Die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) hat in einer jüngst gehaltenen Rede in Tokio eine eindringliche Warnung an die Regierungen weltweit ausgesprochen. Agustin Carstens, der Generaldirektor der BIZ, betonte, wie dringlich es sei, den sogenannten unaufhaltsamen Anstieg der öffentlichen Verschuldung zu stoppen. Die Zeiten niedriger Zinssätze, die es vielen Ländern ermöglichten, hohe Defizite zu fahren, ohne unmittelbare Konsequenzen befürchten zu müssen, seien vorbei. Stattdessen würden höhere Zinsen die Tragfähigkeit der Staatsfinanzen in vielen Ländern infrage stellen und so einen klaren Handlungsbedarf auslösen. Carstens unterstrich, dass die Regierungen ihre Haushalte schnellstmöglich in Ordnung bringen müssten, da ansonsten die öffentliche Vertrauensbasis in deren Fähigkeit, finanzielle Verpflichtungen einzuhalten, zu erodieren drohe.
Die BIZ sieht die Gefahr, dass Märkte bereits auf die Unnachhaltigkeit einiger Schuldenpfade reagieren, was zu plötzlichen Finanzmarktverwerfungen führen könne. Die jüngsten steigenden Renditen bei Staatsanleihen in den USA, Europa und Japan offenbaren Marktteilnehmern, dass die Regierungen aus Sicht vieler Investoren mehr Staatsausgaben mit noch höherer Verschuldung finanzieren wollen. Die Gefahr eines Zahlungsausfalls auf staatlicher Ebene könnte die internationale Finanzstabilität massiv beeinträchtigen. Tritt ein solcher Fall ein, müssten womöglich Zentralbanken einspringen und die Staatsverschuldung direkt finanzieren. Dieses Szenario der sogenannten fiskalischen Dominanz würde die Unabhängigkeit der Geldpolitik gefährden und infolge dessen eine Inflationserhöhung und erhebliche Wechselkursschwankungen bewirken.
Vor diesen Entwicklungen warnt die BIZ und empfiehlt den politischen Entscheidungsträgern dringend, die öffentliche Verschuldung zu begrenzen und einen glaubwürdigen, transparenten Konsolidierungspfad einzuschlagen. Der Fokus müsse dabei nicht nur auf kurzfristiger Steuerung liegen, sondern auf langfristiger Nachhaltigkeit der Staatsfinanzen. Angesichts erheblicher Belastungen durch demographischen Wandel, den Klimawandel und gestiegene Sicherheitsausgaben stehe dies jedoch vor einer großen Herausforderung. Öffentliche Haushalte müssen dafür eine klare Strategie entwickeln und mit Hilfe verbesserter fiskalischer Rahmenwerke ihre Verpflichtungen festigen. Nur wenn die Regierungspolitik diesen Pfad konsequent verfolgt, können sie Vertrauen bei Investoren und der breiten Öffentlichkeit aufrechterhalten.
Die BIZ macht außerdem deutlich, dass die Verantwortung nicht allein bei den Zentralbanken liege. Diese müssten sich darauf konzentrieren, die Inflation nicht abrupt innerhalb eng gesteckter Zielbereiche zu stabilisieren, da viele preistreibende Faktoren außerhalb ihrer direkten Kontrolle liegen. Vielmehr brauche es eine abgestimmte Zusammenarbeit mit den fiskalischen Behörden, die ihre eigenen Spielräume verantwortungsvoll nutzen müssen. Der Appell der BIZ umfasst ein deutliches Signal gegen ein bloßes „Hineintasten“ oder Aufschieben notwendiger Reformen. Stattdessen müsse jetzt mit konkreten Maßnahmen zur Schuldenbegrenzung begonnen werden, um spätere und viel schwerer kontrollierbare Krisen zu vermeiden.
Die Herausforderungen an die globale Haushaltsführung sind enorm. Trotz der Notwendigkeit von Investitionen in technologische Innovation, Klimaschutz und sozialstaatliche Sicherungssysteme dürften die Länder nicht unkontrolliert in die Verschuldung abgleiten. Die Erfahrungen mit der Finanzkrise 2008 sowie den unmittelbaren Folgen der Pandemie haben gezeigt, wie sehr ein Vertrauen in die Fähigkeit der Staaten, ihre Schulden zu managen, für die Stabilität der Märkte und das weltweite Wirtschaftswachstum essentiell ist. Die Forderung der BIZ ist somit auch eine Aufforderung zu verantwortungsvollem wirtschaftspolitischem Handeln unter sich verändernden globalen Rahmenbedingungen. Nur ein transparentes und glaubwürdiges Schuldenmanagement vermag es, die Argumente für weitere Kreditaufnahmen auf eine tragfähige Basis zu stellen und eine Vertrauenskrise in den öffentlichen Finanzen zu verhindern.
Diese Sachlage verlangt von den Regierungen ein strategisches Umdenken – weg von kurzfristigen fiskalischen Stimulierungen hin zu einer nachhaltigen Haushaltsführung, die langfristig ökonomische Stabilität sichert. Die kommenden Jahre werden entscheidend dafür sein, ob der Anstieg der öffentlichen Schulden wie prognostiziert gebremst werden kann oder ob die Weltwirtschaft mit gravierenden Folgen durch erhöhte Risiken auf den Finanzmärkten zu kämpfen haben wird. Dabei ist klar, dass es kein einfaches Rezept gibt. Jeder Staat muss seine spezifischen Umstände, wie Einkommensniveau, demographische Entwicklung und strukturelle Herausforderungen, berücksichtigen. Gleichzeitig ist aber auch die internationale Zusammenarbeit in der Schuldenpolitik von hoher Bedeutung, da Fehlentwicklungen einzelner Länder globale Auswirkungen haben können.
Die Rolle der BIZ als Forum für Zentralbanken und als Brücke zwischen Geldpolitik und Fiskalpolitik wird weiterhin von zentraler Wichtigkeit sein, um einen koordinierten und nachhaltigen Umgang mit der öffentlichen Verschuldung weltweit zu fördern. Insgesamt steht die Weltgemeinschaft somit vor der bedeutenden Aufgabe, den Schuldenanstieg wirksam zu begrenzen, um wirtschaftliche Stabilität, Wachstum und soziale Gerechtigkeit in den kommenden Jahrzehnten zu gewährleisten.