Die Il-2 Sturmovik gilt als eine der bedeutendsten Flugzeuge des Zweiten Weltkriegs, die das Gesicht der Luftkriegführung an der Ostfront entscheidend prägte. Dieses schwer gepanzerte Angriffsflugzeug wurde von Sergey Ilyushin entwickelt, um den Bedürfnissen der Roten Armee entgegenzukommen, als die Wehrmacht 1941 im Zuge der Operation Barbarossa in die Sowjetunion einmarschierte. Der ikonische „Fliegende Panzer“ war speziell dafür geschaffen, deutsche Panzereinheiten und Bodentruppen zu vernichten und so die hart umkämpften Frontabschnitte zu entlasten. Das Design der Il-2 war revolutionär. Anstelle der üblichen Vorgehensweise, Panzerungen einfach zusätzlich zum Rumpf hinzuzufügen, entwickelte Ilyushin eine monocoque-Struktur, bei der der Stahlpanzer integraler Bestandteil der Flugzeugzelle war.
Diese massive Panzerung reichte von fünf bis zwölf Millimetern Dicke und schützte entscheidende Bereiche wie den Piloten, Motor, Treibstofftanks und Kühler. Besonders beeindruckend war auch die gepanzerte Glaskanzel mit etwa sechs Zentimetern dickem Panzerglas, die den Piloten vor feindlichem Beschuss schützte. Trotz einer Gesamtmasse von ungefähr zehn Tonnen erreichte die Il-2 mit ihrem AM38-Motor eine Geschwindigkeit von bis zu 400 Kilometern pro Stunde, was sie schneller machte als den damals oft eingesetzten deutschen Stuka-Tauchbomber. Bereits in den ersten Kriegstagen wurde das Potenzial der Il-2-Sturmovik deutlich. Ihre Widerstandsfähigkeit gegen Maschinengewehrfeuer von vorne machte sie zu einem Alptraum für deutsche Panzerbesatzungen und Infanteristen.
Die Fähigkeit, Bomben, Raketen und Panzerbüchsenmunition mitzuführen, erlaubte präzise Angriffe auf schwach geschützte Panzeroberseiten und Versorgungskonvois. Trotz der schweren Verluste durch Angriffe deutscher Jagdflugzeuge erwies sich das Flugzeug als unschätzbares Mittel, um den Vormarsch der Wehrmacht zu verlangsamen und schließlich zurückzuschlagen. Die ersten Versionen der Il-2 hatten noch einige Schwächen, vor allem wegen des fehlenden Heckschützen. Deutsche Kampfflieger nutzten diesen ungeschützten Bereich gnadenlos aus und verursachten verheerende Verluste unter den Il-2-Piloten. Aufgrund dessen ordnete Stalin persönlich die Entwicklung einer zweisitzigen Variante an, die seit 1942 mit einem Heckschützen ausgestattet war und über eine 12,7-mm-Maschinenkanone verfügte.
Die zusätzliche Bewaffnung trug maßgeblich dazu bei, die Angriffe feindlicher Jagdflugzeuge abzuwehren, allerdings auf Kosten von Geschwindigkeit und Manövrierfähigkeit. Die Il-2 bewies ihre Schlagkraft auf zahlreichen Schlachtfeldern, doch ihr wohl berühmtester Einsatz war während der Schlacht von Kursk 1943 – der größten Panzerschlacht der Geschichte. Hier flogen hunderte Il-2 Einsätze, um deutsche Panzerkolonnen zu verfolgen, zu vernichten und Nachschubwege zu zerstören. Die eingesetzten PTAB-Bomben – kleine panzerbrechende Sprengsätze, die wie Streubomben eingesetzt wurden – erwiesen sich als besonders effektiv, da sie großflächig mehrere gepanzerte Fahrzeuge beschädigen oder ausschalten konnten, ohne dass präzise Treffer notwendig waren. Dennoch muss die Wirksamkeit der Il-2 beim direkten Panzerabwehrkampf realistisch betrachtet werden.
Viele der gemeldeten Panzerzerstörungen erwiesen sich im Nachhinein als stark überhöht. Gründe hierfür waren unter anderem die schwierige Identifikation von zerstörten Fahrzeugen aus der Luft sowie die begrenzte Genauigkeit der eingesetzten Waffen. Panzerung oben zu durchdringen war herausfordernd und erforderte meistens sehr steile Angriffsprofile, was die Piloten zusätzlich gefährdete. Trotz der relativen Unpräzision stellte die Il-2 für Panzerverbände eine konstante Bedrohung dar. Die Anwesenheit von starken Luftangriffen störte die Beweglichkeit der deutschen Truppen, zerstörte Nachschubfahrzeuge, Artilleriestellungen und Infanterie, was indirekt die Panzerangriffe erschwerte.
Auch wenn die Il-2 primär als Bodenangriffsflugzeug eingesetzt wurde, waren ihre Piloten nicht selten gezwungen, auch Luftkämpfe zu bestreiten. Einige Il-2-Piloten erzielten mehrere Luftsiege, was angesichts der geringeren Wendigkeit und Geschwindigkeit des Angriffsflugzeugs eine bemerkenswerte Leistung darstellt. Besonders bekannt und gefeiert war der armenische Pilot Nelson Stepanyan, dessen Heldentaten zur sowjetischen Propaganda beitrugen. Die Produktion der Il-2 war ein Kraftakt der sowjetischen Industrie. Mehr als 36.
000 Maschinen wurden während des Krieges gebaut, damit ist die Il-2 eines der meistgefertigten militärischen Flugzeuge in der Geschichte. Die Fertigung musste aufgrund der heranrückenden Front mehrfach nach Osten verlegt werden, insbesondere hinter den Ural, um der deutschen Offensive zu entgehen. Die Produktionszahlen wurden kontinuierlich gesteigert, trotz erheblicher Verluste im Stellungskrieg und in den Luftkämpfen. Im Verlauf des Krieges wurde das Design der Il-2 weiterentwickelt und verbessert. Die Version Il-2M3 brachte bedeutende Änderungen, darunter mehr Panzerung speziell für den hinteren Bereich des Flugzeugs, verbesserte Flügelgeometrie und leistungsstärkere Motoren, um die durch zusätzliche Besatzung und Bewaffnung entstandenen Nachteilen auszugleichen.
Diese Modifikationen verbesserten Handling, Überlebensfähigkeit und Kampfeffektivität erheblich. Nach dem Krieg entwickelte sich aus der Il-2 der Il-10, der technisch moderner und aerodynamisch sauberer war. Mit einem stärkeren Motor und weiteren Verbesserungen setzte der Il-10 die Tradition sowjetischer Bodenangriffsflugzeuge fort und sah auch in den Konflikten der Nachkriegszeit noch Kampfeinsätze, beispielsweise im Koreakrieg. International erlangte das Konzept der Il-2 Anerkennung und beeinflusste andere Länder. Die sowjetischen Verbündeten, wie Polen, die Mongolei oder Jugoslawien, betrieben noch lange Versionen dieser Flugzeugfamilie.
Sogar westliche Luftstreitkräfte würdigten die Rolle der Il-2 in der Geschichte der Luftfahrzeuge im Bodenkampf. Was die Il-2 besonders auszeichnet, war die Kombination aus Robustheit, Bodenwirksamkeit und ihrem strategisch-taktischen Einsatz zur Unterstützung der Bodentruppen. Das Flugzeug war kein schneller, wendiger Jäger, sondern ein schwer gepanzerter Angreifer, der auch unter extremen Bedingungen arbeitete und dabei den Piloten trotz großer Gefahr eine Überlebenschance bot. Die Rolle der Il-2 bei der Niederlage Nazi-Deutschlands kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Indem sie die Feuerkraft der Wehrmacht auf der Panzerfront abschwächte und den Nachschub störte, trug sie maßgeblich zum Erfolg der Roten Armee bei.