Das Semikolon, einst ein unverzichtbares Satzzeichen in der englischen Literatur und geschriebenen Sprache, erlebt heute einen bemerkenswerten Rückgang in seiner Nutzung. Eine aktuelle Studie zeigt, dass die Verwendung des Semikolons in englischsprachigen Büchern in den letzten zwei Jahrzehnten fast halbiert wurde. Wo 2000 noch auf etwa 205 Wörter ein Semikolon kam, erscheint es heute nur noch alle 390 Wörter – ein Hinweis auf tiefgreifende Veränderungen im Ausdruck, in der Satzstruktur und möglicherweise auch im Leseverhalten der Gesellschaft. Die Entwicklung des Semikolons ist faszinierend. Erstmals wurde es 1494 von dem italienischen Gelehrten und Buchdrucker Aldus Pius Manutius der Ältere eingeführt, um einen klareren und differenzierteren Satzbau zu ermöglichen.
Sein Ziel war es, eine Pause zwischen zwei unabhängigen Satzteilen zu signalisieren, die stärker als ein Komma, aber schwächer als ein Punkt ist. Im Laufe der Jahrhunderte entwickelte sich das Semikolon zu einem stilistischen Werkzeug, das Autoren half, komplexe Gedankengänge zu strukturieren, ohne den Lesefluss zu stark zu unterbrechen. Dieses Satzzeichen hat zahlreiche berühmte Unterstützer gefunden, darunter Literaten wie Charles Dickens, Mark Twain und Jane Austen. Auch Abraham Lincoln äußerte großen Respekt für das Semikolon und bezeichnete es als „ein sehr nützliches kleines Zeichen“. In Virginia Woolfs Werk „Mrs Dalloway“ beispielsweise wurde das Semikolon besonders häufig verwendet, um die innere Gedankenwelt und den Bewusstseinsstrom ihrer Figuren hervorzuheben.
Auch moderne Autoren wie Salman Rushdie, John Updike und Donna Tartt setzen auf eine bemerkenswerte Dichte von Semikolons, was ihre Schreibweise anspruchsvoll und elegant erscheinen lässt. Auf der anderen Seite gibt es auch Stimmen, die das Semikolon ablehnen. Der verstorbene Autor Kurt Vonnegut etwa riet davon ab, denn seiner Meinung nach zeige das Semikolon nur an, dass jemand eine Universität besucht habe. Lynne Truss, die Autorin des bekannten Werkes „Eats, Shoots & Leaves“, warnte davor, dass die Gewohnheit, Semikolons zu verwenden, gefährlich süchtig machen könne. Einige populäre Werke, wie die „Goosebumps“-Reihe von RL Stine, verwenden so gut wie keine Semikolons – was durchaus den Vorlieben einer jüngeren Leserschaft entsprechen mag.
Linguistische Untersuchungen unterstützen die These, dass die semikolonhafte Satzgestaltung in der jüngeren Generation abnimmt. Eine Studie von Lisa McLendon ergab, dass etwa 67 Prozent der britischen Schüler das Semikolon selten oder gar nicht verwenden. Nur eine kleine Minderheit von 11 Prozent gab an, das Semikolon regelmäßig anzuwenden. In einem Test mit etwa 500.000 Studierenden im Londoner Raum zeigte sich zudem, dass mehr als die Hälfte nicht wusste, wie man das Semikolon korrekt benutzt.
Diese Beobachtungen werfen Fragen auf, was die Rolle der Bildung und die Weitergabe sprachlicher Fertigkeiten betrifft. Die Fähigkeit, komplexe Sätze präzise und verständlich zu formulieren, wird durch den Rückgang des Semikolons möglicherweise beeinträchtigt. Das Semikolon ist gerade dann besonders nützlich, wenn zwei unabhängige, aber thematisch verbundene Sätze in enger Beziehung zueinander gesetzt werden sollen, ohne dabei auf einen harten Punkt zurückgreifen zu müssen. Darüber hinaus trägt das Semikolon dazu bei, Missverständnisse zu vermeiden, die bei der Verwendung vieler Kommata entstehen können. Besonders bei Aufzählungen, in denen Elemente bereits durch Kommas getrennt sind, bietet das Semikolon eine klare Strukturierungshilfe.
Ohne diesen präzisen Einsatz entsteht häufig ein sogenannter Kommasalat, der das Verständnis erschwert und den Lesefluss stört. Das rückläufige Interesse am semikolonalen Ausdruck könnte auch mit einem allgemeinen Trend zur Vereinfachung und Verkürzung von Texten zusammenhängen. In Zeiten von schnellen Nachrichten, Kurzmeldungen und sozialer Medien bevorzugen viele Nutzer knappe und leicht verdauliche Satzkonstruktionen. Das komplexe und ein wenig altmodisch wirkende Semikolon wirkt da teilweise fremd oder sogar störend. Moderne Kommunikationsformen fördern Kurzsätze, klare Botschaften und verzichten auf stilistische und syntaktische Raffinessen.
Dies hat auch Auswirkungen auf die Literatur und Buchwelt. Die Analyse der Google Books Ngram Viewer-Daten verdeutlicht, dass die Benutzung des Semikolons zwischen 1800 und 2006 enorm anstieg – um mehr als 380 Prozent. Bereits 2006 begann jedoch ein rapide fallender Trend, der die Anzahl der Semikolons bis 2017 um 45 Prozent verringerte. Erst in den letzten Jahren zeichnete sich eine leichte Erholung ab, die an die sprachliche Flexibilität und Anpassungsfähigkeit von Autoren und Verlegern erinnert. Der Niedergang des Semikolons ist somit nicht das Ende eines Satzzeichens, sondern vielmehr ein Spiegel gesellschaftlicher und kultureller Veränderungen.
Es stellt sich die Frage, ob diese Entwicklung zur Verarmung sprachlicher Ausdrucksmöglichkeiten führt oder ob die etablierte Verwendung des Semikolons durch neue, funktionale Alternativen ersetzt wird. Spannend ist auch die Rolle von Bildungsinstitutionen und Sprachlernprogrammen. Die von McLendon durchgeführte Befragung zeigt den dringenden Bedarf, das Wissen um die richtige Verwendung des Semikolons wieder zu fördern. Sprachsoftware-Unternehmen wie Babbel setzen daher verstärkt auf solche Forschungen, um Lernenden komplexere Strukturen nahe zu bringen und das allgemeine Sprachverständnis zu verbessern. Die Debatte um das Semikolon berührt aber auch emotionalere Ebenen.
Es geht um ästhetische Vorlieben, das Bild von guter Schriftkultur und die Liebe zur Sprache als Kunstform. Nicht weniger als die Frage, wie wir in Zukunft kommunizieren wollen, scheint sich in der Diskussion abzuspielen. Dabei lohnt es sich, einen Blick auf prominente literarische Figuren zu werfen, die das Semikolon verehrten. Hilary Mantel ließ in ihrem Werk „A Place of Greater Safety“ den französischen Politiker Camille Desmoulins sagen, es gebe „nichts in dieser atemlosen Welt, das so befriedigend sei wie ein kunstvoll gesetztes Semikolon“. Solche Wertschätzung verweist auf die tiefe Sprachkunst, die mit diesem kleinen Zugeständnis an Komplexität verbunden ist.