Warner Bros Discovery, ein Gigant der Medienindustrie, steht derzeit vor einer dramatischen Zäsur, die insbesondere Anleihegläubiger hart trifft. Über lange Zeit galt das Unternehmen als eine der stabilsten und kreativsten Kräfte Hollywoods, doch die rasante Veränderung der Medienlandschaft und das ehrgeizige finanzielle Manöver des Konzerns haben den Medienriesen in eine prekäre Situation manövriert. Die bevorstehende Aufspaltung des Unternehmens hat eine Schuldenlast von rund 37 Milliarden US-Dollar zurückgelassen, die nun von nur einer Hälfte des Geschäfts getragen werden muss. Dieses Szenario hat Ratingagenturen alarmiert und Warner Bros Discovery droht nun ein Absturz seiner Kreditwürdigkeit, womöglich bis hinunter in den spekulativen Single-B-Bereich – eine düstere Aussicht für Investoren. Das Scheitern dieses Medienkonglomerats wurzelt tief in den fundamentalen Veränderungen der Branche.
Der Siegeszug des Breitbandinternets und die damit einhergehende Ära des Streamings haben traditionelle Medienhäuser wie Warner Bros Discovery vor erhebliche Herausforderungen gestellt. Pionier Netflix, mit über 300 Millionen Abonnenten, setzte neue Maßstäbe mit seiner globalen Plattform. Anfangs unterschätzten traditionelle Anbieter die Konkurrenz durch Streaming-Dienste oder vertrauten auf eine kurzfristige Kopplung ihrer Inhalte, doch bald wurde klar, dass dieser Ansatz das Geschäftsmodell untergrub. Der Kern des Problems liegt in der Verlagerung vom linearen Fernsehen – dem klassischen Broadcast, das Warner Bros Discovery jahrzehntelang finanzielle Stabilität brachte – hin zu Streaming-Diensten, die zwar wachsen, aber oft mit hohen Verlusten einhergehen. Die linearen Netzwerke des Konzerns generieren immer noch etwa 80 Prozent des EBITDA, aber dieses Segment hat in den letzten Jahren einen drastischen Rückgang von etwa 25 Prozent erlebt.
Kabelkunden kündigen ihre Abos, Zuschauer wandern zu Streaming-Plattformen ab, und die einstige Cashcow schrumpft kontinuierlich. Parallel zum Wachstum des Streaming-Segments wurde eine enorme, aber kostspielige Infrastruktur aufgebaut. Die Streaming-Abteilung von Warner Bros Discovery verbucht zwar subscriber-Wachstum, doch die operativen Kosten sind hoch, und erst allmählich zeigt sich eine echte Cashflow-Improvement. Das Unternehmen steht damit vor der Herausforderung, das neue Streaming-Geschäft profitabel zu machen, ohne dass die alten Gewinnquellen weiter ausbluten. Finanziell war Warner Bros Discovery ebenfalls in Schwierigkeiten.
Der Zusammenschluss von Discovery Communications und dem ehemaligen Time Warner Konzern unter AT&T brachte eine immense Schuldenlast von über 50 Milliarden US-Dollar mit sich – eine Hebelwirkung, die mit einem Bruttoverschuldungsgrad von 5,4 fach äußerst belastend ist. Trotz eines ambitionierten Plans, die Verschuldung durch Aussetzung von Dividenden und Aktienrückkäufen zu reduzieren, gelang es dem Unternehmen kaum, seine ambitionierten Zielwerte zu erreichen. Aktuell liegt die Verschuldung noch bei 37 Milliarden US-Dollar, was immer noch eine hohe Bruttoverschuldung von 4,2 fach bedeutet. Die enttäuschenden operativen Leistungen, verbunden mit dem Stress auf der Bilanz, haben zu einem dramatischen Vertrauensverlust unter den Investoren geführt. Der Aktienkurs von Warner Bros Discovery hat seit seinem Höchststand im Jahr 2021 fast 60 Prozent eingebüßt.
Das Unternehmen stoppte zwar vorübergehend alle Ausschüttungen an Aktionäre, aber die Hoffnungen, dass das Streaming-Geschäft den Übergang meistern würde, wurden skeptischer betrachtet. Der internen Einschätzung zufolge verschiebt sich das Geschäftsmodell von einem profitablen linearen TV mit über 40 Prozent Marge zu einem Streaming-Geschäft mit vergleichsweise mageren 20 Prozent Marge. Diese Veränderung löst Unsicherheit aus. Vor diesem Hintergrund kündigte Warner Bros Discovery im Juni 2025 die Aufspaltung des Unternehmens an. Das Unternehmen soll künftig in zwei eigenständige Einheiten aufgeteilt werden: Streaming & Studios sowie Global Networks.
Diese Entscheidung überraschte viele, da konkrete Details zur zukünftigen Kapitalstruktur der beiden neuen Gesellschaften und deren finanzielle Strategien kaum kommuniziert wurden. Bereits zu diesem Zeitpunkt wurde klar, dass der Großteil der bestehenden Schulden bei den Global Networks verbleiben wird, was die Belastung dieser Einheit verstärkt. Zeitgleich mit der Ankündigung der Aufspaltung startete Warner Bros Discovery eine sogenannte Tender Offer, bei der bis zu 15 Milliarden US-Dollar an Anleihen zurückgekauft werden sollen. Zur Finanzierung dient ein neuer erstklassiger gesicherter Überbrückungskredit. Parallel dazu läuft eine Consent Solicitation, bei der Anleihegläubiger um Zustimmung für Vertragsänderungen gebeten werden.
Die Änderungen zielen darauf ab, den Schutz der Anleihegläubiger zu verringern, etwa durch den Wegfall von Covenants rund um Vermögensverkäufe und Sicherheiten. Besonders problematisch ist eine neue Klausel namens „Non-Boycott“. Diese verbietet es Anleihegläubigern, sich zu kooperativen Gruppen zusammenzuschließen, um gemeinsam Verhandlungsmacht gegenüber dem Unternehmen aufzubauen. Damit verlieren Investoren wichtige Werkzeuge, um sich gegen Unternehmensentscheidungen zu wehren, die ihre Interessen beeinträchtigen könnten. Experten aus dem Bereich der Covenant-Analyse sprechen von einem „abschreckenden Effekt“ auf Investoren und einer Verschlechterung des zukünftigen Umgangs zwischen Unternehmen und Anleihegläubigern.
Doch warum stimmen Investoren solchen Nachteilen überhaupt zu? Die Antwort liegt im sogenannten Gefangenendilemma: Wer nicht an der Tender Offer und der Zustimmung teilnimmt, droht weiter hinten in der Kapitalstruktur zu stehen – d.h. als ungesicherter Gläubiger noch weniger abgesichert zu sein. Wer teilnimmt, gibt Teile seiner Anleihen gegen gesicherte Anleihen tauschen, wodurch man trotz schlechter Konditionen eine bessere Stellung gegenüber Nicht-Teilnehmern erhält. Die Komplexität und der enge Zeitrahmen von nur fünf Tagen für diese Abstimmung erschweren den Investoren zudem die Bildung von Gegenpositionen oder gemeinsame Aktionen.
Diese Entwicklung bei Warner Bros Discovery steht beispielhaft für einen Trend, bei dem Unternehmen mit schwächerem Investitionsgrad und flexiblen Vertragsbedingungen versuchen, durch aggressive finanzielle Umstrukturierungen ihre kurzfristigen Probleme in den Griff zu bekommen. Dabei geraten die Graswurzelinvestoren oft in eine schwache Verhandlungsposition. Im direkten Vergleich zog Disney eine andere Lehre. Der CEO Bob Iger äußerte, dass Disney eine Abspaltung seiner linearen Netzwerke bewusst abgelehnt habe. Stattdessen setzt Disney weiterhin auf eine integrierte Strategie zwischen linearem Fernsehen und Streaming, da dies seiner Ansicht nach sowohl Skaleneffekte als auch eine starke Position gegenüber Werbekunden und Distributoren ermögliche.
Er sieht sogar Vorteile darin, dass andere Player wie Warner Bros Discovery das lineare Fernsehen so deutlich reduzieren. Ob Warner Bros Discovery mit seinem Kurs langfristig erfolgreich sein wird, bleibt offen. Möglicherweise hat das Unternehmen durch die Aufspaltung und die aggressive Schuldenrestrukturierung kurzfristigen finanziellen Druck gelindert, zugleich aber die fundamentale Basis für eine integrierte und nachhaltige Zukunft verspielt. Die Umstrukturierung könnte den linearen Geschäftsbereich isolieren und weiter schwächen – ein Abschmelzen in einem sich schnell verändernden Markt. Für die Anleihegläubiger ist der aktuelle Zustand alles andere als beruhigend.
Das Beispiel zeigt, wie komplex und riskant Anleiheinvestments in Umbruchphasen großer Unternehmen sein können. Der Verlust von Schutzmechanismen, Druck durch komplexe Tender- und Zustimmungsvorgänge und die Verlagerung der Schuldenlast auf einen Unternehmenszweig erhöhen die Unsicherheit und erschweren das Risikomanagement. Zukünftig könnten solche aggressiven Restrukturierungen und verkürzten Abstimmungszeiträume zur Normalität werden, was den Anleihemarkt insgesamt belastet. Investoren sollten sich dieser Risiken bewusst sein und die Entwicklungen bei Warner Bros Discovery als Warnsignal sehen. Die Medienbranche ist ein Beispiel für tiefgreifende Veränderungen, die sowohl das Geschäftsmodell als auch die Kapitalstruktur von Unternehmen massiv beeinflussen können.
Letztlich werden nicht nur Managemententscheidungen, sondern auch veränderte Marktgegebenheiten darüber bestimmen, ob ein Unternehmen wie Warner Bros Discovery seine Herausforderungen meistert oder im Schuldenlabyrinth stecken bleibt.