Die weltweite Abhängigkeit von seltenen Erden, insbesondere aus China, stellt seit vielen Jahren eine signifikante Herausforderung für Hersteller von Elektromotoren dar. China kontrolliert rund 90 Prozent der globalen Versorgung mit seltenen Erden, welche vor allem in Magneten von Elektromotoren und anderen elektronischen Bauteilen verwendet werden. Diese Monopolstellung hat in der Vergangenheit immer wieder zu Lieferengpässen, Preissteigerungen und geopolitischen Spannungen geführt. Darüber hinaus hat China diese seltenen Materialien gezielt als Druckmittel in Handelskonflikten eingesetzt. Vor diesem Hintergrund gewinnen neue Technologien an Bedeutung, die Elektromotoren ohne den Einsatz solcher kritischen Rohstoffe ermöglichen.
Ein vielversprechendes Beispiel dafür ist die innovative Entwicklung von Conifer, einem Start-up aus dem Silicon Valley. Conifer hat es sich zur Aufgabe gemacht, eine kostengünstige, einfach herzustellende Elektromotortechnologie zu etablieren, die ganz ohne seltene Erden auskommt und stattdessen gewöhnliches Eisen als Basis für die Magnete nutzt. Diese Entwicklung könnte das Potenzial besitzen, die weltweite Abhängigkeit von der chinesischen Rohstoffversorgung grundlegend zu verändern. Die Gründer von Conifer bringen beeindruckende Expertise mit: Yateendra Deshpande hat an einigen der fortschrittlichsten Elektromotoren für Luxusfahrzeuge wie Lucid Motors mitgearbeitet und war außerdem Teil von Apples ambitioniertem, wenn auch letztlich gescheitertem, Fahrzeugprojekt. Ankit Somani, der CEO, hat in führenden Technologieunternehmen wie Oracle und Google Erfahrung in der Entwicklung leistungsfähiger Designs für Rechenzentren gesammelt.
Gemeinsam adressieren sie einen der größten Märkte unserer Zeit – die Elektrifizierung bislang gasbetriebener Fahrzeuge und die Integration von Elektromotoren in zahllose andere Anwendungen, von industriellen Maschinen bis hin zu Robotik. Der Fokus von Conifer liegt dabei klar auf drei Kernpunkten: Kostenreduktion, Einfachheit in der Fertigung und die Verwendung von Materialien, die weltweit und ohne größere Einschränkungen verfügbar sind. Ihr Ansatz basiert auf der Umgestaltung bewährter Designs aus dem Bereich der Hybrid-Supercars. Dabei wurde die Größe und die Materialanforderung skaliert, gleichzeitig wurden Seltene-Erden-Magnete durch Permanentmagnete aus Eisen ersetzt. Diese Innovation birgt jedoch auch Risiken und Herausforderungen.
Die Technologie der eisenbasierten Magnete wurde bislang selten in der Anwendung elektromotorischer Antriebe genutzt, weil sie im Vergleich zu konventionellen Magnete aus seltenen Erden tendenziell geringere Leistungswerte aufweist und zudem schwer herstellbar ist. Dennoch arbeiten die Ingenieure bei Conifer an einem Durchbruch, der diese Nachteile ausgleichen kann. Sollte dies gelingen, eröffnet sich eine Vielzahl von Möglichkeiten, Elektromotoren auf eine neue, kostengünstigere und zugleich nachhaltigere Basis zu stellen. Für Hersteller von Elektrofahrzeugen, Robotern und Maschinen bietet sich die Chance, Motoren komplett aus lokalen und leicht beschaffbaren Rohstoffen zu fertigen. Dies macht Lieferketten widerstandsfähiger gegen geopolitische Störungen und Handelssanktionen.
Aus wirtschaftlicher Sicht könnte die Verlagerung von seltenen Erden hin zu eisenbasierten Magneten nicht nur die Produktionskosten senken, sondern auch den Zugang zu Elektromotoren erleichtern. Länder, die bislang nur seltene Erden importierten, könnten künftig ihre eigene Industrie in diesem Bereich vorantreiben. Besonders in Europa, den USA und anderen technologisch hoch entwickelten Regionen könnte dies den Weg zur Unabhängigkeit und zu einem souveräneren Umgang mit elektrischen Antriebssystemen markieren. Zusätzlich zur wirtschaftlichen Relevanz hat diese Entwicklung auch ökologische Vorteile. Der Abbau von Seltenen Erden ist ressourcenintensiv und oft mit erheblichen Umweltschäden verbunden.
Die Möglichkeit, auf eisenbasierte Magnete umzusteigen, bedeutet potenziell eine Verringerung der Umweltbelastung. Die Nachhaltigkeit der Elektromobilität würde somit nicht nur durch den Wegfall fossiler Brennstoffe gestärkt, sondern auch durch verantwortungsvollere Materialwahl und schonendere Produktionsprozesse. Das Beispiel von Conifer unterstreicht, dass Innovation im Bereich der Elektromotoren längst nicht am Ende ist. Während enorme Investitionen in Batterietechnologien und Energiespeicher fließen, wird der Elektromotor als Antriebskomponente häufig vernachlässigt. Die Neuausrichtung auf die Motoren selbst und deren Materialbasis ist daher eine strategische Entscheidung, die zahlreiche Industriezweige maßgeblich beeinflussen könnte.
Auch wenn Conifers Technologie noch mit Herausforderungen konfrontiert ist, wie beispielsweise die Optimierung der Leistungsfähigkeit der eisenbasierten Magneten und die Skalierbarkeit der Produktion, sind die bisherigen Fortschritte vielversprechend. Sollte sich diese Alternative durchsetzen, können wir von einer neuen Ära der Elektrifizierung ausgehen, die nicht mehr auf eine einzige Nation als Rohstofflieferant angewiesen ist. Langfristig betrachtet trägt dieser Wandel zur Stabilität und Diversifizierung der globalen Lieferketten bei. Die geopolitische Bedeutung der seltenen Erden wird abnehmen, und die weltweite Industrie erhält mehr Spielraum für Innovationen und Wettbewerbsfähigkeit. Unternehmen und Regierungen sollten diese Entwicklung aufmerksam verfolgen und in Forschung sowie Infrastruktur investieren, um den Übergang zu solchen zukunftsfähigen Technologien zu beschleunigen.