Im schnelllebigen Umfeld der Softwareentwicklung ist das Testen ein entscheidender Faktor für Codequalität und langfristige Wartbarkeit. Insbesondere im Elixir-Ökosystem, das durch seine funktionale Herangehensweise und seine besonderen Stärken besticht, ergeben sich neue Herausforderungen und Chancen beim Testen. Klassische Testmocks, die oft als Standardlösung im Umgang mit externen Abhängigkeiten gelten, stoßen hierbei an ihre Grenzen. Sie sind häufig verantwortlich für fragile Tests, die bei jeder kleinen Refaktorierung brechen und so das Vertrauen in die Test-Suite untergraben. Vor diesem Hintergrund setzt eine innovative Herangehensweise an, die auf der ElixirConf US 2024 vorgestellt wurde und versucht, unsere bisherigen Vorstellungen vom Testen grundlegend zu hinterfragen.
Das Konzept trägt den Titel "Beyond Mocks: Messing with Our Preconceptions of Testing" und rückt neben den traditionellen Mocks eine alternative Technik in den Fokus, die Nullable-Infrastruktur-Wrapper nutzt. Dieses Konzept eröffnet neue Perspektiven, um Tests robuster und verständlicher zu gestalten. Mocks werden traditionell dazu verwendet, externe Abhängigkeiten zu simulieren, um den Fokus der Tests auf die eigene Logik zu legen. Sie ersetzen echte Implementierungen durch kontrollierte Pendants, mit denen sich spezifische Verhaltensweisen testen lassen. Doch diese Vorgehensweise hat häufig Nachteile.
Wenn sich die Schnittstellen ändern, müssen die Mocks fortlaufend angepasst werden, was zu einem hohen Wartungsaufwand führt. Darüber hinaus können Tests mit Mocks falsche Sicherheit vermitteln, da sie oft nur das vorgetäuschte Verhalten überprüfen und nicht das tatsächliche Zusammenspiel mit realen Komponenten. Im schlimmsten Fall entstehen so Tests, die zwar grün anzeigen, aber in der Praxis nicht zuverlässig sind. Das vorgestellte Nullable-Muster versucht, diese Problemstellung anders zu adressieren. Statt komplexer Mock-Objekte kommen nullable Infrastruktur-Wrapper zum Einsatz.
Das heißt, äußere Abhängigkeiten werden nicht durch umfassende simulierte Objekte ersetzt, sondern durch einfache Container, die entweder tatsächlich vorhanden oder explizit leer (null) sind. Diese Technik nutzt die Stärke von Elixir im Umgang mit fehlenden oder optionalen Werten und schafft so eine klarere Trennung zwischen echten und fehlenden Ressourcen. Die Idee ist es, die Tests von exzessivem Simulationen zu befreien und sie auf das Wesentliche zu konzentrieren. In der Praxis bedeutet das zum Beispiel, dass Anfragen an Datenbanken, externe APIs oder andere Services in einer separaten Schicht gekapselt werden, welche nullable Ergebnisse zurückliefert. Im Testing kann dann einfach geprüft werden, wie das System auf Abwesenheit bestimmter Daten reagiert, ohne dass dafür aufwendig Mocks gepflegt werden müssen.
Diese Herangehensweise führt zu Tests, die weniger anfällig für Änderungen in den Implementierungen externer Systeme sind und somit die Wartbarkeit maßgeblich erhöhen. Darüber hinaus fördert sie ein gewisses Designbewusstsein, da Entwickler explizit mit den Fällen der Abwesenheit oder Fehler umgehen müssen. Ein weiterer Vorteil der Nullable-Technik ergibt sich aus der klaren Intentionalität der Tests. Da Mocks häufig breit gefächert eingesetzt werden, gehen nicht selten wichtige Randbedingungen und Fehlerfälle verloren. Nullable Wrapper zwingen dazu, explizit auch diese Szenarien abzudecken, was letztlich zu stabileren und aussagekräftigeren Tests führt.
So bewegt man sich weg von obskuren Blackbox-Simulationen hin zu transparenten, nachvollziehbaren und dokumentierten Testzuständen. Auch im Hinblick auf die Community rund um Elixir stößt das Konzept von Nullable-Wrappern auf großes Interesse und öffnet Diskussionen über alternative Teststrategien. Die Präsentation auf ElixirConf US 2024 durch Nicholas Henry regte zu regen Gedankenaustausch an und zeigte auf, dass das Thema Testen mehr als nur ein statischer Bestandteil der Softwareentwicklung ist. Vielmehr ist es ein dynamisches Feld, in dem traditionelle Methoden immer wieder hinterfragt und erweitert werden müssen, um den spezifischen Eigenschaften funktionaler Programmiersprachen gerecht zu werden. Nicht zuletzt macht die Nullable-Methode deutlich, wie eng Softwaredesign und Teststrategien miteinander verwoben sind.
Durch das Einbinden von Nullable-Infrastruktur-Wrappern entwickeln sich nicht nur neue Tests, sondern oft auch ein neues Verständnis für die Architektur einer Anwendung und die Handhabung von Nebenläufigkeit und Zuständen in Elixir. Die damit verbundenen Reflexionen führen zu saubererem Code, der sich leichter testen und weiterentwickeln lässt. Die Bewegung hin zu weniger oder bewusst eingesetzten Mocks und hin zu Nullable-Konzepten ist auch ein Plädoyer für eine insgesamt pragmatischere und zielgerichtetere Testpraxis. In der Praxis geht es weniger um das blinde Mocken jeder Schnittstelle, sondern darum, die Komplexität der Tests zu reduzieren und gleichzeitig deren Aussagekraft zu maximieren. Dies steht in Einklang mit modernen Testphilosophien, die Qualität durch Verständlichkeit und Robustheit fördern.
Während sich das Nullable-Muster noch im Entwicklungsstadium befindet und seine endgültigen Möglichkeiten noch erprobt werden, zeigt die Diskussion einmal mehr, dass das Elixir-Ökosystem einen innovativen und reflektierten Umgang mit Herausforderungen der Softwareentwicklung pflegt. Entwickler werden ermutigt, Experimentierfreude zu zeigen und herkömmliche Denkweisen zu hinterfragen. Gerade in einem Bereich wie dem Testen, der oft als notwendiges Übel verstanden wird, eröffnen sich so neue Chancen, mit Spaß und Kreativität bessere Lösungen zu finden. Abschließend bleibt festzuhalten, dass traditionelle Mocks zwar auch weiterhin ihre Berechtigung haben, jedoch nicht als Allheilmittel gelten sollten. Das Nullable-Muster ist ein wertvoller Ansatz, der hilft, Tests nachhaltiger, klarer und zuverlässiger zu gestalten.
Für die Praxis bedeutet das, Teststrategien bewusster zu wählen, sich auf Kernaspekte der Applikation zu fokussieren und komplexe Abhängigkeiten über einfache, nullable Hüllen abzubilden. Damit trägt diese Herangehensweise sowohl zur Gesamtqualität von Elixir-Projekten als auch zu einer gesünderen Testkultur bei. Die Zukunft des Testens in Elixir könnte somit deutlich weniger von Mocks dominiert sein, dafür deutlich mehr von klarer Intentionalität und handhabbarer Infrastruktur geprägt werden.