Im Mai 2025 sorgte Robert F. Kennedy Jr., der US-Gesundheitsminister, für ein bemerkenswertes Novum in der amerikanischen Gesundheitspolitik. Er kündigte an, dass das Bundeszentrum für Seuchenkontrolle und Prävention (CDC) die Covid-19 Booster-Impfungen für gesunde Kinder und Schwangere von der offiziellen Impfempfehlung streichen werde. Diese Entscheidung stellt einen ungewöhnlichen Bruch mit bisherigen Praktiken dar und löste in Fachkreisen, Medien und der Öffentlichkeit Anlass zu intensiven Diskussionen aus.
Traditionell folgt das CDC bei der Änderung von Impfempfehlungen einem mehrstufigen und transparenten Prozess. Ein unabhängiges Beratungskomitee für Impfpraktiken, bekannt als ACIP, bewertet akribisch neue Evidenzen, hält öffentliche Sitzungen ab und veröffentlicht seine Schlussfolgerungen. Erst nach diesen Prüfungen werden Impfempfehlungen offiziell angepasst. Das nun von Kennedy getroffene Vorgehen, die Booster-Empfehlung über eine einfache Ankündigung in den sozialen Medien zu ändern, ohne sichtbare Transparenz oder den üblichen regulatorischen Ablauf, ist in der modernen US-Gesundheitspolitik beispiellos. Die Entscheidung hat zum Ziel, die Booster-Impfung für alle gesunden Kinder sowie für Schwangere von der Liste empfohlener Impfstoffe zu entfernen.
Kennedy argumentierte, dass im Jahr zuvor unter der Biden-Administration wiederholte Booster für Kinder empfohlen wurden, ohne dass ausreichende klinische Daten diese Strategie ausreichend unterstützten. Er bezeichnete die vorherige Politik als nicht evidenzbasiert und verwies auf den Mangel an belastbaren Ergebnissen für den Nutzen von wiederkehrenden Auffrischungsimpfungen bei diesen Bevölkerungsgruppen. Bedeutsam ist auch die Unterstützung, die Kennedy bei dieser Ankündigung von anderen medizinischen Führungspersönlichkeiten erhielt. Der FDA-Kommissar Dr. Marty Makary sowie Dr.
Jay Bhattacharya, Leiter der National Institutes of Health (NIH), standen an seiner Seite. Beide sind bekannte Kritiker bisheriger Covid-19-Maßnahmen und unterstreichen mit ihren Stellungnahmen eine generelle Skepsis gegenüber den bisherigen Booster-Programmen. Kritiker warnen jedoch, dass diese Entscheidung den Zugang zu Impfungen für diese Gruppen erheblich erschweren könnte. Da viele Impfungen über private Krankenversicherungen abgedeckt werden, könnte die Streichung vom offiziellen CDC-Impfplan dazu führen, dass einzelne Versicherer die Kostenübernahme verweigern. Rund die Hälfte der US-Bevölkerung ist privat krankenversichert, was bedeutet, dass diese politische Änderung direkte Auswirkungen auf die Impfbereitschaft und -verfügbarkeit haben könnte.
Fachjuristen und Expertinnen für Impfrecht äußerten sich skeptisch gegenüber dem Vorgehen, da es ungewöhnlich ist, dass der Gesundheitsminister persönlich und unilateral in eine eigentlich von Wissenschaftsgremien getragene Empfehlung eingreift. In der Vergangenheit wurden die Prozesse streng eingehalten, damit medizinische Entscheidungen wie Impfempfehlungen transparent, evidenzbasiert und revisionsfähig bleiben. Die Tatsache, dass die CDC zu diesem Zeitpunkt zudem keinen festen Direktor hatte, wird von Beobachtern als zusätzlicher Risikofaktor für diese unübliche Vorgehensweise betrachtet. Die Streichung der Booster-Empfehlung für Schwangere widerspricht zudem der bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnislage. Studien zeigen, dass Schwangere ein höheres Risiko für schwere Covid-19-Verläufe haben.
Infizierte Schwangere müssen häufiger stationär behandelt werden und benötigen öfter intensivmedizinische Versorgung. Darüber hinaus kann eine immunologische Schutzwirkung von geimpften Müttern auf ihre Neugeborenen übertragen werden. Gerade Säuglinge unter sechs Monaten gelten als besonders vulnerabel für schwere Verläufe. Diese Fakten wurden zuletzt auch in einschlägigen Fachjournalen wie dem New England Journal of Medicine bestätigt, wodurch die Streichung den eingeschlagenen wissenschaftlichen Diskurs konterkariert. Innerhalb der Politik spaltet die Maßnahme ebenfalls.
Die Trump-Administration hatte mit der Ernennung von sogenannten „Covid-Contrarians“ das Gesundheitsministerium umstrukturiert. Diese Gruppe kritisiert häufig die herkömmlichen Pandemie-Maßnahmen und stellt sich gegen gängige Impfevidenzen. Dass Kennedy an der Spitze dieser Veränderungen steht, zeigt den tiefen politisch-ideologischen Wandel, den die Pandemiepolitik in den USA genommen hat. Unter anderem verwenden konservative Republikaner die Impfkampagnen als politisches Scharnier, um die Biden-Regierung zu kritisieren. Die gesellschaftlichen Auswirkungen sind ebenfalls nicht zu unterschätzen.
Laut Umfragen haben Skepsis und Ablehnung gegenüber Covid-19-Impfungen, besonders bei politischen Wählern der Republikaner, weiter zugenommen. Entscheidungen, die den offiziellen Schutzstatus von Impfungen einschränken, können diese Tendenz weiter verstärken – zum Nachteil des öffentlichen Gesundheitsschutzes. Experten warnen, dass dadurch eine erneute Verschärfung der Infektionsgeschehen, insbesondere in vulnerablen Gruppen, drohen könnte. Die vorliegende Entscheidung erfordert daher neben der wissenschaftlichen Bewertung auch eine detaillierte rechtliche Prüfung. Impfrechtsexperten weisen darauf hin, dass die Streichung der Empfehlung ohne Einbindung der zuständigen Expertengremien zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen könnte.
Ob diese Neuausrichtung nachhaltig ist oder aufgrund von gerichtlichen Schritten und öffentlichem Druck korrigiert wird, bleibt abzuwarten. Die langfristigen Folgen von Kennedy's Entscheidung wirken sich nicht nur auf den unmittelbaren Zugang zu Covid-19-Booster-Impfungen aus. Sie symbolisiert auch eine neue Phase der Pandemie-Politik in den USA, in der politische Entscheidungen zunehmend öffentlich und unilateral getroffen werden, auch wenn sie wissenschaftlich umstritten sind. Die Art und Weise, wie künftig solche Gesundheitsentscheidungen getroffen und kommuniziert werden, steht damit auf dem Prüfstand. Während die saisonalen Covid-19-Booster in anderen Populationen weiterhin empfohlen werden, ist die Streichung für Kinder und Schwangere ein signifikanter Einschnitt.
Die zukünftige Entwicklung hängt davon ab, wie sich die Datenlage bezüglich Wirksamkeit und Sicherheit der Booster in diesen Gruppen weiterentwickelt. Parallel dazu werden auch gesellschaftliche und politische Kräfte über Erfolg oder Rücknahme dieser Maßnahme entscheiden. Insgesamt unterstreicht die Situation, wie komplex und verwoben gesundheitspolitische Entscheidungen in einer Pandemie sind. Sie erfordern ein ausgewogenes Zusammenspiel aus wissenschaftlicher Fundierung, transparenter Entscheidungsfindung und politischem Verantwortungsbewusstsein. RFK Jr.
's Schritt markiert somit nicht nur eine Veränderung in der Impfpolitik, sondern auch eine Herausforderung für den öffentlichen Diskurs rund um Gesundheitsschutz und medizinische Evidenz im 21. Jahrhundert.