Vietnam befindet sich an der Schwelle zu einer bedeutenden digitalen Finanzrevolution: Das Land plant die Einführung einer staatlich unterstützten digitalen Währung, bekannt als Central Bank Digital Currency (CBDC). Dieses Vorhaben wird von der Notwendigkeit getrieben, den rasch wachsenden Markt für Kryptowährungen und digitale Assets besser zu kontrollieren und gleichzeitig die Möglichkeiten zu nutzen, die diese Technologien für die Entwicklung der nationalen und regionalen Wirtschaft bieten. Die Dynamik des vietnamesischen Kryptowährungsmarkts hat bereits 2023 mit einem Volumen von bis zu 120 Milliarden US-Dollar – fast ein Viertel des Bruttoinlandsprodukts – weltweit Aufmerksamkeit erregt. Dennoch offenbaren Fachleute und Entscheidungsträger in Vietnam ein ausgeprägtes Bewusstsein für die Herausforderungen und Risiken, die mit einem schnell expansiven und bisher weitgehend unregulierten Sektor verbunden sind. Die vietnamesische Regierung, angeführt vom Premierminister, hat die Finanzbehörden angewiesen, innerhalb kurzer Frist einen Pilotplan zur Verwaltung virtueller und digitaler Vermögenswerte vorzulegen.
Parallel erarbeiten das Finanzministerium und die Zentralbank rechtliche Grundlagen, die dem bislang fragmentarischen Vorgehen in Bezug auf digitale Währungen und Krypto-Assets endlich eine klare Regelstruktur geben sollen. Die Motivation dahinter ist vielfältig. Einerseits bietet die Entwicklung einer staatlichen digitalen Währung die Möglichkeit, das traditionelle Finanzsystem zu modernisieren, grenzüberschreitende Transaktionen zu erleichtern und Vietnam als Knotenpunkt für blockchainbasierte Finanzinnovationen in Südostasien zu etablieren. Andererseits müssen potenzielle Gefahren wie Marktvolatilität, Geldwäsche, Terrorismusfinanzierung und institutionelle Risiken sorgfältig beachtet und kontrolliert werden. Experten warnen eindrücklich, dass der digitale Vermögensmarkt besonders volatil sei und sich wesentlich von klassischen Aktiemärkten unterscheide.
Das Fehlen eines rechtlichen und regulatorischen Rahmens führt zu Unsicherheiten und erleichtert potenziellen Missbrauch. Dr. Dang Minh Tuan, Vorsitzender der Vietnam Blockchain Alliance, hebt hervor, dass digitale Assets reibungslose grenzüberschreitende Transaktionen ermöglichen, die in vielen Fällen unter hoher Anonymität stattfinden. Diese Umstände erschweren es den Behörden, illegale Aktivitäten aufzudecken. Der Aufbau von Lizenzierungen und Regulierungssystemen für Krypto-Börsen innerhalb Vietnams wird daher als unumgänglich angesehen.
Transparenz, Aufsicht und technologische Standards müssen gewährleistet sowie ein Sicherheitspuffer für Nutzer bei Cyberangriffen oder Vermögensverlusten geschaffen werden. Zusätzlich betonen Experten die Notwendigkeit einer engen internationalen Zusammenarbeit, die Verstärkung der Cybersicherheitsmaßnahmen und ein gezieltes Monitoring ungewöhnlicher Transaktionen. Als Vorbilder dienen dabei Länder wie Singapur, das mit seinem Regulierungs-Sandbox-Ansatz einerseits Innovationsfreiraum lässt und andererseits klare Prüfmechanismen bereitstellt, oder Japan, das besonders strenge Vorgaben für Krypto-Börsen etabliert hat. Gegenmodelle sind etwa China mit seinem umfassenden Verbot von Kryptowährungshandel oder die USA, wo eine uneinheitliche Regulierungslandschaft noch für Verwirrung sorgt. Vietnam steht daher vor der Aufgabe, Kryptowährungen klar als Vermögenswerte, Wertpapiere oder Nutzungsnoten (Utility Tokens) zu definieren, um spätere rechtliche Konflikte zu vermeiden.
Die fehlende rechtliche Anerkennung digitaler Assets in vietnamesischen Buchführungsstandards stellt ein weiteres Hindernis dar. Wie Associate Professor Dr. Nguyen Huu Huan betont, müssten digitale Währungen zunächst als legitime Finanzbestände anerkannt werden, damit Unternehmen sie ordnungsgemäß in ihren Abschlüssen erfassen können. Die Integration eines CBDC durch die Zentralbank bietet eine Möglichkeit, digitale Transaktionen sicher und reguliert abzuwickeln und gleichzeitig den Anschluss an weltweite digitale Finanzströme zu gewährleisten. Gleichzeitig sorgt sich die Politik um die Auswirkungen auf die Geld- und Wirtschaftspolitik des Landes.
Die Einführung einer nicht staatlich ausgegebenen Währung würde traditionelle Geldversorgungskonzepte herausfordern und erfordert einen behutsamen und wohlüberlegten Regulierungsrahmen, der sicherstellt, dass digitale Währungen die wirtschaftliche Stabilität unterstützen statt gefährden. Ein zentraler Punkt ist auch die Handhabung der Anonymität bei digitalen Transaktionen. Während anonyme Handelstransaktionen das Risiko von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung erhöhen, könnte eine zu strikte Regulierung Innovationen einschränken. Die Lösung könnte in einer Balance zwischen Transparenzpflichten für zentralisierte Börsen und Mechanismen zur Überwachung liegen. Die Errichtung einer staatlich verwalteten Krypto-Börse wird daher als strategischer Schritt gesehen, um Sicherheit und Kontrolle zu gewährleisten.
Internationale Finanzzentren könnten für die Platzierung von Kryptowährungsbörsen genutzt werden, um grenzüberschreitende Transaktionen effizient und sicher zu gestalten. Die geschilderten regulatorischen Bestrebungen sind Teil eines umfassenden Plans, mit dem Vietnam seine wirtschaftliche Digitalisierung vorantreiben, Risiken minimieren und den eigenen Standort im globalen Wettbewerb stärken möchte. Die geplante staatliche digitale Währung markiert zugleich den Einstieg in eine neue Phase der monetären Steuerung und Finanzinnovation mit Fokus auf Nachhaltigkeit und Sicherheit. Trotz der Herausforderungen eröffnen digitale Währungen und Blockchain-Technologien insbesondere für Schwellenländer wie Vietnam enorme Potenziale zur Förderung von Finanzinklusion, Senkung von Transaktionskosten und Stärkung der Position im internationalen Wirtschaftsgefüge. Neben technischen und rechtlichen Anpassungen wird die Einbindung von Bildungsinstitutionen, die Förderung von Forschung und Entwicklung sowie die Sensibilisierung der Bevölkerung wichtige Bausteine für den Erfolg des Projekts sein.
Insgesamt lässt sich festhalten, dass Vietnam den Schritt in eine digital dominierte Finanzwelt ernsthaft und mit umfassender Planung angeht. Mit der Einführung einer staatlich gestützten digitalen Währung und einem klar definierten Rechtsrahmen für Kryptowährungen könnte das Land zu einem Vorreiter in Südostasien werden und die Chancen des digitalen Zeitalters in vollem Umfang nutzen. Die kommenden Monate und Jahre werden zeigen, wie das Zusammenspiel von Regulierung, Innovation und Marktkräfte gestaltet werden kann, um nachhaltiges Wachstum und finanzielle Stabilität in einer zunehmend digitalen Wirtschaft zu gewährleisten.