In der schnelllebigen Tech-Branche hat sich in den letzten Jahren eine deutliche Veränderung vollzogen, die viele Beschäftigte psychisch stark belastet. Therapeuten berichten zunehmend, dass ihre Klienten aus der Technologiebranche während der Sitzungen immer wieder auf die Figuren Mark Zuckerberg und Elon Musk zu sprechen kommen. Diese beiden Tech-Milliardäre stehen symbolisch für die neue, oft als aggressiv und autoritär wahrgenommene Unternehmenskultur in der Branche, die insbesondere bei den Mitarbeitern zu Verunsicherung, Angst und Depression führt. Historisch galt die Tech-Welt als innovativ, visionär und idealistisch. Unternehmen wie Facebook, heute Meta, waren lange Zeit mit ihrem Motto „don’t be evil“ verbunden.
Das hat sich erheblich gewandelt – heute dominieren Gewinnmaximierung, Machtstreben und ein zunehmend harscher Führungsstil. Vor allem der CEO von Meta, Mark Zuckerberg, wird in Therapiesitzungen häufig als Stellvertreter für diese radikale Veränderung erwähnt. Seine Wandelung von einem jungen Wunderkind hin zu einer Figur, die von manchen als Symbol für toxische Maskulinität und aggressive Machtpolitik gesehen wird, spiegelt den Wandel einer ganzen Branche wider. Auch Elon Musk wird immer häufiger in Gesprächen genannt. Musks offene Kooperation mit politischen Strömungen wie der zweiten Trump-Regierung hat viele Tech-Mitarbeiter irritiert.
Viele waren in die Technologiebranche eingestiegen, um die Welt durch Innovationen besser zu machen. Die politischen Verbindungen einiger Firmenlenker mit konservativen oder anti-liberalen Bewegungen stehen jedoch in Konflikt zu den Werten vieler Beschäftigten. Dieser Werteverlust führt zu inneren Konflikten, die in Therapiesitzungen offen besprochen werden. Die Angst vor Entlassungen ist mittlerweile allgegenwärtig. Die letzten Jahre waren von zahlreichen Kündigungswellen geprägt, die häufig ohne klare oder nachvollziehbare Leistungsgründe erfolgten.
Mitarbeiter berichten von einer Kultur des Schweigens am Arbeitsplatz – jeder ängstigt sich davor, Kritik zu üben oder von Führungskräften falsch verstanden zu werden. Die Sorge, „die Nächsten“ auf der Abschussliste zu sein, führt zu einem dauerhaften Zustand der Überwachung und Selbstzensur innerhalb der Teams. Diese Überwachungskultur führt auch dazu, dass viele ihre private Meinung nicht mehr teilen und sich immer mehr isolieren. Das psychologische Fachpersonal beschreibt, dass diese Umstände zu einem dramatischen Anstieg psychischer Symptome bei Tech-Mitarbeitern führen. Schlafprobleme, Appetitlosigkeit, anhaltende Erschöpfung, Reizbarkeit, körperliche Schmerzen und sogar sexuelle Funktionsstörungen sind zunehmend berichtete Symptome.
Beziehungen leiden unter dem Stress, da Betroffene weniger tolerant und emotional verfügbar sind. Die mentale Belastung isoliert die Menschen, die sich oft nur noch in ihrer Therapie-Situation offen zeigen können. Um mit dem Stress umzugehen, greifen viele Beschäftigte neben konventioneller Therapie auch auf alternative Stressbewältigungsmethoden zurück. Meditation, der Konsum von Cannabis, Alkohol oder neueren Substanzen wie Ketamin finden zunehmenden Zuspruch – allerdings oft ohne nachhaltige Entlastung. Sogar vermehrt berichten Therapeuten von ungewöhnlichen Ventilen für den aufgebauten Frust, beispielsweise dem gemeinschaftlichen Karaoke-Singen, als eine Form emotionaler Entlastung.
Die Kulturwende in großen Technologieunternehmen nimmt viele Tech-Mitarbeiter emotional gefangen. Die früher positiven und engagierten Einstellungen gegenüber ihrem Arbeitgeber verwandeln sich zunehmend in Desillusionierung. Unternehmen spenden mittlerweile an Zwecke, die den eigenen Überzeugungen der Mitarbeiter widersprechen. Zorn und das Gefühl der Betrugenschaften sind deshalb weit verbreitet. Mitarbeiter fragen sich verstärkt nach dem Sinn ihrer Arbeit und dem Zweck, den ihre Leistungen wirklich erfüllen.
Die Einbindung von Tech-Konzernen in politische Streitfragen verstärkt die Unsicherheit. Insbesondere die Zusammenarbeit einiger Firmenlenker mit konservativen Regierungen und deren Politik gegen gesellschaftliche Errungenschaften wie Vielfalt und Inklusion, führt zu einem Vertrauensverlust gegenüber der eigenen Branche. Dieses Gefühl des moralischen Verrats belastet nicht nur die junge Generation der Tech-Mitarbeiter, sondern auch erfahrene Angestellte, die sich mittlerweile fremd in ihren einst geliebten Unternehmen fühlen. Die Angst vor negativen Konsequenzen bei Kritik an Führung oder Firmenpolitik sorgt für eine starre Unternehmenskultur, in der Mitarbeiter sich zunehmend unsicher fühlen. Diese Angst wirkt lähmend und behindert eine offene Kommunikation und Kreativität – Werte, die eigentlich das Rückgrat der Technologiearbeit darstellen sollten.
Der Mangel an psychologischer Sicherheit führt in vielen Fällen zu einem Rückzug und einer inneren Resignation. Vor allem jüngere Tech-Angestellte suchen daher vermehrt externe Räume der Sicherheit, um ihre Gedanken und Sorgen zu teilen. Online-Foren wie „Blind“ bieten eine anonyme Plattform für den Austausch über Ängste vor Kündigung, Konflikte im Job oder den Umgang mit dem Stress der Arbeitsumgebung. Dort wächst die Zahl der Diskussionen zu Stress, Unsicherheit und den Auswirkungen der immer autoritärer werdenden Firmenkulturen schnell. In individuellen Therapiesitzungen offenbaren viele Tech-Mitarbeiter eine tiefe Unsicherheit hinsichtlich ihrer beruflichen Zukunft.
Ihre Bindung an die Unternehmen wird durch Unsicherheit und Kontrollverlust erschüttert. Das Gefühl, fremdbestimmt und in einem ständigen Modus des Überlebens zu sein, dominiert ihren Alltag. Geldreserven werden aufgebraucht, während die Loyalität zu Unternehmen schwindet. Einige planen bereits den Wechsel zu neuen Arbeitgebern, suchen dabei allerdings oft Kompromisse, da finanzielle Sicherheit dringlicher scheint als ideale Arbeitsbedingungen. Viele Beschäftigte blicken nostalgisch auf Zeiten zurück, in denen Unternehmenskultur bedeutete, seine volle Persönlichkeit am Arbeitsplatz einbringen zu können.
Doch diese Zeiten scheinen vorbei zu sein. Heute gilt das Motto „Bring your whole self to work“ oftmals nur noch als leeres Versprechen, das vor allem für das Recruiting dient. Unterstützung und Rückhalt bei politischen oder gesellschaftlichen Konflikten bleiben hingegen oft aus. Diese Doppelmoral führt zu einem tiefen Gefühl der Enttäuschung bei vielen Mitarbeitern engagierter Gruppen. Der Umgang mit diesen Herausforderungen bleibt für Therapeuten schwierig.
Sie sehen, dass viele Patienten ihre Situation als nahezu ausweglos wahrnehmen. Einerseits erkennen sie viele der Befürchtungen als gerechtfertigt an, andererseits befürchten die Therapeuten, dass die emotionale Belastung und das Pessimismusgefühl der Betroffenen sie daran hindern, aktiv nach Lösungen zu suchen und Veränderungen anzustreben. Ein zentrales Problem bleibt die mangelnde psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz. Mitarbeiter befürchten Repressalien, wenn sie offen Kritik äußern oder ihre Positionen verteidigen. Dieses Klima wirkt lähmend und steht im Widerspruch zu den eigentlichen Idealen der Tech-Branche, die sich traditionell als progressiv und offen versteht.
Die Notwendigkeit, Schuldgefühle und Angst im Stillen zu verarbeiten, führt zu einem Gefühl der Isolation und des Alleinseins. Die umfassende Situation weist auf eine dringend erforderliche kulturelle Wende in der Technologiebranche hin. Unternehmen sollten die Signale ernst nehmen und nachhaltige Maßnahmen ergreifen, um ein Arbeitsumfeld zu schaffen, das psychische Gesundheit fördert, Vielfalt und individuelle Ausdrucksfähigkeit ernst nimmt und Mitarbeiter in Entscheidungen einbindet. Nur so können sie das Vertrauen ihrer Belegschaft zurückgewinnen und einer weiteren Eskalation der psychischen Belastungen entgegenwirken. Für Tech-Mitarbeiter ist es wichtig, sich eine gesunde Balance zwischen Beruf und Privatleben zu erarbeiten sowie Unterstützung durch Fachleute und sichere Räume zu suchen, in denen sie offen über Sorgen sprechen können.
Nur so lässt sich das Gefühl der Hilflosigkeit überwinden und eine positive Perspektive für die Zukunft entwickeln.