Lithium gilt als einer der wichtigsten Rohstoffe des 21. Jahrhunderts. Insbesondere wegen seiner zentralen Rolle in wiederaufladbaren Batterien für Elektrofahrzeuge, Smartphones und Energiespeicher steht das Leichtmetall im Fokus globaler industrieller und technologischer Entwicklungen. Rund 40 Prozent des weltweiten Lithiums kommen aus großen Salzseen, den sogenannten Salaren, vor allem in der zentralen Andenregion Südamerikas und auf dem tibetischen Plateau. Diese Salare enthalten Lithium in extrem salzhaltigen, unterirdischen Solegewässern, aus denen der Rohstoff durch Verdunstung gewonnen wird.
Doch ein Forschungsteam der Duke University in North Carolina hat nun eine überraschende Entdeckung gemacht, die das Verständnis der Chemie dieser Lagerstätten grundlegend verändert. Die Wissenschaftler zeigten, dass Bor eine zentrale Rolle bei der Steuerung des pH-Werts in den Lithium-reichen Lösungsmitteln einnimmt. Anders als bisher angenommen, bestimmt in diesen speziellen natürlichen Salzseen nicht die pH-Wert-Regulierung die Speziation von Bor, sondern Bor beeinflusst den pH-Wert maßgeblich selbst. Dies stellt eine bemerkenswerte Umkehrung der bisher bekannten chemischen Zusammenhänge dar. Während in Standard-Salzlösungen oder Meerwasser die Beziehung zwischen Bor und pH-Wert schon lange gut verstanden und als feststehend galt, zeigt sich in Lithiumreichen Brinen ein überraschend anderes Bild.
Die Forscher analysierten Proben natürlicher Solegewässer vom Salar de Uyuni in Bolivien – dem weltweit größten Salzsee mit Lithiumvorkommen. Dabei stellten sie fest, dass der natürliche pH-Wert der Sole meist neutral um den Wert 7 lag, obwohl sie erhöhte Mengen von Boraten und Borsäure enthielten. Doch in den flachen Verdunstungsbecken, in denen das Lithium durch kontrollierte Verdunstung konzentriert wird, erreichten die pH-Werte stark saure Werte. Dieses Phänomen wurde auf die Veränderung in der Dissoziation von Borsäure zurückgeführt, die bei zunehmender Konzentration von Lösungsmitteln mehr Wasserstoffionen freisetzt. Die Entdeckung eröffnet neue wissenschaftliche Perspektiven.
Bor wird bislang in der Lithiumgewinnung zwar registriert, aber seine aktive Steuerung des pH-Werts wurde nicht als maßgeblich betrachtet. Dies wirft Fragen auf, wie die geochemischen Prozesse im Untergrund diese Zusammensetzung und letztlich auch die Lithiumkonzentration beeinflussen. Die Forscher sind der Überzeugung, dass das Verständnis des Einflusses von Bor auf die Alkalinität der Solen für die Optimierung von Lithiumabbauverfahren von entscheidender Bedeutung sein wird. Darüber hinaus hat diese Erkenntnis wichtige ökologische Implikationen. Die nachgelassenen, hochkonzentrierten Soleabwässer nach der Lithiumgewinnung können in die Umwelt gelangen.
Die Veränderung des pH-Werts durch Bor könnte zur Versauerung von benachbarten Wasserquellen beitragen und empfindliche Ökosysteme gefährden. Daher eröffnen die Studien neue Ansätze für das Management der Rückstände aus den Verdunstungsbecken. Ein besseres Monitoring und gezielte chemische Eingriffe könnten Umweltschäden reduzieren und die Nachhaltigkeit der Lithiumproduktion erhöhen. Lithiumgewinnung aus Salzseen basiert auf der natürlichen Verdunstung von Sole in großen Becken, was jedoch sehr zeitaufwendig ist und Umweltrisiken birgt. Mit dem neu gewonnenen Wissen über die Bor-Dynamik könnten alternative Technologien entwickelt werden, bei denen gezielt der pH-Wert reguliert wird, um den Lithiumgehalt schneller und effizienter herauszulösen.
Dies könnte die Zeitspanne der Verdunstung wesentlich verkürzen und die gesamte Effizienz der Rohstoffgewinnung erhöhen. Das Konzept der Bor-Spezies als Alkalisierungstreiber ist zudem eine gänzlich neue Sichtweise, die von Limnologen, Geochemikern und Chemikern weiter erforscht wird. Es ermöglicht ein vertieftes Verständnis der inneren Dynamik der Salzseen auch in anderen geochemischen Kontexten. Gleichzeitig liefert es wichtige Erkenntnisse für die Behandlung und Wiederaufbereitung der bei der Lithiumproduktion entstehenden Abwässer. Die geologische Herkunft des Lithiums in Salzseen ist ebenso von großem Interesse.
Die Forscher arbeiten daran, die Mechanismen zu entschlüsseln, die zur Anreicherung von Lithium in diesen extremen Umgebungen führen. Dabei ist die Wechselwirkung von Bor, anderen Mineralien sowie der Wasserchemie von fundamentaler Bedeutung. Verbunden mit den Auswirkungen des Klimawandels auf Niederschlagsmengen und Verdunstungsraten bietet sich so ein komplexes Bild, das für die strategische Planung von Lithiumprojekten essenziell ist. Boron als Schlüsselelement bietet darüber hinaus auch industrielle Chancen über die Rohstoffgewinnung hinaus. Bor hat vielfältige Anwendungen, unter anderem in der Glas- und Keramikherstellung sowie als chemischer Zusatzstoff.
Die Erkenntnis, dass Bor in Lithium-Salaren nicht nur passiv vorhanden ist, sondern aktiv die Chemie dieser Artesischen Becken beeinflusst, könnte neue integrative Ressourcennutzungskonzepte fördern. In Summe zeigen die Ergebnisse der Forschungen rund um die Lithiumvorkommen des Salar de Uyuni, dass Naturchemie oft überraschende Geheimnisse birgt. Ein Element wie Bor, das lange als Randnotiz betrachtet wurde, erweist sich als ein Hauptakteur in einem der dynamischsten und wichtigsten Rohstoffsysteme der Gegenwart. Für die globale Energie- und Mobilitätswende sind solche Erkenntnisse von unschätzbarem Wert. Die wissenschaftliche Gemeinschaft erwartet, dass diese neuen Erkenntnisse den Weg für innovativere, umweltfreundlichere und wirtschaftlich effizientere Lithiumgewinnungsmethoden ebnen.
Gleichzeitig wird die Bereitschaft zur kontinuierlichen Evaluierung und Anpassung der Umweltstandards im Lithiumbergbau gefördert. Die Herausforderung liegt darin, den wachsenden Bedarf an Lithium nachhaltig zu decken und gleichzeitig die sensiblen Ökosysteme in den Bergbauregionen zu schützen. Surprisingly, the findings from the Duke University team reshape fundamental conceptions about saline lake chemistry. Die Entdeckung, dass Boron nicht nur vom pH-Wert beeinflusst wird, sondern selbst den pH-Wert kontrolliert, macht deutlich, dass das Verhalten von Mineralien und Ionen in ungewöhnlichen geochemischen Umgebungen stärker voneinander abhängt, als es die traditionelle Chemie annimmt. Der Einfluss von Bor bei der pH-Bestimmung ist dabei so stark, dass er über den gesamten Prozess der Lithiumkonzentration und Gewinnung entscheidet.
Aus praktischer Sicht eröffnen diese Erkenntnisse auch den Blick auf potenzielle Gefahren und Chancen, welche die Verwertung von Lithiumreserven in Hochgebirgsregionen bereithält. Die komplizierten Wechselwirkungen zwischen Bor, Lithium und pH bieten einen Schlüssel, verschiedene Umwelteinflüsse zu kontrollieren und Prozesse zu optimieren. In Zukunft wird der Fokus darauf liegen, diese komplexen chemischen Abläufe genauer zu modellieren und in industrielle Prozesse zu integrieren. Besonders die Kombination von computergestützter Simulation mit Feldversuchen verspricht Fortschritte. Auch die Zusammenarbeit zwischen Chemikern, Umweltwissenschaftlern und Industriepartnern wird entscheidend sein, um den Rohstoff Lithium effizient und verantwortungsvoll zu fördern.
Insgesamt verdeutlicht die ungewöhnliche Rolle von Bor in Lithiumlagerstätten einen spannenden und dynamischen Bereich der modernen Geochemie. Für die Gesellschaft, die auf nachhaltige Energiequellen und innovative Technologien angewiesen ist, sind solche Erkenntnisse richtungsweisend. Lithium und seine ungewöhnlichen Begleiter wie Bor verbinden dabei Wirtschaftlichkeit mit Umweltbewusstsein – eine Balance, die zunehmend wichtiger wird.