Die Diskussion um die Dezentralisierung von Blockchains ist in der Krypto-Community von zentraler Bedeutung. Insbesondere Solana, eine hochperformante Layer-1-Blockchain, steht dabei häufig im Mittelpunkt kontroverser Debatten. Während Kritiker dem Netzwerk oftmals mangelnde Dezentralisierung vorwerfen, zeigt eine aktuelle datengestützte Analyse aus dem Jahr 2024 ein differenzierteres Bild. Die Untersuchung berücksichtigt dabei verschiedenste Dimensionen von Dezentralisierung – von der Verteilung des Stakes und der Validatoren über die Vielfalt der genutzten Clients bis hin zur Governance und Entwicklerstruktur des Netzwerks. Solana operiert mit einem Netzwerk, das sich aus über 4.
500 Knoten zusammensetzt, darunter 1.414 Validatoren und mehr als 3.100 RPC-Knoten. Ein zentraler Indikator für die Verteilung der Kontrolle ist der Stake, der in Solana auf mehrere tausend Validatoren verteilt ist. Kein einzelner Validator kontrolliert dabei mehr als 3,2 Prozent des Gesamtstakes, was eine relative Balance in der Machtverteilung signalisiert.
Zudem zeigt sich, dass die größten Akteure wie Helius und Galaxy, die jeweils rund 3,2 Prozent des Stakes halten, nicht die Möglichkeit besitzen, das Netzwerk alleine zu dominieren. Ein wichtiger Maßstab für die Messung von Dezentralisierung in Proof-of-Stake-Netzwerken ist der sogenannte Nakamoto-Koeffizient. Er gibt an, wie viele unabhängige Akteure benötigt werden, um mindestens ein Drittel des Stakes zu kontrollieren und damit potenziell die Netzwerksicherheit zu gefährden. Im Fall von Solana schwankt dieser Wert aktuell um 19, womit das Netzwerk als mittelhoch dezentral angesehen wird. Allerdings sollte angemerkt werden, dass viele Entitäten mehrere Validatoren ohne erkennbare Identifikation betreiben, was den tatsächlichen Nakamoto-Koeffizienten beeinflussen kann und möglicherweise geringere Werte suggeriert.
Das globale Validator-Netzwerk von Solana verteilt sich auf 37 Länder und Territorien. Während die höchste Dichte von Validatoren in den Vereinigten Staaten zu finden ist – mit 508 Validatoren – entfällt besonders viel Stake auf Staaten innerhalb Europas. Zusammen mit den Niederlanden, Großbritannien und Deutschland halten diese Regionen jeweils über zehn Prozent des gestakten SOL. Insgesamt entfallen etwa 68 Prozent des Stakes auf europäische Validatoren, wobei allein der Anteil innerhalb der Europäischen Union über 50 Prozent beträgt. Nordamerika folgt mit einem Anteil von rund 20 Prozent, was die internationale Aufstellung und geografische Diversifikation des Netzwerks unterstreicht.
Diese geografische Verteilung ist aus mehreren Gründen relevant. Eine breite Streuung erhöht vor allem die Resilienz gegenüber regulatorischen oder infrastrukturellen Risiken, die bei Konzentration in einzelnen Ländern oder Regionen auftreten können. Naturkatastrophen, politische Unruhen oder gezielte Cyberangriffe auf kritische Infrastruktur würden bei einer hohen Zentralisierung erheblichen Schaden anrichten. Solanas Verteilung auf zahlreiche Jurisdiktionen sorgt für größere Netzwerkstabilität und weniger potenzielle Single Points of Failure. Ebenso wichtig für die Dezentralität ist die Vielfalt der Hosting-Anbieter, bei denen Solana-Validatoren gehostet werden.
Das Netzwerk nutzt 135 verschiedene Hosting-Anbieter, wobei zwei Unternehmen – Teraswitch aus den USA und Latitude.sh aus Brasilien – zusammen knapp 43,5 Prozent des Stakes unterstützen. Diese Abhängigkeit von wenigen großen Hosting-Anbietern wird von Experten als Risikofaktor gesehen, da unerwartete Vorfälle bei einem dieser Anbieter kurzfristig beträchtlichen Einfluss auf das Netzwerk haben könnten. Im Jahr 2022 zeigte sich diese Herausforderung, als der deutsche Anbieter Hetzner Solana-Knoten entfernte und mehr als 20 Prozent des Stake kurzfristig offline waren. Die technischen Voraussetzungen für den Betrieb eines Solana Validators sind vergleichsweise anspruchsvoll.
Mit Anforderungen wie 24 CPU-Kernen, 512 GB Arbeitsspeicher und schnellen NVME-SSDs wird deutlich, dass der Validatorbetrieb überwiegend in professionellen Rechenzentren mit Bare-Metal-Servern stattfindet. Diese Hardwareanforderungen tragen zwar zu Netzwerkperformance und Sicherheit bei, erschweren jedoch die Teilnahme für kleinere Betreiber oder im Heimbereich, was mögliche Auswirkungen auf die Dezentralität hat. Ein zentrales Thema in der Diskussion um Blockchain-Dezentralisierung ist auch die Vielfalt der Clients – der Software, die Validatoren nutzen, um am Netzwerk teilzunehmen. Solana begann mit einem einzigen Client, entwickelt von Solana Labs. Heute gibt es mehrere aktive Implementierungen, unter anderem den Agave-Client, eine aktive Weiterentwicklung des ursprünglichen Codes, den von der Firma Jump Crypto entwickelten Firedancer, Frankendancer als Hybridlösung sowie den Jito-Client, der einen wirtschaftlichen Anreiz durch das Blockspace-Auktionsmodell bietet.
Diese Vielfalt ist für die Sicherheit des Netzwerks essenziell. Da unterschiedliche Implementierungen voneinander unabhängige Fehlerquellen haben, wird die Wahrscheinlichkeit eines netzwerkweiten Fehlerausfalls oder einer kritischen Schwachstelle deutlich reduziert. Mit einer Stake-Konzentration von 88 Prozent auf den Jito-Client weist Solana derzeit zwar noch eine Client-Verteilung auf, die als verbesserungsbedürftig gilt, doch die Einführung des Firedancer-Clients und weiterer Varianten wird erwartet, diese Landschaft im kommenden Jahr deutlich auszugleichen. Die Entwicklergemeinschaft rund um Solana ist ein weiterer Eckpfeiler der Dezentralisierung. Open-Source-Clients wie Agave haben hunderte von Mitwirkenden aus aller Welt, wobei ein kleiner Kern von erfahrenen Entwicklern den Großteil der Arbeit leistet.
Firedancer, ein vergleichsweise junges Projekt, verfügt über eine kleinere, aber wachsende Gruppe von aktiven Entwicklern. Darüber hinaus zeigt die breite internationale Teilnahme an den bi-annualen Solana-Hackathons, wie groß und vielfältig die Entwicklerbasis ist. Mit Teilnehmern aus über 150 Ländern werden neue Innovationen gefördert und die Community kontinuierlich belebt. Governance ist ein weiterer wesentlicher Faktor für die Dezentralisierung und Nachhaltigkeit einer Blockchain. Solana verfolgt ein formalisiertes System von Solana Improvement and Development Proposals (SIMDs), die jede substanzielle Veränderung der Core-Protokoll-Komponenten durchlaufen.
Die Teilnahme ist offen und demokratiefördernd gestaltet. Besonders relevante Änderungen, etwa solche, die ökonomische Parameter beeinflussen, werden durch Governance-Abstimmungen validiert, an denen Stakeholder des Netzwerks teilnehmen. Die Governance-Vorgänge bei Solana zeichnen sich durch relativ geringe Komplexität aus, um Governance-Müdigkeit zu vermeiden. Dennoch haben bislang nur wenige Abstimmungsrunden stattgefunden, mit Beteiligungsquoten zwischen 14 und 53 Prozent des Stakes. Die dezentrale Natur der Governance wird unter anderem auch vom unabhängigen Solana Foundation gefördert, einer in der Schweiz ansässigen gemeinnützigen Organisation, die als Unterstützer des Ökosystems fungiert, Förderungen vergibt und Bildungsprogramme sowie Events organisiert.
Im Vergleich zu anderen etablierten Layer-1-Netzwerken wie Ethereum zeigt Solana in vielen Bereichen eine ähnliche oder leicht geringere Dezentralität. Ethereum ist hier als Benchmark sinnvoll, da es weltweit als einer der am stärksten dezentralisierten PoS-Blockchains gilt und durch seine höhere Reifeinstufung aufgrund des älteren Genesis-Blocks Vorsprünge vorweisen kann. SOL verzeichnet jedoch eine vergleichbare Verteilung der Validatoren und des Stake, weist eine wachsende Client-Diversität auf und baut seine Entwickler- und Governance-Strukturen international weiter aus. Auf Herausforderungen und Verbesserungspotenziale wurde in der Analyse ebenfalls hingewiesen. So ist die Konzentration auf wenige Hosting-Provider trotz der bestehenden Vielfalt ein künftiger Schwerpunkt für Maßnahmen.
Auch die geografische Erweiterung in unterrepräsentierte Regionen, insbesondere in den globalen Süden, stellt eine wichtige Aufgabe dar, um echte weltweite Dezentralität zu verwirklichen. Details zu technischen und regulatorischen Hürden, beispielsweise bei hoher Netzwerklatenz oder mangelnder Infrastruktur, verdeutlichen die Komplexität dieses Vorhabens. Die hohe Komplexität und Mehrdimensionalität von Dezentralisierung machen es schwierig, eindeutige Bewertungen vorzunehmen. Dennoch zeigt sich, dass Solana über ein gefestigtes und in vielen Bereichen robust dezentrales Netzwerk verfügt, das kontinuierlich weiterentwickelt wird. Initiativen zur Erweiterung der Client-Vielfalt, zur breiteren geografischen Verteilung, zur Stärkung der Governance und zur Einbindung einer globalen Entwicklerbasis verdeutlichen das Engagement der Solana-Community.
Abschließend kann festgehalten werden, dass Solana 2024 über eine ausbalancierte Mischung von Dezentralitätsmerkmalen verfügt, die es mit anderen führenden Layer-1-Blockchain-Projekten aufnehmen können. Die positiven Entwicklungen sowie klare Perspektiven auf Verbesserungen stimmen optimistisch, dass Solana auch künftig eine sichere, resiliente und offene Blockchain-Plattform bleibt, die den Anspruch an Dezentralisierung ernst nimmt und ausbaut.