In der kargen Wüstenlandschaft Arizonas, unweit von Phoenix, entsteht ein Fabrikkomplex, der kaum Aufmerksamkeit in der breiten Öffentlichkeit erhält, dessen Bedeutung jedoch weit über die Grenzen der USA hinausreicht. Hier baut die Taiwan Semiconductor Manufacturing Company (TSMC) eine höchst geheime Chipfabrik, die einen entscheidenden Wendepunkt in der globalen Halbleiterindustrie markiert. Die Anlage mit dem Namen "Fab 21" könnte schon bald zur zentralen Säule der technologischen und wirtschaftlichen Vorherrschaft der Vereinigten Staaten werden – und gleichzeitig zeigt sie die tiefgreifenden Widersprüche im America-First-Plan von Donald Trump auf. TSMC ist der weltweit größte und bedeutendste Hersteller für fortschrittliche Halbleiterchips und produziert etwa 90 Prozent der komplexesten Mikrochips global. Bis vor Kurzem war ihre gesamte Produktion im Gebiet Taiwans konzentriert, einem Inselstaat nur wenige hundert Kilometer vor der Küste Chinas.
Genau dieser geographische Umstand trägt zu einer konstanten geopolitischen Spannung bei, da China Taiwan als Teil seines Territoriums betrachtet, Taiwan hingegen einen eigenständigen Staat repräsentiert. Die Präsenz einer hochmodernen Chipfabrik in Arizona bedeutet somit nicht nur eine wirtschaftliche Verschiebung, sondern auch einen strategischen Schutzwall gegen geopolitische Risiken und mögliche Lieferkettenkrisen. Die Produktion der von TSMC hergestellten Chips ist so komplex und geheimnisvoll, dass die Fabrik als eines der am stärksten bewachten Industrieareale der Welt gilt. Mitarbeiter dürfen keine privaten Geräte oder Notizen mit in den Produktionsbereich nehmen, um die hochsensiblen Designs vor Spionage zu schützen. Die Mikrochips, die in diesen Fabriken gefertigt werden – darunter jene, die in iPhones, Computern und hochentwickelten Künstlichen-Intelligenz-Systemen wie ChatGPT eingesetzt werden – basieren auf Milliarden kleiner Transistoren, die auf einer winzigen Siliziumscheibe mittels Lithografieverfahren zusammengesetzt werden.
Mit modernster Technologie wie extrem ultraviolettem Licht (EUV) werden Schichten mit Tausenden Arbeitsschritten übereinandergelegt, um eine 4-Nanometer-Struktur zu schaffen – der derzeit fortschrittlichste Standard. Die Errichtung dieser Anlage in den USA entspricht einem politischen Ziel von Donald Trump, der wiederholt beklagte, dass die Vereinigten Staaten ihre Vormachtstellung in der Chipfertigung an Taiwan verloren hätten. Trump bezeichnet den TSMC-Fabrikstandort in Arizona als einen sichtbaren Erfolg seiner Wirtschaftspolitik, welche auf der Androhung von Strafzöllen beruhte, um internationale Unternehmen zu bewegen, Produktion zurück in die USA zu verlagern. Die geplante Erweiterung der Fabrik um weitere Investitionen in Höhe von rund 100 Milliarden Dollar interpretiert er als Beweis dafür, dass seine Strategie wirkt. Doch hinter diesem Erfolg liegt eine ironische Zwickmühle.
Während der America-First-Plan darauf abzielt, Produktion und technologische Entwicklung in den USA zu konzentrieren, erfordert die Herstellung von Halbleitern ein hochgradig globales Netzwerk spezialisierter Zulieferer. Die komplexen Fertigungsanlagen stammen beispielsweise von einem niederländischen Unternehmen, ASML, das weltweit einzigartige Lithografiemaschinen liefert. Außerdem sind Rohstoffe wie Siliziumwafer, Chemikalien und andere Materialien aus unterschiedlichen Ländern essenziell für die Produktion. Die globale Vernetzung der Lieferketten lässt sich nicht durch einfache protektionistische Maßnahmen wie Zölle lösen. Der Standort Arizona ist daher nicht nur ein Symbol wirtschaftlicher Wiederbelebung, sondern auch Beweis für die Grenzen des nationalistischen Ansatzes.
Die Produktion hochmoderner Chips ist ein Zusammenspiel internationaler Technologien, Expertenwissen und Lieferketten, das sich nicht effizient national isolieren lässt. Die TSMC-Manager betonen, dass es noch keinen Ort auf der Welt gäbe, der alle Produktionsschritte von Rohmaterial bis zum fertigen Chip autonom leisten könne. Darüber hinaus reflektiert die Fabrik auch eine wichtige strategische Antwort auf globale Risiken wie die COVID-19-Pandemie, die Schwachstellen in der internationalen Lieferkette offenbart hat. Zu sehr ist die Weltwirtschaft bisher auf wenige Produktionsstandorte konzentriert gewesen, was sie verwundbar macht gegenüber politischen Spannungen, Naturereignissen oder anderen Krisen. Die Präsenz der Chipfabrik in den USA schafft auch eine Schutzmaßnahme für die amerikanische Wirtschaft und Wissenschaft gegenüber der immer weiter voranschreitenden technologischen Aufholjagd Chinas.
Die USA haben in den letzten Jahren versucht, den Export sensibler Technologien zu China zu beschränken und so einen Technologievorsprung zu bewahren. Dazu gehören Exportverbote für spezielle Fertigungsmaschinen und das Verbot bestimmter Chip-Technologien in Zusammenarbeit mit chinesischen Unternehmen wie Huawei. Taiwan wiederum setzt auf sein sogenanntes "Silicon Shield" als Verteidigung – eine Strategie, in der die Einzigartigkeit der taiwanesischen Halbleiterindustrie als Abschreckung gegen militärische Angriffe gilt. Gleichzeitig zeigen Stimmen aus der Technologiebranche in China, dass diese Sanktionen und Verbote potenziell eine gegenteilige Wirkung entfalten könnten. Indem sie vom globalen Markt ausgeschlossen werden, müssten chinesische Firmen zunehmend eigene Kompetenzen aufbauen.
Bill Gates kommentierte jüngst, dass die US-Sanktionen und der Technologiebeschränkungen China geradezu antreiben, noch schneller und eigenständiger in der Chipforschung und -produktion voranzukommen. Im Zentrum all dieser Entwicklungen steht eine Art technologisches Wettrüsten, in dem TSMCs Fabrik in Arizona als Schlüsselfaktor gesehen wird. Sie vereint modernste Forschung, industrielle Präzision und geopolitische Strategie in einem. Die Verschiebung von Produktion nach Amerika ist einerseits ein Zeichen von Erfolg für protektionistische Politiken, andererseits offenbart sie die Unmöglichkeit, hochkomplexe Hightech-Lieferketten einfach auf einen nationalen Raum zu beschränken. Das Innere der Fabrik ist geprägt von extremster Reinheit – sauberer als viele Operationssäle und Laborräume.
Arbeiter tragen spezielle Schutzkleidung, und selbst kleinste Staubpartikel können ganze Schaltkreise zerstören. Die Fertigung dieser Hightech-Wunderwerke erfordert Investitionen und technische Raffinesse in einer Größenordnung, die weltweit nur wenige Unternehmen stemmen können. Die Arizona-Anlage ist somit zugleich ein Instrument zur wirtschaftlichen Unabhängigkeit und ein Symbol für die vernetzte Realität einer globalisierten Welt, die keine einfachen Lösungen für nationale Interessen bietet. Der Ausbau von TSMCs US-Standort ist Teil eines umfassenderen strategischen Zieles, um „nicht-rote“ Lieferketten zu etablieren, die unabhängiger von China sind. Dabei suchen demokratische Staaten wie die USA und Japan nach Wegen, kritische Technologien in sicheres Territorium zu verlagern und einander gegenüber stärker zu vernetzen.