Die Halbleiterindustrie gilt als Rückgrat moderner Technologie, und die Produktion der leistungsfähigsten Chips erfordert modernste Fertigungsverfahren. Extreme Ultraviolettstrahlung, kurz EUV, spielt hierbei eine entscheidende Rolle. EUV-Lithographie ermöglicht die Strukturierung von Halbleiterwafern mit Nanometer-Präzision und ist unerlässlich für die Herstellung von Chips mit Knoten unter sieben Nanometern. Seit Jahren dominiert das niederländische Unternehmen ASML diesen Markt mit seinen EUV-Maschinen. Aufgrund geopolitischer Spannungen und US-amerikanischer Exportbeschränkungen war ASML allerdings nicht mehr berechtigt, seine neuesten EUV-Anlagen nach China zu verkaufen, was die heimische Chipfertigung des Landes vor große Herausforderungen stellte.
Mit der Rückkehr von Lin Nan, einem ehemaligen führenden Wissenschaftler von ASML, nach China im Jahr 2021 begannen sich jedoch die Entwicklungen im Bereich EUV-Technologie deutlich zu beschleunigen. Lin Nan, der zuvor an ASMLs Niederlassung in den Niederlanden als zuständiger Forscher für Lichtquellen im Bereich der Metrologie tätig war, gründete bei der Chinesischen Akademie der Wissenschaften am Shanghai Institute of Optics and Fine Mechanics eine Forschungsgruppe, die sich auf die Weiterentwicklung der photolithographischen Technologie spezialisiert hat. Seine Rückkehr erfolgte im Rahmen einer hochkarätigen Rekrutierungsinitiative der chinesischen Regierung, die darauf abzielt, führende Experten aus dem Ausland zurückzuholen, um die technologische Souveränität zu stärken. Das Forschungsteam konnte mithilfe eines neuartigen Festkörperlaser-getriebenen Ansatzes eine EUV-Lichtquelle etablieren, die internationale Leistungsstandards erfüllt und laut veröffentlichten Forschungsergebnissen als weltweit konkurrenzfähig gilt. Dieser Durchbruch ebnet den Weg für eine heimische Produktion von fortschrittlichen Halbleiterchips in China, die bisher stark von ausländischen Importen und Technologien abhängig war.
Die komplexe technische Herausforderung lag darin, eine stabile und leistungsfähige EUV-Lichtquelle zu schaffen, die die konditionellen Anforderungen moderner Lithographieprozesse erfüllt. Das Team bewies, dass dies mit eigenen Mitteln und innovativen Methoden möglich ist. Die Bedeutung des Fortschritts lässt sich nicht hoch genug einschätzen: ASML-Maschinen sind eines der teuersten und technisch komplexesten Produkte in der High-Tech-Industrie. Ohne Zugang zu diesen Geräten blieben zahlreiche chinesische Chipproduzenten zurück und konnten nicht mit den weltweiten Branchengrößen konkurrieren. Die jüngsten Fortschritte könnten nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit Chinas erheblich verbessern, sondern auch die globale Chipindustrie nachhaltig verändern.
Die Entwicklung beruht auf jahrzehntelanger Forschung und einem internationalen Erfahrungsaustausch. Lin Nan profitierte von seiner Zeit in Europa, wo er von Nobelpreisträgerin Anne L’Huillier aus Schweden, einer ausgewiesenen Expertin im Bereich der Physik, gefördert wurde. Ihre Mitgliedschaft in der renommierten Königlich Schwedischen Akademie der Wissenschaften und die von der EU geförderte Marie-Sklodowska-Curie-Initiative, der Lin angehörte, bildeten die wissenschaftliche Grundlage für modernste Erkenntnisse in der EUV-Technologie. Die geopolitischen Aspekte können bei dieser Entwicklung nicht außer Acht gelassen werden. Die Vereinigten Staaten üben seit 2019 Druck auf ASML aus, keine modernsten Maschinen an China zu verkaufen.
Dies geschah im Rahmen der Bemühungen, den Zugang Chinas zu Schlüsseltechnologien zu beschränken und dessen wachsendes Technologiefortschritt einzudämmen. Die chinesische Antwort auf diese Maßnahmen ist die Selbstständigkeit durch Innovation und Forschung, wie der EUV-Durchbruch eindrucksvoll zeigt. ASML selbst äußerte sich skeptisch über die schnelle Entwicklung eigener EUV-Maschinen in China. Der Vorstandsvorsitzende Christophe Fouquet sagte in einem Gespräch mit Investoren, dass die Erzeugung von EUV-Licht zwar grundsätzlich möglich sei, aber die Fertigung einer kompletten EUV-Anlage viele Jahre in Anspruch nehmen würde. Trotz dieser Einschätzung demonstrieren die chinesischen Forscher durch ihre jüngsten Erfolge, dass erhebliche Fortschritte auf dem Gebiet erzielt wurden und der Weg zur eigenständigen Produktion kürzer werden könnte als bisher angenommen.
Dieser Durchbruch spiegelt nicht nur die Kapazitäten moderner chinesischer Forschung wider, sondern auch das strategische Ziel Pekings, technologisch unabhängig zu werden und zugleich die nationale Wirtschaft durch leistungsfähige Halbleitertechnologie zu stärken. EUV-Lithographie ist eine der Schlüsseltechnologien der nächsten Jahrzehnte und bestimmt maßgeblich die Wettbewerbsfähigkeit digitaler Wirtschaften weltweit. Zusammenfassend steht der Erfolg von Lin Nan und seinem Team stellvertretend für eine neue Ära in der globalen Chipindustrie. Er belegt, dass China trotz politischer und wirtschaftlicher Hindernisse im Bereich Hochtechnologie zunehmend eigenständig agieren kann. Die Entwicklung einer weltweit konkurrenzfähigen EUV-Lichtquelle bedeutet zudem Impulse für Wissenschaft und Industrie, die weit über nationale Grenzen hinaus wirken werden.
Die nächsten Jahre werden zeigen, wie schnell chinesische Unternehmen die neue Technologie kommerziell nutzen und in die Chipproduktion integrieren können. Damit könnte sich das globale Kräfteverhältnis in der Halbleiterbranche weiter verschieben. Für Beobachter und Investoren ist der EUV-Durchbruch ein deutliches Signal, das auf die zunehmende Bedeutung Chinas in der Spitzentechnologie hinweist und das Potenzial birgt, das weltweite Produktionsnetzwerk für Halbleiter grundlegend zu verändern.