Die Welt der Kryptowährungen bietet enorme Chancen, aber auch einzigartige Herausforderungen, insbesondere wenn es darum geht, was mit Ihren digitalen Vermögenswerten geschieht, wenn Sie sterben. Anders als bei herkömmlichem Geld, das auf Bankkonten liegt oder in physischem Besitz verbleibt, hängen die Zugänglichkeit und der Erhalt von Kryptowährungen von komplexen technischen Sicherheitsmaßnahmen ab. Daher ist es zwingend erforderlich, frühzeitig einen Plan zu erstellen, um sicherzustellen, dass Ihre Krypto-Vermögenswerte nicht unwiderruflich verloren gehen und Ihre Erben tatsächlich Zugang erhalten. Kryptowährungen sind auf dezentralisierten Netzwerken gespeichert und werden durch private Schlüssel gesichert. Nur derjenige, der über den entsprechenden privaten Schlüssel verfügt, kann Zugriff auf die zugrundeliegenden Coins oder Token erhalten.
Stirbt der Eigentümer ohne eine klare Regelung und ohne die Weitergabe dieser Schlüssel, ist das digitale Kapital oftmals nicht mehr zugänglich. Laut Schätzungen von Blockchain-Analysten sind bereits heute mehr als zehn Prozent aller Bitcoins für immer verloren, vermutlich weil die Besitzer vor ihrem Tod keine ausreichenden Maßnahmen getroffen haben. Dies verdeutlicht, wie wichtig ein strukturierter Plan für den Umgang mit digitalen Vermögenswerten im Todesfall ist. Der erste Schritt bei der Nachlassregelung für Krypto ist die Auswahl der richtigen Person oder Personen, die Ihre Vermögenswerte erhalten sollen. Dabei geht es jedoch nicht nur um Vertrauen im klassischen Sinne.
Ein wesentlicher Faktor ist auch die technische Kompetenz der Person, die Ihre Kryptowährungen erben soll. Gerade bei komplexen Wallets, Hardware-Geräten und verschiedenen Blockchain-Protokollen ist technisches Know-how von großer Bedeutung. Wenn die Erben nicht mit den notwendigen Tools vertraut sind, besteht das Risiko, dass sie Fehler machen, etwa beim Umgang mit Hardware-Wallets oder beim Versenden von Kryptowährung an falsche Adressen. Dies kann zum endgültigen Verlust des Vermögens führen. Verschiedene Kryptowährungen und Token können unterschiedliche technische Standards nutzen.
Ein Beispiel dafür ist der Stablecoin Tether (USDT), der auf mehreren Blockchains als OMNI, ERC-20 oder TRC-20 Token ausgegeben wird. Sollte jemand versehentlich USDT von einer OMNI-Basis an eine ERC-20-Adresse senden, sind die Token nicht wiederherstellbar. Aus diesem Grund ist eine sorgfältige Dokumentation aller Details rund um die Arten der Wallets, Token-Standards und Blockchains immens wichtig. Die Frage, wie viele Informationen Sie an eine einzelne Person oder an mehrere Personen weitergeben sollten, ist ebenfalls heikel. Einerseits erhöht die Verteilung der Zugangsdaten auf mehrere Vertrauenspersonen die Sicherheit, damit nicht ein Einzelner allein Zugriff auf Ihr vollständiges Vermögen hat.
Andererseits können dadurch Zugriffsprobleme entstehen, wenn eine der beteiligten Personen ihren Teil der Informationen verliert oder nicht mehr erreichbar ist. Hier gilt es, eine Balance zu finden, die sowohl Sicherheit als auch Zugänglichkeit gewährleistet. Nach der Wahl der richtigen Empfänger sollten Sie konkret festhalten, wie Ihre Kryptowährungen gefunden und abgerufen werden können. Dazu zählt die genaue Dokumentation des physischen Aufbewahrungsortes von Hardware-Wallets und die Information über alle Hot Wallets sowie auf welchen Plattformen wie Centralized Exchanges (CEX) oder dezentralen Finanzplattformen (DeFi) Krypto-Bestände liegen. Es kann sinnvoll sein, verschiedene digitale Vermögenswerte zu konsolidieren und in Wallets zu übertragen, die mehrere Asset-Typen unterstützen, um den Verwaltungsaufwand für die Erben zu minimieren.
Ebenso essenziell ist die sorgfältige Aufzeichnung aller relevanten Zugangsinformationen, darunter Passwörter, private Schlüssel, Seed Phrasen sowie Backup-Codes für Zwei-Faktor-Authentifizierungen. Da viele Dienste heute 2FA nutzen, müssen auch Vertrauenspersonen wissen, wie sie auf diese Sicherheitsmechanismen zugreifen können – etwa durch Aufbewahrung von Backup-Codes oder die Kenntnis des Passworts zum Smartphone oder zur Authentifizierungs-App. Ohne diese Details ist es meist unmöglich, Zugriff auf Kryptowährungen zu erlangen. Es ist wichtig zu betonen, dass Krypto-Zugangsdaten niemals ungesichert auf Post-Its kleben oder in standardmäßigen unverschlüsselten Dateien gespeichert werden sollten. Die beste Vorgehensweise ist das sichere Aufschreiben und Aufbewahren auf Papier.
Diese Papiere sollten an verschiedenen, geschützten Orten verteilt werden, um Risiken durch Feuer, Wasser oder Diebstahl zu minimieren. Noch robuster sind spezielle Metallplatten oder Kits zur Langzeitdokumentation von Seeds und Schlüsseln, die dadurch gegen physische Schäden besonders widerstandsfähig sind. Anbieter wie Cryptotag, Cryptosteel oder Crypto Key Stack bieten genau solche Lösungen an. Eine weit verbreitete Empfehlung von Rechtsexperten ist, die Informationen zur Zugänglichkeit der Krypto-Vermögenswerte nicht im Testament festzuhalten. Die Gründe dafür liegen darin, dass Testamente in vielen Rechtssystemen nach Eröffnung öffentlich zugänglich sind, sodass sensible Daten wie Passwörter und Schlüssel öffentlich einsehbar werden würden.
Stattdessen sollten die Zugangsdetails separat von rechtlichen Testamenten hinterlegt werden – zum Beispiel mit einem unabhängigen Treuhänder oder in einem verschlüsselten digitalen Safe, auf den Ihre Erben im Todesfall Zugriff erhalten. Neben der Übertragung der Zugangsdaten kann es auch erwogen werden, Anweisungen für den Umgang mit Ihren Kryptowährungen zu hinterlassen. Dies kann Hinweise zur bevorzugten Handelsplattform oder zu bevorzugten Token-Swaps enthalten, die Sie als sinnvoll für Ihre Erben erachten. Da sich die Krypto-Landschaft schnell verändern kann, etwa durch das Verschwinden bestimmter Plattformen oder regulatorische Anpassungen, sollten diese Anweisungen regelmäßig geprüft und aktualisiert werden. Die Erstellung eines sogenannten Crypto Estate Plans wird immer wichtiger.
Allerdings zeigt eine Umfrage, dass bislang nur ein kleiner Teil der Krypto-Anleger entsprechende Vorkehrungen getroffen hat. Ein solcher Plan umfasst neben der Benennung des Erben auch Angaben zum Verwahrort der Vermögenswerte, eine ausführliche Dokumentation der Sicherheitsvorkehrungen und mögliche Anweisungen für die weiteres Vorgehen. Mit einem solchen Plan minimiert man das Risiko eines dauerhaften Verlustes wichtiger digitaler Vermögenswerte. Insgesamt zeigt sich, dass die richtige Planung für Kryptowährungen im Todesfall komplex, aber unerlässlich ist. Die Kombination von vertrauenswürdigen Personen mit technischem Know-how, die sichere Aufbewahrung von Schlüsseln und Passwörtern, die klare Dokumentation und Anweisungen sowie die Vermeidung öffentlicher Zugänglichmachung im Testament sind entscheidende Faktoren, um Ihre digitale Vermögenswerte an die nächste Generation sicher weiterzugeben.
Abschließend lässt sich festhalten, dass die Verwaltung von Kryptowährungen nach dem Tod nicht nur ein Thema für Technik-Experten, sondern für jeden Kryptoinvestor sein sollte. Mit den richtigen Schritten können Sie gewährleisten, dass Ihre Investitionen nicht verloren gehen und Ihre Angehörigen von Ihrem digitalen Erbe profitieren können. Eine frühzeitige und umfassende Regelung schafft Sicherheit und kann viel Ärger und finanzielle Verluste nach einem Ernstfall verhindern.