Das US Copyright Office, eine zentrale Behörde innerhalb der Library of Congress, ist in den vergangenen Tagen zum Schauplatz eines beispiellosen Machtkampfes geworden. Im Mittelpunkt steht die überraschende Absetzung der seit 2020 amtierenden Leiterin Shira Perlmutter, die innerhalb der Trump-Administration entfernt wurde – ein Schritt, der sowohl Rechtskreise als auch politische Beobachter zutiefst beunruhigt. Kurz nach Perlmutters Entlassung traten zwei Männer auf, die sich als von der Trump-Regierung ernannte neue Führungskräfte des Copyright Office ausgaben, jedoch daran gehindert wurden, das Gebäude zu betreten. Die Ereignisse werfen bedeutende Fragen hinsichtlich der rechtlichen Zuständigkeiten und der politischen Einflussnahme bei einer Institution auf, die eine Schlüsselrolle im Schutz geistigen Eigentums in den Vereinigten Staaten spielt. Die Hintergründe der Entlassung und Neuernennungen Shira Perlmutter war seit 2020 die Register of Copyrights und damit die oberste Leiterin der US-Urheberrechtsbehörde.
Ihre Amtszeit wurde als stabil und von großer fachlicher Expertise geprägt bewertet. Doch im Mai 2025 wurde sie abrupt entlassen, nur einen Tag nachdem die Behörde einen vorläufigen Bericht veröffentlichte, der Bedenken bezüglich der Nutzung urheberrechtlich geschützter Werke zu Trainingszwecken von Künstlicher Intelligenz (KI) äußerte. Diese Veröffentlichung galt als eine der ersten klaren offiziellen Stellungnahmen, die den Umgang mit urheberrechtlich geschützten Daten im KI-Bereich kritisch beleuchtete – ein Thema von enormer Relevanz und umstrittenen Rechtsfragen. Im Anschluss an Perlmutters Entlassung traten zwei Männer mit Dokumenten auf, die ihre Ernennung durch das Weiße Haus als neue Führungskräfte des Copyright Office belegen sollten. Brian Nieves stellte sich als neuer stellvertretender Bibliothekar vor, während Paul Perkins erklärte, der neue amtierende Direktor und zugleich Register of Copyrights zu sein.
Doch trotz ihrer vorgelegten Papiere wurden beide vom Sicherheitspersonal der Behörde am Betreten des Gebäudes gehindert. Die Capitol Police dementierte allerdings, dass es zu einer gewaltsamen Wegweisung gekommen sei. Juristische Sicht: Kann das Weiße Haus den Register of Copyrights absetzen? In juristischen Kreisen wurde die Absetzung Perlmutters als äußerst fragwürdig eingestuft. Nach geltendem Gesetz wird die Register of Copyrights von der Bibliothekarin des Kongresses ernannt und kann nicht direkt durch den Präsidenten oder die Exekutive entfernt werden. Die Librarian of Congress selbst, die derzeit von Carla Hayden vertreten wird, ist die leitende Führungskraft der Library of Congress, zu der auch das Copyright Office gehört.
Die Entlassung Perlmutters durch das Weiße Haus stellt somit einen rechtlichen Präzedenzfall dar, der auf heftige Kritik stieß. Meredith Rose, eine erfahrene Rechtsberaterin einer auf geistiges Eigentum spezialisierten Non-Profit-Organisation, betonte: Die rechtliche Autorität des Präsidenten, die Register of Copyrights zu entlassen, sei praktisch nicht vorhanden. Diese Einschätzung wird von zahlreichen Experten geteilt und weist auf eine umfassende institutionelle Wirrenlage hin. Gleichzeitig gab es gemischte Signale von Seiten des Kongresses, der sich mit dem Weißen Haus abstimmt und noch keine endgültigen Weisungen zum weiteren Vorgehen in dieser Personalfrage gegeben hat. Die Rolle des Bibliothekars des Kongresses und der angebliche Ersatz Besonders brisant wird die Situation durch die Nachfolgefrage bei der Leitung der Library of Congress.
Nach der Entlassung der langjährigen Bibliothekarin des Kongresses, Carla Hayden – die erste Frau und erste afroamerikanische Person in dieser Position – wurde von Seiten des Justizministeriums angekündigt, dass Todd Blanche, ein ehemaliger Rechtsanwalt von Donald Trump, nun die Rolle des amtierenden Bibliothekars übernehmen solle. Diese De-facto-Umpositionierung erfolgt ohne vorherige Einigung oder Zustimmung durch den Kongress, der bei solchen Ernennungen eine wesentliche Rolle spielt. Robert Newlen, der bisherige stellvertretende Bibliothekar, der interimsmäßig das Amt innehatte, widersprach der Neuernennung in einer internen E-Mail an Mitarbeitende des Hauses und betonte, dass noch keine offizielle Anweisung zur Veränderung vonseiten des Kongresses vorliege. Die widersprüchlichen Meldungen und Personaldekrete erzeugen somit ein Klima der Unsicherheit und Spaltung innerhalb einer sonst als eher administrativ arbeitenden Institution. Die Kontroverse um den Umgang mit Urheberrecht und Künstlicher Intelligenz Die brisante Personalie fällt in eine Zeit tiefgreifender technologischer Umwälzungen.
Die rasante Entwicklung von Künstlicher Intelligenz und maschinellem Lernen stellt das Urheberrecht weltweit vor Herausforderungen. Viele Unternehmen in der Tech-Branche argumentieren, dass sie eine Ausnahme vom Urheberrecht nach dem Fair-Use-Prinzip beanspruchen können, wenn sie urheberrechtlich geschützte Werke zur Verbesserung ihrer KI-Modelle nutzen. Doch der von Perlmutter veröffentlichte Bericht stellte klar, dass diese Nutzung in vielen Fällen nicht fair sei, insbesondere wenn große Mengen an Werken ohne Erlaubnis für kommerzielle Zwecke verwendet werden. Die Veröffentlichung des Berichts erschien in Silicon Valley und in der gesamten Technologiebranche als wichtiger Wendepunkt. Angetrieben durch die juristischen Unsicherheiten fanden Klagen statt, an denen etwa prominent die New York Times beteiligt ist, die OpenAI wegen Urheberrechtsverletzungen verklagt, weil seine KI-Modelle auf den Inhalten der Zeitung trainiert wurden.
Die Debatte ist hochkomplex und berührt grundlegende Fragen über Eigentumsrechte in der digitalen Welt. Über die Entlassung Perlmutters wird vermutet, dass sie mit ihrer skeptischen Haltung zur uneingeschränkten Nutzung urheberrechtlich geschützter Daten durch Tech-Unternehmen in Zusammenhang steht. Einige Beobachter sprechen von einem politischen Eingriff, der die Machtverhältnisse zugunsten großer Wirtschaftsakteure verschieben soll. Die Reaktionen aus Politik und Öffentlichkeit Die politische Reaktion auf die Vorgänge war kritisch bis empört. Der Demokrat Joe Morelle, zuständiger Ausschussvorsitzender im US-Repräsentantenhaus, kritisierte das Vorgehen als einen „dreisten, beispiellosen Machtgriff ohne rechtliche Grundlage“.
Er stellte in den Raum, dass es möglicherweise auch um den Druck auf Elon Musk und andere Tech-Multis gegangen sei, die zunehmend urheberrechtlich geschützte Werke nutzen, um KI-Systeme zu trainieren. Aus der Führungsriege des Copyright Office und der Library of Congress hört man von Verunsicherung. Die Mitarbeiter sind unsicher, wer ihr tatsächlicher Vorgesetzter ist und wie sie mit den widersprüchlichen Anordnungen umgehen sollen. Die internen Kommunikationswege scheinen durch die politischen Turbulenzen gestört zu sein, was sich auf die tägliche Arbeit und die Verwaltung wichtiger registrierter Werke auswirkt. Breitere Bedeutung für das Urheberrechtssystem und die Rechtsprechung Die Vorfälle beim Copyright Office stehen symptomatisch für größere Konflikte, die sich weltweit im Bereich des geistigen Eigentums abzeichnen.
Die Versuche, große Mengen digitaler Inhalte für neue Technologien zu erschließen, führen zu einem Spannungsfeld zwischen Innovationstreibern und Schutzberechtigten. Die US-Behörde spielt dabei eine Schlüsselrolle bei der Auslegung des Fair-Use-Prinzips und der Rechtsdurchsetzung. Die öffentlichen und institutionellen Auseinandersetzungen legen offen, wie wackelig die rechtlichen Grundlagen noch sind, wenn es um den Schutz von kreativen Werken in der Ära von KI und automatisierter Verarbeitung geht. Die Frage, wer die legitime Führung des Copyright Office innehat, beeinflusst zudem die Glaubwürdigkeit und Handlungsfähigkeit der Behörde in den kommenden Jahren maßgeblich. Eine Wendung ist derweil die Bestätigung seitens des Justizministeriums, dass die beiden Männer, Nieves und Perkins, tatsächlich neue Spitzenpositionen in der Behörde eingenommen haben.
Diese Absprache zwischen Justizministerium und Weißen Haus deutet auf eine kommende Neuordnung hin, die allerdings noch mit vielen Unklarheiten verbunden ist. Die Reaktion des Weißen Hauses hingegen bleibt ausweichend. Fazit: Machtspiele, Rechtsstreit und technische Revolution unter einem Dach Das US Copyright Office befindet sich im Epizentrum eines stürmischen Machtkampfes, dessen Auswirkungen weit über die Verwaltung von Urheberrechten hinausgehen. Die Absetzung Shira Perlmutters, die durch kryptische Personalwechsel und widersprüchliche Meldungen begleitet wird, spiegelt die Verwerfungen wider, die entstehen, wenn Politik, Recht und Technologie auf dramatische Weise aufeinandertreffen. Für Kreative, Technologiekonzerne und Rechtsexperten bleibt die Situation weiter unsicher.
Die nächsten Monate werden zeigen, wie sich die institutionellen und rechtlichen Rahmenbedingungen in den Vereinigten Staaten entwickeln – und welche Rolle die US-Behörde beim Schutz geistigen Eigentums im digitalen Zeitalter zukünftig spielen wird. Die Ereignisse unterstreichen exemplarisch, dass Urheberrecht mehr denn je nicht nur eine juristische, sondern auch eine machtpolitische und gesellschaftliche Dimension besitzt.