Die Welt der Kryptowährungen und digitalen Assets steht seit Jahren im Spannungsfeld zwischen rascher Innovation und zunehmender regulatorischer Kontrolle. Besonders die US-amerikanische Securities and Exchange Commission (SEC) unter der Leitung von Gary Gensler war bekannt für ihren harten Kurs gegenüber der Kryptoindustrie. Zahlreiche Vorschläge und Regelungen zielten darauf ab, die Branche stärker zu regulieren, mit dem erklärten Ziel, Investoren zu schützen und Marktintegrität zu gewährleisten. Doch im Jahr 2025 vollzieht die SEC unter dem neuen Vorsitzenden Paul Atkins einen bemerkenswerten Richtungswechsel. Sie zieht 14 bedeutende, während der Gensler-Ära vorgeschlagene Regelungen zurück und setzt damit ein deutliches Zeichen für eine veränderte Regulierungsphilosophie.
Diese Entscheidung wirft nicht nur Fragen über die weitere Entwicklung der Krypto-Regulierung in den USA auf, sondern steht auch exemplarisch für den anhaltenden Diskurs über den richtigen Umgang mit Digital Assets weltweit. Unter Gary Gensler, der zwischen 2021 und 2025 SEC-Chef war, wurden zahlreiche Maßnahmen initiiert, die besonders auf die Dezentralisierung des Kryptomarktes und die damit verbundenen Herausforderungen abzielten. Eine der zentralen vorgeschlagenen Regeln war die sogenannte Rule 3b 16, die eine sehr weite Definition von „Börsen“ vorsah. In dieser Definition wären nicht nur klassische Handelsplattformen im Sinne traditioneller Börsen erfasst worden, sondern auch dezentrale Finanzprotokolle (DeFi), Front-End-Nutzeroberflächen und sogar Kommunikations-Tools, die Transaktionen unterstützen. Dies hätte weitreichende Konsequenzen für Entwickler, Betreiber und Nutzer solcher Plattformen gehabt und ist auf scharfe Kritik gestoßen.
Besonders Technologieunternehmen wie Coinbase haben vor den möglichen Folgen gewarnt: Innovation könnte abgewürgt werden, viele Projekte würden ins Ausland abwandern und der Zugang zu bestimmten Finanzdienstleistungen könnte stark eingeschränkt werden. Auch die sogenannten erweiterten Custody-Regeln, die unter Gensler vorgeschlagen wurden, sollten als ein weiterer Eckpfeiler dienen, um Sicherheit im Umgang mit Kryptowerten zu gewährleisten. Diese Regeln hätten weitreichende Sicherheitsanforderungen eingebracht, die nur wenige Anbieter hätten erfüllen können. Damit wären marktübliche Kryptoverwahrer weitgehend ausgeschlossen worden – ihre Kundenvermögen hätten dann von Banken oder Broker-Dealern betreut werden müssen. Viele Experten sahen darin eine Bevorzugung traditioneller Finanzinstitute zu Lasten der Krypto-Innovatoren.
Der neue SEC-Vorsitzende Paul Atkins, der im April 2025 sein Amt antrat, hat hingegen angekündigt, einen anderen Kurs zu verfolgen. Unter seiner Führung soll die Regulierungsbehörde weniger auf aggressive Durchsetzung und mehr auf klare, nachvollziehbare Regeln setzen, die im Rahmen von offiziellen Anhörungen und transparenten Regelsetzungsprozessen entstehen. Gleichzeitig betonte Atkins, dass reine Softwareentwicklung und die Erstellung von Code keine strafbare Handlung sein darf – eine klare Botschaft vor allem an die Entwickler dezentraler Systeme. Darüber hinaus wird über eine sogenannte „Innovationsexemption“ diskutiert, die es Entwicklern erlauben soll, neue Technologien und Plattformen unter einem gewissen Schutz vor regulatorischer Verfolgung zu testen und weiterzuentwickeln. Das Zurückziehen der 14 Gensler-Ära-Regelvorschläge markiert daher weit mehr als eine simple Verwaltungsmaßnahme.
Es ist ein Signal, dass die SEC unter Atkins offen für Innovationen im Krypto-Bereich ist und regulatorische Rahmenbedingungen schaffen möchte, die sowohl Marktwachstum als auch Verbraucherschutz im Blick haben. Die Absage an den übermäßig restriktiven Ansatz der Vergangenheit wird von zahlreichen Finanzmedien als erfolgversprechender Schritt zur Förderung des Kryptosektors in den USA bewertet. DeFi-Entwickler, Börsen und Krypto-Verwahrer können dadurch mehr Planungssicherheit gewinnen und sehen sich nicht mehr von scharfen Regulierungsmaßnahmen bedroht. Parallel zu den Veränderungen innerhalb der SEC arbeitet auch die US-Politik an einer klareren Aufteilung der Regulierungskompetenzen. Auf Bundesebene werden Gesetzesvorhaben wie der CLARITY Act und FIT21 vorangetrieben, welche die Zuständigkeiten zwischen SEC, Commodity Futures Trading Commission (CFTC) und anderen Institutionen neu definieren sollen.
Dies könnte zu einer Entschärfung von Konflikten führen, die durch Überschneidungen im Bereich digitaler Vermögenswerte entstanden sind. Zugleich steht die Gründung einer nationalen Krypto-Task-Force zur Debatte, die maßgeschneiderte Regelwerke für Tokenmärkten erarbeiten soll – ein Zeichen dafür, dass die Behörden künftig nicht nur reagieren, sondern proaktiv regulieren wollen. Ein weiterer Aspekt des Wandels betrifft die Einstellung der SEC zur Rechtsdurchsetzung gegen große Player der Branche. Anbieter wie Binance und Coinbase, gegen die zuvor rechtliche Schritte eingeleitet wurden, sehen sich nun keiner aktiven Verfolgung mehr gegenüber. Dieses Vorgehen trägt ebenfalls dazu bei, das Klima gegenüber Krypto-Unternehmen zu beruhigen und Vertrauen bei Investoren sowie Entwicklern zurückzugewinnen.
Die langfristigen Auswirkungen der Kursänderung der SEC werden in der Krypto-Community intensiv diskutiert. Einerseits zeigt der Schritt, dass die amerikanischen Behörden bereit sind, das enorm schnelle Innovationstempo und die Besonderheiten der Technologie besser zu berücksichtigen. Andererseits stellt sich die Frage, wie die Balance zwischen ausreichender Marktsicherheit und Innovationsfreundlichkeit gehalten werden kann – insbesondere da rechtliche Unsicherheiten weiterhin bestehen und globale Wettbewerber ihre eigenen Regulierungsstrategien verfolgen. Für die Zukunft der Kryptowährungen bedeutet die Rücknahme der Gensler-Ära-Regeln jedoch ganz klar, dass der US-Markt für neue Projekte und Geschäftsmodelle wieder attraktiver wird. Die Reformen könnten dazu führen, dass Talente, Entwickler und Kapital verstärkt in den amerikanischen Markt fließen, wodurch die USA im globalen Wettbewerbsumfeld um digitale Assets ihre Position festigen können.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Namensänderung und das Zurückziehen vieler Gensler-Ära-Regelungen nicht das Ende der Debatte um Krypto-Regulierung bedeutet. Vielmehr ist dies ein Wendepunkt, an dem sich der Regulierungsansatz wandelt – von einer überharten Durchsetzung hin zu einer transparenteren und innovationsfreundlicheren Kontrolle. Klar ist, dass die kommenden Jahre entscheidend dafür sein werden, wie die USA den Spagat zwischen Offenheit für technologische Veränderung und Schutz der Marktteilnehmer meistern. Die Entwicklungen unter Paul Atkins zeigen, dass die SEC diese Herausforderung mit einem neuen Mindset angeht und die Weichen für eine zukunftsfähige Krypto-Regulierung stellt.