Viele Verbraucher sind zunehmend besorgt über die Auswirkungen ihrer Ernährung auf das Klima. Ein häufig diskutiertes Thema ist dabei der sogenannte „Food Mile“-Effekt – also die Entfernung, die Lebensmittel vom Anbauort bis zum Esstisch zurücklegen. Intuitiv vermuten viele, dass je länger die Strecke, desto größer die Umweltbelastung durch Treibhausgasemissionen. Diese Annahme stimmt jedoch nicht vollständig. Aktuelle Forschungen und umfassende Datenanalysen zeigen, dass der Transport von Lebensmitteln einen vergleichsweise kleinen Anteil des gesamten CO2-Fußabdrucks der Nahrungsmittelversorgung ausmacht.
Insbesondere spielt dabei die Art des Transportmittels eine entscheidende Rolle. Die meisten Nahrungsmittel werden per Schiff transportiert – ein äußerst effizientes und emissionsarmes Verkehrsmittel, welches deutlich weniger CO2 ausstößt als der Luft- oder Straßenverkehr. Während der Transport mit dem Flugzeug pro Kilogramm Lebensmittel fast fünfzigmal mehr Emissionen verursacht als der Seetransport, sind Lastwagen immerhin zwanzigmal emissionsintensiver als Frachtschiffe. An dieser Stelle ist es wichtig zu verstehen, dass die größten Umweltbelastungen in der Landwirtschaft selbst entstehen – durch Energie- und Düngemitteleinsatz, Methanemissionen bei der Tierhaltung, Landnutzungsänderungen und andere Produktionsprozesse. Deshalb sollte der Fokus für eine klimafreundlichere Ernährung primär darauf liegen, welche Lebensmittel gegessen werden und wie sie produziert wurden, und weniger darauf, wie weit sie transportiert wurden.
Ausnahmefälle bilden stark verderbliche Lebensmittel wie einige Obst- und Gemüsesorten oder spezielle Fischarten, die wegen ihrer Frische oft in Flugzeugen transportiert werden. Hier können die Transportemissionen einen merklichen Anteil am Gesamtfußabdruck haben. Dennoch ist ihr Anteil am gesamten Nahrungsmittelmarkt vergleichsweise gering. Viele Verbraucher glauben außerdem, dass der Kauf lokaler Produkte automatisch klimafreundlich ist. Das ist jedoch eine Vereinfachung.
Regional angebaute Lebensmittel erhalten zwar kurze Transportwege, jedoch können lokale Produktionsmethoden oder saisonale Einschränkungen dazu führen, dass die Umweltfreundlichkeit leidet. Beispielsweise können Tomaten im Winter aus beheizten Gewächshäusern mehr Energie verbrauchen als importierte im Freiland gewachsene Produkte. Daher lohnt sich der differenzierte Blick auf das gesamte System, statt den Fokus nur auf die „Food Miles“ zu legen. Globale Lieferketten und der internationale Handel tragen dazu bei, dass Lebensmittel wirtschaftlich und ressourcenschonend produziert und verteilt werden können. Der Seetransport sorgt dafür, dass große Mengen an Nahrungsmitteln über weite Strecken mit vergleichsweise geringem CO2-Ausstoß transportiert werden können.
Deshalb sind Diskussionen um eine ausschließlich lokale Ernährung teilweise nicht zielführend und können sogar kontraproduktiv wirken. Für Verbraucher ist es daher ratsam, den eigenen Speiseplan emissionsbewusst zu gestalten, indem bevorzugt pflanzliche Lebensmittel und saisonale Produkte verzehrt werden. Auch die Reduktion von tierischen Produkten, die in der Produktion besonders hohe Emissionen verursachen, trägt deutlich mehr zur Reduzierung des persönlichen CO2-Fußabdrucks bei als ein Verzicht auf importierte Ware. Zusätzlich sind Maßnahmen wie die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung ein entscheidender Hebel, um die Umweltbelastung durch Ernährung insgesamt zu verringern. Zusammengefasst verdeutlichen moderne Studien, dass die Transportemissionen in der globalen Lebensmittelversorgung nur etwa 5 Prozent des gesamten CO2-Ausstoßes ausmachen.
Die häufig wahrgenommene Rolle der „Food Miles“ wird damit relativiert, denn der Energieverbrauch und die Emissionen bei der Produktion haben weitaus größeren Einfluss auf das Klima. Für eine wirkungsvolle Klimaschutzstrategie in der Ernährung ist daher die Wahl der Lebensmittel sowie deren Anbaumethoden wesentlich bedeutender als die reine Reiseentfernung. Nachhaltige Ernährungspolitik und individuelles Verbraucherverhalten sollten sich dementsprechend auf diese Faktoren konzentrieren, um wirklich positive Effekte für Umwelt und Klima zu erzielen.