Die dringende Notwendigkeit, den Klimawandel zu bekämpfen, hat die Entwicklung innovativer Technologien zur Kohlenstoffentfernung ins Zentrum globaler Klimaaktionen gerückt. Charm Industrial, ein Vorreiter in der direkten Kohlenstoffentfernung aus der Atmosphäre, hat in den letzten Jahren intensiv an der Weiterentwicklung und Skalierung seiner Pyrolysetechnologie gearbeitet. Besonders die Bighorn-Plattform, benannt nach dem Bighorn National Forest in Wyoming, steht exemplarisch für die Herausforderungen und Errungenschaften auf dem Weg zur großvolumigen Entfernung von CO₂ aus der Atmosphäre. Die Reise von Charm mit den Bighorn-Geräten offenbart, was hinter den Kulissen geschieht, wenn eine vielversprechende Technologie vom Labormaßstab in den industriellen Maßstab überführt wird – sowie die unvorhergesehenen Hindernisse, die „technische Gremlins“ genannt werden, und die kreative Ingenieurskunst, die nötig ist, um sie zu überwinden. Der Start des Projekts im Juni 2024 markierte einen Meilenstein, als Charm die dritte Generation seines Pyrolyseproduktionssystems in Betrieb nahm.
Mit neun neuen Pyrolysegeräten wurde die Kapazität um das Fünffache gegenüber den Vorgängermodellen erhöht. Die Ambition war klar: Ein Betrieb rund um die Uhr, gepaart mit einer robusten Datenerfassung und lückenlosen Nachverfolgbarkeit der Emissionen, um eine verifizierte Kohlenstoffentfernung in industriellem Maßstab zu ermöglichen. Doch die Realität zeigte schnell, wie komplex die Technik ist und welche Tücken beim Skalieren auftreten können. Eine der ersten und schwerwiegendsten technischen Herausforderungen betraf die Haltbarkeit der keramischen Auskleidung im Reaktor, die den hohen Temperaturen und den thermischen Belastungen nicht standhielt. Diese keramischen Platten, die durch ständiges Erhitzen und Abkühlen spröde wurden und Risse entwickelten, stellten ein erhebliches Risiko für die langfristige Stabilität des Pyrolyseprozesses dar.
Charm entwickelte daraufhin einen innovativen Doppelwand-Reaktor mit einer metallischen Innenhülle, die mit isolierendem Material gefüllt ist. Durch strukturelle Verstärkungen und dickere Materialien konnte eine erhebliche Stabilitätssteigerung erreicht werden. Diese „Reaktor-Rüstung“ führte zu schnelleren Abkühlzeiten und eliminierte das Problem der Rissbildung, was die Betriebszeit pro Durchlauf signifikant verlängerte. Neben den Herausforderungen der Materialbeständigkeit gab es erhebliche Schwierigkeiten mit der Systemzuverlässigkeit im 24/7 Betrieb. Die anfänglichen Pyrolysevorgänge, sogenannte Hotflows, waren meist auf weniger als vier Stunden begrenzt.
Fehler wie Motorstörungen durch verstopften Biomasseeintrag, Probleme bei der Verträglichkeit mit dem erzeugten Bio-Öl oder Ausfälle der elektromechanischen Steuerung stellten das Team vor enorme Probleme. Die Skalierung einer Hardwareplattform, die kontinuierlich und fehlerfrei mehrere Maschinen gleichzeitig betreiben soll, erfordert neben technologischer Innovation auch ausgefeilte Wartungs- und Betriebskonzepte. Als Antwort auf diese Herausforderungen implementierte Charm strenge Wartungsprotokolle, ein digitales Ticketsystem zur Problemverwaltung und automatisierte Steuerungseinheiten mittels eines Supervisory Control and Data Acquisition-Systems (SCADA). Durch Kanban-basierte Nachschubstrategien für Ersatzteile konnte die Verfügbarkeit deutlich verbessert werden, und das Unternehmen schaffte es, die Laufzeiten der Geräte sukzessive zu erhöhen – von anfänglich acht Stunden auf schließlich 18 Stunden und sogar mehr. Ein besonders hartnäckiges Problem war die Verstopfung der Prozessleitungen durch Pyrolyse-Aerosole, die sich an schwer erreichbaren Stellen im Reaktorkern ablagerten und die Gasströmung behinderte.
Dieses Phänomen führte zu häufigen Abschaltungen und zwang die Ingenieure von Charm zu innovativen Lösungen. Das Team entwickelte mechanische Reinigungssysteme, die mittels linearer Bewegung Verstopfungen gezielt beseitigten und gleichzeitig automatisierte Prozesse steuerten, um die Operatoren zu entlasten. Diese sogenannte „Clogworks“-Initiative war entscheidend für die Steigerung der Anlagenverfügbarkeit und ermöglichte erstmals kontinuierliche Betriebszeiten von 24 Stunden und mehr. Die Bighorn-Anlage stand zudem vor klimatischen Herausforderungen. Winterliche Kälteeinbrüche in Colorado stellten Probleme wie gefrorene Wasserleitungen und erschwertes Trocknen der Biomasse dar, was die Leistung zeitweilig deutlich beeinträchtigte.
Mit dem Frühling verbesserten sich die Betriebsbedingungen rasch, und das System konnte eine Rekordlaufzeit von fünf Tagen am Stück verzeichnen, was mit einer Trophäe als „Greatest Of All Time“ (G.O.A.T.) geehrt wurde.
Der beeindruckende Erfolg spiegelte die kontinuierliche Verbesserung und Stabilisierung der Technologie wider und machte deutlich, dass Charm auf dem richtigen Weg ist, Kohlenstoffentfernung in großem Maßstab wirtschaftlich und zuverlässig zu sein. Bis Juni 2025 hatte Charm über 15.000 Betriebsstunden und über 140.000 Gallonen Bio-Öl produziert. Diese Mengen stellen nicht nur den Fortschritt in der Technologie unter Beweis, sondern sind auch konkrete Schritte im Kampf gegen den Klimawandel.
Indem das Bio-Öl in tiefe geologische Formationen injiziert wird, wird das darin enthaltene Kohlendioxid dauerhaft aus der Atmosphäre entfernt, was ein entscheidender Beitrag zum Klimaschutz ist. Die Erfahrungen mit den Bighorn-Anlagen zeigen, dass die Technologieentwicklung weit über den Prototypen hinausgehen muss. Es braucht eine technische Infrastruktur, die Zuverlässigkeit, Wartbarkeit und Betriebseffizienz vereint. Das Zusammenspiel von Ingenieurskunst, datenbasiertem Management und kreativem Problemlösen entscheidet über den Erfolg eines derartigen Industrialisierungsprozesses. Charm Industrial setzt mit der Bighorn-Reihe neue Maßstäbe in der direkten Kohlenstoffentfernung und liefert wichtige Lehrstücke für andere Akteure der Branche.
Die Überwindung der „technischen Gremlins“ verdeutlicht, wie entscheidend iterative Entwicklung und schnelles Reagieren auf Herausforderungen sind. Das Prinzip „Fail fast and iterate“ ist nicht nur eine Floskel, sondern gelebte Praxis, die letztlich zur herausragenden Leistungsfähigkeit der Pyrolyseplattform führte. Die Zukunft von Charm sieht vor, noch leistungsfähigere Pyrolysegeräte zu entwickeln und die Flottengröße weiter auszubauen. Dabei steht nicht nur die Steigerung der Bio-Öl-Produktion im Fokus, sondern vor allem das Ziel, dauerhaft und verlässlich große Mengen CO₂ aus der Atmosphäre zu entfernen – im Idealfall in einer Größenordnung von Gigatonnen. Die Bighorn-Reise ist damit auch ein bedeutendes Beispiel für den industriellen Übergang hin zu klimafreundlichen Technologien, die langfristig in der Lage sind, globale Emissionen signifikant zu reduzieren.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Erfahrungen von Charm bei der Skalierung der Bighorn-Pyrolysegeräte wertvolle Erkenntnisse für die Klimaschutztechnologien liefern. Sie zeigen, dass technologische Innovation nicht nur aus der Lösung einzelner technischer Probleme besteht, sondern ebenso aus einem strukturierten, datengetriebenen Betriebsansatz, der Menschen, Maschinen und Prozesse effizient miteinander verbindet. Die Reise von den ersten schwierigen Hotflows bis zu stabilen mehrtägigen Produktionsläufen illustriert eindrucksvoll, wie aus anfänglichen Hürden nachhaltiger Erfolg erwächst. Für die globale Klimazielsetzung ist dies ein wegweisender Schritt, der Hoffnung macht und zum Nachahmen anregt.