Die US-amerikanische Politik erlebt derzeit eine unerwartete Wendung im Bereich der Kryptowährungsregulierung. Ein ursprünglich vielversprechender Gesetzesentwurf zur Regulierung von Stablecoins, der sogenannten GENIUS Act, hat starke Unterstützung aus beiden großen Parteien erhalten. Doch diese Zustimmung schwindet jetzt, insbesondere bei den Demokraten, die aufgrund von Korruptionsbedenken im Zusammenhang mit Donald Trumps World Liberty Financial (WLFI) Unternehmen ins Stocken gerät. Diese Entwicklung wirft erhebliche Fragen über die zukünftige Regulierung von Kryptowährungen in den Vereinigten Staaten auf. Zunächst schien die Verabschiedung des GENIUS Act ein wichtiger Schritt zur Schaffung eines stabilen und sicheren Umfelds für Stablecoins zu sein.
Stablecoins sind digitale Währungen, die an traditionelle Vermögenswerte wie den US-Dollar gebunden sind und den volatilen Charakter anderer Kryptowährungen ausgleichen sollen. Die Idee hinter dem Gesetz war, strenge Vorschriften einzuführen, insbesondere im Bereich Geldwäschebekämpfung und Risikomanagement, um Vertrauen in diesen aufstrebenden Markt zu schaffen. Der Gesetzesentwurf wurde nach einer kritischen Lesung im Senatsausschuss von einigen pro-Krypto-Demokraten sowie Republikanern unterstützt. Senatoren wie Ruben Gallego, Mark Warner, Lisa Blunt Rochester, Andy Kim und Angela Alsobrooks hatten neben Republikanern für die Gesetzesvorlage gestimmt, während die führende Demokratin und bekannt für ihre Kritik an Kryptowährungen, Senatorin Elizabeth Warren, skeptisch blieb. Die unterstützenden Demokraten machten deutlich, dass ihre Zustimmung an Änderungen geknüpft wurde, die vor allem strengere Auflagen für Stablecoin-Emittenten sowie umfassende Maßnahmen gegen Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche umfassen sollten.
Trotz der vorgenommenen Änderungen und der augenscheinlich robusteren Sicherheitsmechanismen wuchs jedoch die Sorge über mögliche Korruption und Interessenkonflikte. Im Zentrum der Kritik steht das Unternehmen World Liberty Financial, das von der Trump-Familie geführt wird, und insbesondere die veröffentlichten lukrativen Deals, die Präsident Donald Trump und seinem Umfeld zugutekommen könnten. Die Verwicklung prominenter politischer Akteure in Krypto-Investitionen hat das Vertrauen der Demokraten erschüttert, die nun ihre Unterstützung für das Gesetz zurückziehen. Die vier der fünf pro-Krypto-Demokraten, die zuvor im Senatsausschuss dem GENIUS Act zugestimmt hatten, unterzeichneten inzwischen eine gemeinsame Erklärung. Sie kritisieren die Richtung, in die sich das Gesetz entwickelt, und fordern stärkere Maßnahmen, insbesondere bei Geldwäsche, nationaler Sicherheit und Verantwortung.
Auch wenn die Erklärung den Präsidenten oder WLFI nicht namentlich erwähnt, ist die Verbindung zum politischen Kontext und den umstrittenen Krypto-Projekten offensichtlich. Besonders deutlich wird die Kritik im Haus der Repräsentanten. Die Vorsitzende des Finanzausschusses, Maxine Waters, plant mit anderen demokratischen Mitgliedern, eine wichtige Anhörung zum Thema Kryptowährungen zu verlassen. Die Sitzung trug den Titel „American Innovation and the Future of Digital Assets“ und war angesetzt, um über einen weiteren Gesetzentwurf zur Kryptowährungsregulierung zu diskutieren. Laut einem Insider würde ein kollektives Fernbleiben der Demokraten dazu führen, dass die Sitzung nicht beschlussfähig ist, was den gesamten Gesetzgebungsprozess ernsthaft gefährden könnte.
Der von Republikanern geführte Entwurf sieht unter anderem eine Neuregelung der Zuständigkeiten von US-Finanzaufsichtsbehörden wie der Securities and Exchange Commission (SEC) und der Commodity Futures Trading Commission (CFTC) vor. Maxine Waters hat mit scharfen Worten vor den finanziellen Interessen gewarnt, die hinter den Trump-gestützten Kryptowährungsprojekten stehen. Sie bezeichnet die sogenannte TRUMP-Memecoin – ein digitales Token, das an Trumps Amtsantritt anknüpft – als „das Schlimmste am Kryptomarkt“. Besonders kritisch sieht sie das Stablecoin-Projekt der WLFI mit dem sogenannten USD1-Token. Waters hatte bereits zuvor bei einer Ausschussanhörung betont, dass das aktuelle Gesetzesvorhaben es der politischen Führung erlauben würde, sich ungeheuerlich zu bereichern.
Sie warnte davor, den Präsidenten und sein Umfeld nicht von der Kontrolle oder dem Besitz von Stablecoin-Geschäften auszuschließen. Ohne solche Schutzmechanismen könne sie das Gesetz nicht unterstützen und fordert ihre Kolleginnen und Kollegen auf, nicht zu Komplizen bei einer solchen Bereicherung zu werden. Auch aus dem republikanischen Lager kommen bedenkliche Stimmen. French Hill, einer der Initiatoren des Gesetzes, erklärte, dass die Verstrickungen und Geschäfte von Trump mit Kryptowährungen die Verabschiedung einer Regelung erheblich erschwerten. Die politische Brisanz rund um Trump verliert selbst in Washington nicht an Sprengkraft und stellt somit ein Hindernis für die dringend notwendige Regulierung des Kryptomarktes dar.
Viele Branchenexperten und Beobachter vermuten, dass die Sorgen um Korruption nur eine Facette des Problems sind. Einige vermuten, dass politische Interessen oder mächtige wirtschaftliche Akteure Einfluss nehmen, um den Gesetzgebungsprozess zu verzögern oder ganz zu verhindern. Der Anwalt Aaron Brogan sieht es als unwahrscheinlich an, dass die Demokraten plötzlich fundamentale Schutzlücken entdeckt hätten, die sie zuvor übersehen hatten. Vielmehr könnten strategische Überlegungen hinter dem Rückzug stehen. So wird spekuliert, dass prominente politische Geldgeber oder große Unternehmen, die vom Kryptomarkt profitieren wollen, möglicherweise darauf drängen, das Gesetz zu blockieren oder neu zu gestalten.
Insbesondere ein Political Action Committee namens Protect Progress, das dem Kryptobereich nahesteht, hat in Wahlkampfkampagnen von Unterstützern der Gesetzesvorlage investiert. Ebenso wird vermutet, dass große Krypto-Handelsplattformen wie Coinbase die Initiative in eine andere Richtung lenken wollen, indem sie den Gesetzentwurf mit größeren Marktstrukturreformen koppeln. Am Ende des Tages werfen die Geschäfte mit digitalen Token, die mit Trump-Marken und Unternehmen verbunden sind, einen Schatten auf die gesamte Gesetzgebung. WLFI hat Berichten zufolge bereits über eine halbe Milliarde US-Dollar durch Tokenverkäufe eingenommen. Die Geschäfte mit großen Investoren wie dem Tron-Blockchain-Gründer Justin Sun, der einen erheblichen Betrag in Trumps Token investierte, erhöhen die mediale Aufmerksamkeit und den politischen Druck.
Kritikern zufolge gibt es Bedenken, dass solche Geschäfte, gepaart mit hochrangigen politischen Verbindungen, Machtmissbrauch und Interessenkonflikte begünstigen. Trotz Forderungen nach Transparenz und klaren Regeln hat sich WLFI bislang nicht öffentlich zu den Vorwürfen geäußert. Präsident Trump selbst hat wiederholt behauptet, dass er nicht von diesen Projekten profitiere und sein Portfolio kaum überprüfe. Seine Aussagen erscheinen vielen jedoch wenig überzeugend und haben die Debatte um den Einfluss persönlicher wirtschaftlicher Interessen bei der Gesetzgebung verschärft. Angesichts dieser komplexen Gemengelage aus politischen Machtkämpfen, wirtschaftlichen Interessen und einem noch jungen regulatorischen Umfeld für Kryptowährungen zeichnet sich ab, dass die Chancen für ein baldiges und umfassendes Stablecoin-Gesetz sinken.
Das einst als Hoffnungsträger für regulatorische Klarheit gehandelte Vorhaben könnte durch interne politische Querelen und externe Korruptionsvorwürfe dauerhaft blockiert werden. Ohne ein harmonisiertes und sicheres Regelwerk gefährden diese Entwicklungen nicht nur das Vertrauen der Investoren, sondern auch die Position der USA als globaler Akteur in der Kryptowelt. Die Verzögerungen und Rückschläge im Gesetzgebungsprozess können zudem für andere Länder als Vorbild dienen, möglicherweise einen weniger transparenten und weniger regulierten Markt entstehen lassen. Die aktuelle Lage verdeutlicht jedoch auch, wie eng politische Verflechtungen und wirtschaftliche Interessen miteinander verwoben sind, wenn es um neue Technologien und deren Regulierung geht. Eine nuancierte Auseinandersetzung mit diesen Herausforderungen ist notwendig, um Zukunftschancen im Finanzsektor nicht zu verspielen.
Die kommenden Monate werden zeigen, ob die demokratischen Bedenken ausgeräumt werden können oder ob der Kampf um kontrollierte Kryptowährungsmärkte in den USA weiter ins Stocken gerät.