Die Wahl eines neuen Papstes ist immer ein bedeutendes Ereignis für die katholische Gemeinschaft weltweit. Doch nicht jede Nation begrüßt den neuen geistlichen Führer mit offenen Armen. Besonders komplex gestaltet sich das Verhältnis zwischen dem Vatikan und der Volksrepublik China. Trotz der weltweit stetig wachsenden Anhängerschaft des Katholizismus in China wird es dem neuen Papst schwerfallen, von der chinesischen Regierung angenommen zu werden. Die Gründe dafür sind vielschichtig und reichen von politischen Interessen über religiöse Kontrolle bis hin zu historischen Spannungen.
China ist ein Land mit über 1,4 Milliarden Einwohnern, in dem sich mehr als 12 Millionen Menschen zum Katholizismus bekennen. Dennoch bleibt der offizielle Status der katholischen Kirche in China äußerst prekär. Das kommunistische Regime unter Führung der Kommunistischen Partei Chinas (KPCh) verfolgt eine strenge Kontrolle aller religiösen Aktivitäten, insbesondere jener, die von ausländischen Organisationen beeinflusst sein könnten. Der Vatikan als spirituelles Zentrum der katholischen Kirche wird von der chinesischen Regierung mit großer Skepsis betrachtet. Ein bedeutender Punkt der Auseinandersetzung liegt im Spannungsverhältnis zwischen der sogenannten Patriotischen Katholischen Vereinigung Chinas und der sogenannten Untergrundkirche.
Die Patriotische Vereinigung wurde vom chinesischen Staat ins Leben gerufen, um die katholische Kirche innerhalb der Landesgrenzen staatlich zu kontrollieren und von der päpstlichen Autorität unabhängig zu machen. Demgegenüber stehen katholische Gläubige, die sich dem Vatikan verpflichtet fühlen und heimlich den Papst anerkennen. Dieses Dualismus führt dazu, dass der Vatikan und China bislang keine formellen diplomatischen Beziehungen unterhalten. Gespräche über eine Annäherung, wie das sogenannte Provisorische Abkommen von 2018, das eine teilweise Einigung über die Ernennung von Bischöfen brachte, konnten die Spannungen nur begrenzt entschärfen. Der neue Papst wird vor der Herausforderung stehen, diese fragile Balance zu navigieren.
Seine Autorität und spirituelle Führung wird von der chinesischen Regierung als potenzielle Bedrohung wahrgenommen, die sich nicht mit der Kontrolle durch den Staat vereinbaren lässt. Die Religion spielt in der KPCh eine bedeutende Rolle, wird jedoch immer durch die Linse der politischen Kontrolle und ideologischen Ausrichtung betrachtet. Die enge Verbindung zwischen Religion und äußerer Einflusspolitik wird von Peking misstrauisch wahrgenommen, besonders wenn der religiöse Führer aus einem nicht-kommunistischen Land stammt und internationale Vernetzungen besitzt. Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung Chinas gegenüber dem neuen Papst liegt in der Geschichte der Beziehungen beider Seiten. Der Vatikan hat sich wiederholt für Menschenrechte und religiöse Freiheit in China ausgesprochen, was in der chinesischen Führung als Einmischung in die inneren Angelegenheiten verstanden wird.
Vor allem aktuelle Herausforderungen wie die Behandlung der uigurischen Minderheit oder Einschränkungen religiöser Praxis bei anderen Glaubensgemeinschaften haben das Misstrauen gegenüber westlichen Institutionen verstärkt. Der Vatikan befindet sich hier in einem schwierigen Spannungsfeld zwischen dem Eintreten für Glaubensfreiheit und der diplomatischen Zurückhaltung, die jedoch nicht immer auf Verständnis stößt. Auch ideologisch unterscheiden sich der Papst und das kommunistische Regime grundlegend. Der Vatikan propagiert Werte wie Menschenwürde, individuelle Freiheit und universelle moralische Prinzipien, die sich nicht leicht mit der KPCh-Ideologie, die zentralisierte Machtfülle und Kontrolle fokussiert, vereinbaren lassen. Die Rolle des Papstes als moralische Instanz, die Autorität über viele Gläubige ausübt, kontrastiert stark mit der chinesischen Parteiführung, die keine andere Autorität außerhalb des Staates toleriert.
Diese Konflikte um Identität und Souveränität sind der Grundstein des aktuellen Spannungsverhältnisses. Pope Franziskus, der kürzlich verstorbene Pontifex, hatte immer einen besonderen Wunsch, China zu besuchen und Beziehungen zu verbessern. Trotz seiner Bemühungen und diplomatischer Annäherungen blieb dieser Wunsch unerfüllt, da China die Einreise verweigerte oder Bedingungen stellte, die der Vatikan nicht vollständig erfüllen konnte. Diese Unzugänglichkeit Chinas wird sich unter dem neuen Papst wahrscheinlich nicht ändern, solange die politischen Bedingungen unverändert bleiben. Die Zukunft der katholischen Kirche in China hängt maßgeblich davon ab, wie der Vatikan und die chinesische Regierung einen neuen modus vivendi finden können.
Während auf der einen Seite der Papst seine Rolle als spirituelles Oberhaupt wahrnehmen möchte, strebt China danach, jede fremde Einflussnahme auf religiöse Organisationen innerhalb seiner Landesgrenzen zu verhindern. Dieses vermeintliche Dilemma ist schwer zu lösen, da die Glaubensfreiheit auf der einen und die staatliche Souveränität auf der anderen Seite in direktem Widerspruch stehen. Zudem spielen auch geopolitische Aspekte eine Rolle. Der wachsende Einfluss Chinas auf globaler Ebene macht die Positionen gegenüber internationalen Institutionen und Führungsfiguren komplexer, und religiöse Autoritäten werden oft im Kontext größerer strategischer Spielzüge betrachtet. Der Vatikan, der viele internationale Partnerschaften pflegt, steht hier vor der Herausforderung, eine diplomatische Balance zwischen China und anderen Nationen zu wahren.
Zusammenfassend ist klar, dass der neue Papst auf eine große Herausforderung zusteuert, wenn es um eine offizielle Anerkennung und Akzeptanz in China geht. Die tief verwurzelten politischen, ideologischen und historischen Differenzen sind Hindernisse, die nicht leicht überwunden werden können. Solange China seine strenge Kontrolle über religiöse Organisationen beibehält und die autoritäre Führung des Landes religiöse Autoritäten außerhalb des Staats nicht anerkennt, wird der neue Papst wohl nicht willkommen sein. Die katholische Kirche in China bleibt damit ein politisch und gesellschaftlich sensibler Brennpunkt, der noch lange die Aufmerksamkeit von Gläubigen und Politikern weltweit auf sich ziehen wird.