Die Erforschung der Gravitation ist seit jeher eine der zentralen Herausforderungen der Physik. Während Albert Einsteins allgemeine Relativitätstheorie fast ein ganzes Jahrhundert lang den Standard für das Verständnis von Gravitation und Kosmologie bildete, gibt es alternative Ansätze, die neue Perspektiven eröffnen und Fragen auf andere Weise beantworten wollen. Ein solcher bemerkenswerter Ansatz ist die Hoyle–Narlikar Theorie der Gravitation, benannt nach den Physikern Fred Hoyle und Jayant Narlikar. Diese Theorie fällt unter die Kategorie der Machschen und konformen Gravitationsmodelle und basiert auf einem philosophischen Grundprinzip, das tief in der Physik verankert ist: Machs Prinzip. Die Theorie hebt sich insbesondere dadurch hervor, dass sie eine variable Gravitationskonstante vorstellt, welche direkt von der mittleren Materiedichte des Universums abhängt.
Dies steht im Gegensatz zum festen Wert der Gravitationskonstante G in der allgemeinen Relativitätstheorie. Die Idee hinter dieser Theorie wurde zum Teil durch die Wheeler–Feynman-Absorber-Theorie für die Elektrodynamik inspiriert, bei der die Wechselwirkung zwischen Teilchen sowohl von der Vergangenheit als auch von der Zukunft beeinflusst wird. Feynman selbst berichtete, dass Albert Einstein an einer Analogie für die Gravitation arbeitete, die in eine ähnliche Richtung geht. Die Hoyle–Narlikar Theorie versucht diese Vorstellungen auf das Gravitationsfeld zu übertragen. Dabei betont die Theorie, dass Antworten auf fundamentale Fragen nur durch die Berücksichtigung des gesamten Universums sinnvoll gegeben werden können.
Das heißt, lokale physikalische Gesetze sind eng mit den Eigenschaften des restlichen Universums verknüpft. Dies ist ein realer Ausdruck von Machs Prinzip. Ein faszinierendes Merkmal dieser Theorie ist ihre Verbindung zum quasi-stetigen Zustand des Universums, dem sogenannten Quasi-Steady State Modell, das von Hoyle und Narlikar als Alternative zum klassischen Urknallmodell entwickelt wurde. Dieses Modell postuliert ein ewiges Universum, in dem Materie kontinuierlich durch sogenannte Schöpfungsfelder (C-Felder) erzeugt wird. Diese Mini-Bangs oder lokalen Schöpfungsereignisse sollen an Orten wie Quasaren stattfinden und führen zu einer stetigen Erhaltung der Materiedichte trotz der Expansion des Universums.
Diese Idee steht im starken Gegensatz zum Big Bang Modell, das ein einmaliges Ursprungsereignis beschreibt. Interessanterweise wird die kosmische Hintergrundstrahlung im Rahmen des Quasi-Steady State Modells nicht als Überbleibsel des Urknalls interpretiert, sondern vielmehr als Emission von metallischer Staubstrahlung, die aus Supernovae entsteht und die Sternenergie reflektiert. Obwohl die Hoyle–Narlikar Theorie in ihrer Ursprungsform für ein statisches oder quasi-stetiges Universum ausgelegt wurde, gab es Einwände von Stephen Hawking in den 1960er Jahren. Er zeigte, dass die Wheeler–Feynman-ähnlichen Lösungen für die Gravitation in einem expandierenden Universum Divergenzen verursachen würden, was die Konsistenz der Theorie infrage stellte. Doch mit der Entdeckung der beschleunigten Expansion des Universums und der Existenz kosmischer Ereignishorizonte hat sich diese Problematik teilweise erübrigt, da der Ereignishorizont die Divergenz begrenzt.
Die Hoyle–Narlikar Theorie reduziert sich zudem auf die allgemeine Relativitätstheorie, wenn das Universum als homogen verteilte Materielandschaft ohne zeitliche Veränderungen betrachtet wird. Somit stellt sie eine Erweiterung und tiefere Erklärung dar, die die allgemeine Relativität als Grenzfall einschließt. Kosmologische Tests, die im Rahmen der Hoyle–Narlikar Theorie durchgeführt wurden, zeigten eine teilweise Übereinstimmung mit Beobachtungen, allerdings konnte das Quasi-Steady State Modell insbesondere im Vergleich zu Daten wie dem WMAP-Resultat nicht vollständig überzeugen. Die etablierten kosmologischen Modelle, die auf dem Urknall basieren, bieten bislang eine bessere Übereinstimmung mit den genauen Messungen der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung. Dennoch besitzt die Hoyle–Narlikar Theorie wertvolle Bedeutung, insbesondere als Ausdruck eines Machschen Denkansatzes in der modernen Physik.
Sie regt zur Reflexion an über die wechselseitige Beziehung zwischen örtlichen physikalischen Gesetzen und globalen Eigenschaften des Universums. Zudem inspirieren ihre Konzepte alternative Forschungslinien, wie zum Beispiel die Betrachtung von konformen und skalar-feldartigen Gravitationswechselwirkungen. Ein weiterer interessanter Aspekt der Hoyle–Narlikar Theorie ist die Verwendung von Aktion-auf-Abstand-Prinzipien, bei denen keine lokalen Felder als Vermittler der Gravitation angenommen werden, sondern die Wechselwirkung direkt zwischen den Teilchen stattfindet, ähnlich wie im ursprünglichen Wheeler–Feynman-Modell der Elektrodynamik. Diese Sichtweise entwirft die Gravitation als eine nichtlokale Kraft, deren Wirkungen durch die gesamte Materieverteilung des Universums bestimmt sind. Im Bereich der theoretischen Physik dient die Hoyle–Narlikar Theorie somit auch als Brücke zwischen klassischer Feldtheorie und alternativen Konzepten der Quantentheorie der Gravitation.
Physiker wie Jayant Narlikar, der maßgeblich an der Entwicklung dieser Theorie beteiligt war, setzen sich bis heute für die weitere Erforschung solcher unkonventioneller Ansätze ein. Neben den theoretischen Herausforderungen wirft das Modell auch neue Fragen hinsichtlich der Energieerhaltung auf, da kontinuierliche Materieerschaffung an sich eine Verletzung klassischer Erhaltungssätze implizieren könnte. Die Hoyle–Narlikar Theorie integriert jedoch spezielle Schöpfungsfelder, die negative Energien enthalten und so eine Gesamtbilanz ermöglichen, die die Erhaltungssätze wahrt. Insgesamt illustriert die Hoyle–Narlikar Theorie der Gravitation eindrucksvoll, wie vielschichtig und komplex das Verständnis der Grundkräfte im Universum ist. Sie zeigt, dass die Physik auch jenseits etablierter Modelle Raum für neue Ideen lässt, die nicht nur mathematisch elegant, sondern auch physikalisch sinnvoll sein wollen.
Für Leser, die ein tieferes Verständnis der fundamentalen Prinzipien der Gravitation suchen, bietet die Auseinandersetzung mit der Hoyle–Narlikar Theorie spannende Einsichten und stellt eine inspirierende Alternative zu den vorherrschenden kosmologischen Paradigmen dar. Somit bleibt sie ein wichtiger Baustein in der fortwährenden Suche nach einer vollständigen und einheitlichen Beschreibung des Universums.