Im Jahr 2022 geriet die Kryptobörse Gemini in den Fokus der US-Handelsaufsicht Commodity Futures Trading Commission (CFTC). Die Behörde reichte eine Klage gegen das Unternehmen ein, in der sie falsche oder irreführende Aussagen im Zusammenhang mit einem Bitcoin-Futures-Kontrakt aus dem Jahr 2017 vorwarf. Seitdem hat sich die Situation zwischen der Krypto-Plattform und dem Regulierer weiter zugespitzt. Gemini selbst erhebt schwerwiegende Anschuldigungen gegen die Vollzugsabteilung der CFTC, die sogenannte Division of Enforcement (DOE). Sie sprechen von einer „Trophäen-Jagd“ durch „lawfare“, einem juristischen Machtspiel, das vor allem dazu dienen soll, Karrieren von Amtsträgern durch medienwirksame Verfahren zu fördern, anstatt tatsächliche Rechtsverstöße aufzuklären.
Diese Auseinandersetzung wirft ein Schlaglicht auf die komplizierte Beziehung zwischen Regulierern und innovativen Branchen wie der Kryptowelt und verdeutlicht die Herausforderungen, die mit der staatlichen Kontrolle eines noch jungen und schnell wachsenden Marktes verbunden sind. Der Ursprung der Konflikte liegt in einer Whistleblower-Anzeige, die im Jahr 2017 bei der CFTC einging. Gemini wirft einem ehemaligen Mitarbeiter, Benjamin Small, vor, eine falsche und rufschädigende Beschwerde bei der Behörde eingereicht zu haben. Small, der damals als operativer Leiter bei Gemini tätig war, soll nach seiner Entlassung aufgrund von Vorwürfen rund um einen mutmaßlichen Millionenbetrug in Form von Rebate-Betrug eine Vergeltungskampagne gestartet haben. Laut Gemini war Small in einen komplizierten Handelsskandal verwickelt, bei dem unter anderem Firmen und Einzelpersonen, darunter Hashtech LLC und ihre führenden Köpfe, mit gefälschten Handelsaktivitäten Prämien erschlichen haben sollen.
Gemini gibt an, dass Small zwar damals die ungewöhnlichen Handelspraktiken genehmigt hat, seine Entlassung jedoch aufgrund dieses Vorfalls folgte. Das Verfahren, das sich aus Smalls Anzeige ergab, führte dazu, dass die CFTC ab 2018 Untersuchungen gegen Gemini aufnahm. Das Unternehmen selbst bezeichnete die Vorwürfe damals als „dubios“ und betonte, dass es keine Beweise für Manipulationsversuche am Bitcoin-Futures-Kontrakt gab, der über einen Zeitraum von 19 Monaten stabil und ordnungsgemäß gehandelt wurde. Trotz der heiklen Lage entschied sich Gemini, im Januar 2023 eine Geldstrafe von 5 Millionen US-Dollar zu zahlen, ohne die Vorwürfe anzuerkennen. Die Zahlung wurde als pragmatischer Schritt dargestellt, um den langwierigen Rechtsstreit zu beenden und sich auf die zukünftige Geschäftsentwicklung konzentrieren zu können.
In einem offenen Brief an den CFTC-Inspektor General Christopher Skinner von Mai 2024 verdeutlicht Gemini seine Kritik am Vorgehen der Vollzugsabteilung. Das Unternehmen wirft den CFTC-Anwälten vor, sich in der Suche nach einem spektakulären Rechtsfall in erster Linie von eigenen Karriereambitionen leiten zu lassen. Die Behörde habe dem Whistleblower Small und dessen fragwürdigen Behauptungen „blind vertraut“ und damit eine Untersuchung eingeleitet, die auf falschen Angaben basiere. Die Folge sei eine „rechtswidrige Waffe“ der Durchsetzungsmaßnahmen geworden, die das Vertrauen der Branche und der Öffentlichkeit beschädige. Dieser Vorwurf ist Teil einer größeren Debatte über die Rolle und Methodik von Regulierungsbehörden in der Kryptowelt.
Während einerseits der Schutz der Nutzer und die Wahrung der Marktintegrität unabdingbar sind, besteht andererseits die Gefahr, dass Behörden durch unklare oder zu aggressive Maßnahmen Innovationen behindern und sogar Unternehmen schaden, die zu Unrecht beschuldigt werden. Gemini sieht sich als Opfer eines Systems, in dem Strafverfolgung zu Karrieremechanismus und „Lawfare“ degeneriert. Bemerkenswert ist auch die Reaktion der amtierenden CFTC-Vorsitzenden Caroline Pham, die in einer Stellungnahme aus dem Mai 2024 die Notwendigkeit einer grundlegenden Reform der Division of Enforcement betonte. Sie sprach von „dubiosen Vollzugsaktionen“ in der Vergangenheit und kündigte eine langfristige Umgestaltung an, die auch die Unabhängigkeit und Qualität der Verfahren verbessern soll. Für Gemini ist dies ein positiver Schritt, doch das Unternehmen verlangt eine ernsthafte und nachhaltige Aufarbeitung, um sicherzustellen, dass Vorwürfe künftig nur noch auf soliden Grundlagen beruhen und nicht durch persönliche Karriereinteressen motiviert werden.
Der Fall Gemini gegen die CFTC illustriert exemplarisch die Herausforderungen, denen sich Regulatoren und Krypto-Börsen gegenübersehen. Die Kryptoindustrie ist geprägt von schnellem Wachstum, technischen Neuerungen und oftmals unklaren rechtlichen Rahmenbedingungen. Fehlende oder widersprüchliche Informationen erschweren es, transparente und faire Bedingungen für alle Marktteilnehmer zu schaffen. Zugleich sind regulatorische Maßnahmen, die drastisch und teilweise unbegründet sind, fatal, da sie das Vertrauen und das Wachstum dieser noch immer jungen Branche hemmen können. Aus Investorensicht sind solche Streitigkeiten beunruhigend.
Einerseits ist eine funktionierende Aufsicht notwendig, um Marktmanipulation, Betrug und Missbrauch zu verhindern. Andererseits riskieren XXL-Strafzahlungen und juristische Schlammschlachten die finanzielle Stabilität und Reputation von Unternehmen, die einen wichtigen Beitrag zur Infrastruktur des neuen Finanzwesens leisten. Gemini spielte dabei als eine der größten und bekanntesten Kryptobörsen der USA eine Vorreiterrolle in der Integration von Krypto in den Finanzmainstream. Auch die juristische Dimension des Falles ist interessant. „Lawfare“, also der strategische Einsatz von Rechtsmitteln zur Durchsetzung von politischen oder karrierefördernden Zielen, ist ein Phänomen, das weit über den Finanzsektor hinaus bekannt ist.
Gemini erhebt den Anspruch, dass gerade in der Krytowelt die Folgen solcher Praktiken besonders negativ ins Gewicht fallen, da sie Innovationen verdrängen und das oft fragile Vertrauen in die Branche unterminieren. Abschließend zeigt die Kontroverse um Gemini und die CFTC, wie wichtig es ist, in der Regulierung der Kryptowährungen eine Balance zu finden. Effektiver Verbraucherschutz und rechtssichere Standards müssen mit der Innovationskraft und den Besonderheiten der digitalen Vermögenswerte in Einklang gebracht werden. Dabei spielt Transparenz der entscheidenden Akteurinnen und Akteure, wie auch die Vermeidung von Machtmissbrauch innerhalb der Behörden eine bedeutende Rolle. Gemini signalisiert seine Bereitschaft, an einer konstruktiven Zusammenarbeit mit der Behörde mitzuwirken, um künftige Konflikte zu vermeiden und eine vertrauensvolle Basis für die Weiterentwicklung der Branche zu schaffen.
Der Ausgang dieses Konflikts wird wegweisend sein für die künftige Gestaltung der Regulierung in der Kryptoindustrie und könnte als Beispiel für andere Jurisdiktionen dienen, die vor ähnlichen Herausforderungen stehen. Regulierungsbehörden müssen lernen, wie sie ihre Vollzugsmaßnahmen mit Bedacht und Fairness gestalten, während Unternehmen gleichzeitig offen und kooperativ agieren sollten, um die Weiterentwicklung eines dynamischen und gleichzeitig sicheren Marktes zu ermöglichen.