Der Aufstieg vom Chief Operating Officer (COO) zum Chief Executive Officer (CEO) gehört zu den bedeutendsten Karriereschritten innerhalb eines Unternehmens. Trotz der vermeintlichen Nähe der beiden Positionen ist der Wechsel keine bloße Beförderung, sondern eine tiefgreifende Transformation in Führungsaufgaben, Perspektiven und Erwartungen. Die jüngsten Erfahrungen von Führungspersönlichkeiten aus renommierten Unternehmen wie Chipotle, Ancestry.com und Xerox verdeutlichen die Komplexität und Anforderungen, die mit dieser Rolle einhergehen. Dabei zeigt sich eine kalte Realität, die nicht jeden vorbereitet oder gewappnet ist für die Herausforderungen an der Spitze.
Ein herausragendes Beispiel ist Scott Boatwright, der nach sieben Jahren als COO und der Nachfolge von Brian Niccol bei Chipotle zum CEO aufstieg. Boatwright beschreibt den Übergang als kompletten Rollenwechsel: Während er zuvor als COO direkt in die operativen Abläufe eingreifen konnte, besteht seine Hauptaufgabe als CEO darin, die Ergebnisse durch andere zu steuern, Vertrauen bei Investoren aufzubauen und eine langfristige Vision für das Unternehmen zu formulieren. Die operative Expertise, die ihn als COO ausgezeichnet hat, reicht allein nicht mehr aus. Stattdessen muss er nun ein vielseitiger Stratege, Kommunikator und Entscheider sein. Die CEO-Position verlangt, dass die Führungskraft nicht nur ein profitables Unternehmen leitet, sondern auch als Gesicht des Konzerns fungiert, der gegenüber Aktionären, Mitarbeitern und Partnern authentisch auftritt und eine inspirierende Kultur vermittelt.
Dabei ist die Fähigkeit, Unsicherheiten zu akzeptieren und offen mit Wissenslücken umzugehen, von entscheidender Bedeutung. Steve Bandrowczak, der 2023 von COO zu CEO bei Xerox wechselte, betont, dass man als neuer CEO die Bereitschaft entwickeln muss, sich „unbequem zu fühlen“ und ständig zu lernen. Dieser mentale Shift ist eine zentrale Voraussetzung für eine erfolgreiche Führung auf höchster Ebene. Neben dem Persönlichkeitswandel verändert sich auch die Arbeitsweise grundlegend. Während COOs meist unmittelbaren Einfluss auf operative Prozesse ausüben, konzentrieren sich CEOs verstärkt auf das große Ganze – die Unternehmensstrategie, die Positionierung am Markt und die nachhaltige Wertsteigerung für Aktionäre.
Die tägliche Herausforderung besteht darin, nicht mehr selbst alle Hebel in der Hand zu halten, sondern andere dafür zu befähigen, ihre Aufgaben effektiv zu erfüllen und gemeinsam auf die definierten Ziele hinzuarbeiten. Ein CEO, der diese Fähigkeit nicht beherrscht, läuft Gefahr, die Kontrolle zu verlieren oder wichtige Chancen für das Unternehmen zu verpassen. Diese neue Rolle bringt selbstverständlich enorme psychologische Belastungen mit sich. Howard Hochhauser von Ancestry.com schildert, wie er nach seiner Ernennung zum CEO realisierte, dass er nun 110 Prozent seiner Zeit dem Unternehmenswachstum widmen müsse – eine Last, die alle bisherigen Rollen weit übersteigt.
CEOs stehen ständig unter Druck, Erfolge zu liefern, die Anleger zu besänftigen und gleichzeitig eine inspirierende Führungspersönlichkeit zu sein. Dieser Balanceakt erfordert ein hohes Maß an Resilienz, emotionaler Intelligenz und strategischer Weitsicht. Neben den Anforderungen in Bezug auf Führung und Strategie wird auch eine umfassende Expertise im Bereich Corporate Governance und Unternehmenskultur unabdingbar. Bandrowczak rät daher aufstrebenden Führungskräften, sich frühzeitig mit Governance-Themen auseinanderzusetzen und gezielt Führungstrainings zu absolvieren. Diese Vorbereitung hilft, die komplexen Erwartungen von Vorstand und Investoren besser zu verstehen und eine klare Linie im Umgang mit Interessengruppen zu etablieren.
In der Praxis bedeutet der Aufstieg zum CEO also auch, die eigene Komfortzone zu verlassen und sich ständig neuen Herausforderungen zu stellen. Nur wer es schafft, sich in einem stetig verändernden Umfeld zu behaupten, die richtigen Prioritäten zu setzen und sein Team konsequent zu führen, wird auf Dauer erfolgreich an der Spitze eines Unternehmens bestehen. Für viele ehemalige COOs ist der Weg in die Rolle des CEOs der wohl größte persönliche und berufliche Wandel ihrer Karriere. Abschließend lässt sich sagen, dass der Sprung vom COO zum CEO nicht nur eine neue Karriereposition, sondern eine Art persönliche Metamorphose darstellt. Die Anforderungen an Führungskompetenz, strategisches Denken und kommunikative Fähigkeiten wachsen immens.
CEOs tragen die Verantwortung nicht nur für das operative Tagesgeschäft, sondern für die langfristige Zukunft des gesamten Unternehmens. Dies macht diese Rolle zu einer äußerst anspruchsvollen und zugleich bedeutsamen Aufgabe, die gleichermaßen mit Chancen und Herausforderungen gefüllt ist. Für ambitionierte Führungskräfte ist die Bereitschaft, „unbequem zu sein“ und sich kontinuierlich weiterzuentwickeln, unerlässlich, um auf der obersten Führungsebene erfolgreich zu sein.