Durst ist ein lebenswichtiger Mechanismus, der Säugetieren hilft, ihren Flüssigkeitshaushalt aufrechtzuerhalten und damit das Überleben sichert. Obwohl Durstgefühle allgegenwärtig und essentiell sind, blieben die molekularen Grundlagen der Durstwahrnehmung lange Zeit ein Rätsel. Eine kürzlich veröffentlichte Studie chinesischer Forscher hat nun das Protein TMEM63B als einen entscheidenden Sensor für den Durstprozess identifiziert. Diese Entdeckung stellt einen bedeutenden Fortschritt im Verständnis der neurobiologischen Prozesse hinter der Regulation des Wasserhaushalts dar und könnte zukünftig weitreichende Auswirkungen auf die Medizin haben.Das Konzept des Durstes ist eng verbunden mit der Aufrechterhaltung der sogenannten Wasserhomeostase, einem System, das den Flüssigkeitshaushalt im Körper reguliert und Schwankungen in der Zusammensetzung des Blutes ausgleicht.
Eine zentrale Rolle spielt dabei die Konzentration von gelösten Stoffen im Blut, insbesondere Natrium und andere Elektrolyte. Wenn die Blutosmolarität, also die Konzentration dieser gelösten Teilchen zu hoch ist, signalisiert der Körper dem Gehirn, dass dringend Wasser aufgenommen werden muss, um das Gleichgewicht wiederherzustellen. Das Gefühl des Durstes ist die Folge dieser komplexen biochemischen und neuronalen Prozesse.Bislang war bekannt, dass bestimmte Gehirnregionen – vor allem die sogenannte Subfornicalorgan (SFO) – diese Veränderungen in der Blutosmolarität erkennen und darauf reagieren. Allerdings war die Identität der molekularen Sensoren, die den ersten Schritt der Erkennung einleiten, noch unklar.
Die Studie, die in der renommierten Fachzeitschrift Neuron veröffentlicht wurde, brachte Licht in dieses Dunkel: Das Protein TMEM63B, ein membranständiges Protein, übernimmt diese Funktion im Gehirn.Im Rahmen der Studie wurden verschiedene Versuche an erwachsenen Mäusen durchgeführt. Dabei zeigte sich, dass TMEM63B in SFO-Neuronen exprimiert wird und eine entscheidende Rolle für deren Aktivierung unter hypertonischen Bedingungen spielt. Hypertonisch beschreibt einen Zustand, in dem die Konzentration der gelösten Stoffe außerhalb der Zelle höher ist als innerhalb. Diese Veränderung führt dazu, dass TMEM63B aktiviert wird und neuronale Signale aussendet, die die Wahrnehmung von Durst auslösen und somit den Trinksuchtverhalten initiieren.
Weitere Untersuchungen mit genetisch veränderten Mäusen, bei denen das Gen für TMEM63B ausgeschaltet wurde, verdeutlichten die Bedeutung dieses Proteins für die Durstempfindung. Die Knockout-Mäuse zeigten deutlich reduzierte Trinksucht und Schwierigkeiten darin, auf erhöhte Blutosmolarität zu reagieren. Diese Ergebnisse veranschaulichen eindrucksvoll, dass TMEM63B ein funktionaler Hyperosmolar-Sensor ist, der für das normale Durstverhalten von Säugetieren unabdingbar ist.Das Protein TMEM63B ist Teil einer Familie von Transmembranproteinen, die durch die Zellmembran verlaufen und als Sensoren für verschiedene Umweltveränderungen fungieren. Studien zeigten, dass die Kanalfunktion von TMEM63B durch osmotische Veränderungen ausgelöst wird, wobei das Protein elektrisch geladene Ströme erzeugt, wenn es durch hohe Osmolarität aktiviert wird.
Dies legt nahe, dass TMEM63B als „Tor“ fungiert, das den neuronalem Signalfluss in einer Weise reguliert, die letztlich die Wahrnehmung von Durst ermöglicht.Die Entdeckung von TMEM63B als Durstsensor hat nicht nur grundlegende wissenschaftliche Bedeutung, sondern bietet auch neue Perspektiven für medizinische Anwendungen. Störungen des Wasserhaushalts sind im klinischen Umfeld häufig und können etwa bei seltenen genetischen Erkrankungen, neurologischen Störungen oder altersbedingten Beeinträchtigungen Schwierigkeiten bei der Regulierung von Durst und Flüssigkeitsaufnahme verursachen. Ein besseres Verständnis der molekularen Grundlage des Durstempfindens könnte zukünftig dazu beitragen, gezielte Therapien zu entwickeln, die das Durstverhalten verbessern oder regulieren.Darüber hinaus eröffnen diese Erkenntnisse spannende Möglichkeiten in der Erforschung weiterer kernphysiologischer Vorgänge des Gehirns.
Durst ist Teil eines komplexen Netzwerks aus neurobiologischen und hormonellen Signalen, die den Energie- und Flüssigkeitshaushalt steuern. Erkenntnisse über TMEM63B könnten in Zukunft auf andere Bereiche übertragen werden, in denen die Erkennung von osmotischen Veränderungen eine Rolle spielt, beispielsweise bei der Blutdruckregulation oder bei bestimmten Stoffwechselkrankheiten.Die Forscher um Wenjie Zou und Siqi Deng wiesen darauf hin, dass TMEM63B als erster identifizierter molekularer Sensor für Durst eine wichtige Lücke in der Durstwissenschaft schließt. Bislang konnte nur vermutet werden, dass sogenannte Hyperosmolarsensoren in der SFO aktiv sind, ohne deren molekulare Natur zu kennen. Die neuen Daten belegen, dass TMEM63B diese Funktion innehat, und stellen innovative Methoden vor, um den Proteinmechanismus detailliert zu untersuchen, zum Beispiel mithilfe von Liposomenexperimenten und genetischen Modifikationen.
Insgesamt steht fest, dass der Durst über das Protein TMEM63B auf einer molekularen Ebene als ein direktes Reaktionssystem auf Veränderungen in der Blutzusammensetzung basiert. Eine hohe Blutosmolarität wird von TMEM63B erkannt und führt zu einer Aktivierung spezifischer Neuronengruppen in der SFO, die letztendlich das subjektive Durstgefühl auslösen und das Trinkverhalten fördern. Ohne diese molekulare Komponente ist der Organismus beeinträchtigt darin, seinen Wassergehalt effektiv zu kontrollieren, was gravierende Auswirkungen auf die Gesundheit haben kann.Auch wenn die Forschungsarbeit sich bisher auf Mausmodelle konzentriert hat, ist zu erwarten, dass TMEM63B eine vergleichbare Rolle bei anderen Säugetieren, einschließlich des Menschen, spielt. Weitere Studien sind notwendig, um die Funktionsweise und Bedeutung von TMEM63B beim Menschen zu bestätigen und gezielt Anwendungen in der Medizin zu entwickeln.