei der Ablehnung des Singular-They lag darin, dass viele Sprecher, sowohl in der Literatur als auch im Alltag, das Pronomen praktisch und intuitiv weiterhin nutzten. Der Unterschied zwischen grammatikalischer Singularität und konzeptueller Singularität wurde nicht immer deutlich beachtet. Linguisten wie Kirby Conrod von der University of Washington weisen darauf hin, dass ein Wort grammatikalisch als singular gelten kann, wenn es mit einem Singular-Verb verbunden ist.
Doch in der Alltagssprache und in vielen Dialekten kann „they“ auch mit singularen Bezügen einhergehen, ohne dass das als Fehler wahrgenommen wird. Die Akzeptanz des Singular-They spiegelt eine natürliche sprachliche Anpassung wider. Im Alltag verwenden Menschen häufig Sätze wie „Everyone should bring their towel“ oder „Someone forgot their wallet“. Diese Formulierungen wirken flüssiger und natürlicher als die alternative Verwendung von „he or she“, die oft als umständlich empfunden wird. Das Singular-They bietet eine elegante, inklusive Möglichkeit, über eine unbekannte oder nicht näher benannte Person zu sprechen, ohne auf binäre Geschlechterrollen zurückgreifen zu müssen.
Neuere Entwicklungen zeigen eine weitere Dimension: Die Nutzung des Singular-They hat sich von einer unbestimmten Person hin zu einem spezifischen Individuum gewandelt, das sich selbst als nicht-binär identifiziert und das Pronomen ausdrücklich für sich beansprucht. Das unterscheidet die moderne Verwendung von den Formen, die in der mittelalterlichen Literatur zu finden sind, wo das Pronomen vor allem mit „each man“ oder „every person“ in Verbindung stand. Heute benennt Singular-They konkrete, einzelne Personen, was es zu einem wichtigen Werkzeug für geschlechtliche Vielfalt und Inklusion macht. Der gesellschaftliche Diskurs rund um das Singular-They ist eng mit der Anerkennung und dem Respekt gegenüber nicht-binären und transgender Personen verbunden. Während die Verwendung von Singular-They inzwischen von vielen etablierten Medien und Styleguides anerkannt wird, ist sie auch Ziel von Kritik und transphoben Angriffen.
Dennoch zeigt der langjährige Gebrauch in Literatur und Alltag, dass Sprachen sich durch die breite Nutzung ihrer Sprecher definieren – nicht durch starre Regeln, die von einzelnen Gruppen aufgestellt werden. Die Geschichte des Singular-They illustriert insgesamt den facettenreichen Prozess sprachlicher Evolution. Von den mittelalterlichen Dichtungen bis hin zu modernen Diskussionen in Gesellschaft und Politik hat sich das Pronomen immer wieder als flexibel, funktional und integrativ erwiesen. Es überwindet einfache binäre Strukturen, spiegelt sprachliche Pragmatik wider und stellt einen wichtigen Baustein für eine inklusive Kommunikation dar. Sprachgeschichte offenbart sich dabei als lebendiges Zeugnis gesellschaftlichen Wandels: So wie sich Vorstellungen von Geschlecht und Identität entwickeln, so passt sich auch die Sprache an.
Das Singular-They ist mehr als nur ein grammatikalisches Element. Es ist ein Symbol für Inklusion, Vielfalt und den stetigen Wandel menschlicher Ausdrucksformen, die zeigen, dass Sprache niemals statisch, sondern immer dynamisch ist. Abschließend lässt sich sagen, dass das Singular-They seinen festen Platz in der englischen Sprache verdient hat. Die Tatsache, dass berühmte Autoren wie Chaucer, Shakespeare und Austen es seit Jahrhunderten genutzt haben, unterstreicht seine Legitimität und Natürlichkeit. Heutzutage hat Singular-They zudem eine kraftvolle gesellschaftliche Bedeutung erlangt, die weit über rein sprachliche Fragen hinausgeht.
Es bleibt spannend zu beobachten, wie sich die Verwendung weiterentwickelt und welchen Einfluss sie auf zukünftige Generationen und Kulturen haben wird.