Die Weihnachtszeit ist traditionell eine der umsatzstärksten Perioden für den Einzelhandel in den USA. Jahr für Jahr bemühen sich Einzelhändler, die Regale rechtzeitig vor der festlichen Saison zu füllen und von der inzwischen weltweit bekannten "Christmas Creep"-Strategie zu profitieren, bei der Weihnachtsware immer früher angeboten wird. Doch die aktuelle Situation rund um die steigenden Zölle auf chinesische Waren sorgt für Verunsicherung, die sich direkt auf die Lieferketten und die Verfügbarkeit von Produkten auswirkt. Besonders betroffen sind dabei beliebte Weihnachtsgeschenke und Dekorationsartikel, die überwiegend in China produziert werden. Die Unsicherheit über die genaue Höhe der Zölle und mögliche Handelsabkommen stellt Händler vor große Herausforderungen.
Den Konsumenten drohen steigende Preise oder sogar Engpässe im Angebot.Eine der zentralen Sorgen ist die rechtzeitige Ankunft der Ware vor Weihnachten. Elektronische Produkte, die in China hergestellt werden, müssen beispielsweise bereits Anfang September das Land verlassen, um nach Zollabfertigung und Verteilung rechtzeitig ab Ende November auf den US-Märkten lieferbar zu sein. Die komplexen und langwierigen Lieferketten machen eine schnelle Anpassung an neue Zollregelungen fast unmöglich. Viele Händler haben bereits Anfang des Jahres Bestellungen aufgegeben, doch nachdem der US-Präsident im April umfassende Zollerhöhungen angekündigt hatte – teils bis 145 Prozent auf chinesische Importe – stoppten zahlreiche Unternehmen ihre Produktionsaufträge.
Das führte dazu, dass Fabriken in China ihre Fertigung unterbrachen, Hersteller und Zulieferer wie Stahlwerke und Erzminen ebenfalls betroffen waren. Die gesamte Lieferkette kann dadurch ins Stocken geraten, und ein Wiederanlauf der Produktion ist mit erheblichen Verzögerungen verbunden.Trotz der Unsicherheit über die endgültige Zollhöhe versuchen einige Unternehmen, ihre Bestellungen schrittweise wieder aufzunehmen. Sie setzen darauf, zumindest Teile der Ware zu bekommen, um nicht mit leeren Regalen vor ihren Kunden zu stehen – was im Einzelhandel verheerende Auswirkungen haben könnte. Der Shanghai-basierte Berater Cameron Johnson erläutert, dass, wenn die Produktion in den nächsten Wochen nicht anläuft, wichtige Einkaufstermine wie der Black Friday und das Weihnachtsgeschäft kaum mehr zu retten sind.
Sowohl chinesische Produktionsstätten als auch US-Händler zeigen sich daher bemüht, flexibel zu reagieren und Kompromisse zu finden, um wirtschaftliche Verluste möglichst gering zu halten.Einige Händler lagern ihre Ware inzwischen in sogenannten Zollfreilagern ein, um die Zahlung der Zölle hinauszuzögern. Diese Praxis hilft zwar kurzfristig, die finanziellen Auswirkungen abzumildern, löst jedoch nicht das grundsätzliche Problem der erhöhten Einfuhrkosten. Besonders krass spürt das der Familienbetrieb Aldik Home aus Los Angeles, der sein gesamtes Sortiment an Weihnachtsdekoration zu mehr als 95 Prozent aus China bezieht. Bei einem Zollsatz von bis zu 145 Prozent könnte ein typischer Weihnachtsbaum, der im Vorjahr rund 1000 Dollar kostete, durchaus 2500 Dollar oder mehr kosten.
Die Konsequenz für Händler und Verbraucher sind höhere Preise, die die Margen stark belasten und Konsumenten abschrecken könnten.Die Unsicherheit bei den Zöllen hat auch zu einem spürbaren Rückgang der aus China in die USA verschifften Container geführt. Während viele Käufer im Vorfeld versucht hatten, ihre Lager durch vorzeitige Bestellungen zu füllen – eine sogenannte Frontloading-Strategie –, hat die Anzahl der verschifften Waren jüngst stark abgenommen. Die Zahl der Abfahrten von Containerschiffen aus China sank deutlich, gleichzeitig stiegen Stornierungen von Bestellungen auf ein Rekordniveau an. Die chinesische Statistikbehörde meldete zudem einen Rückgang der neuen Exportaufträge auf das niedrigste Niveau seit Ende 2022.
Diese Entwicklung zeigt, wie viele US-Unternehmen im Moment zurückhaltend agieren und weitere Bestellungen aufschieben, bis sich die Zollfrage klärt.Auch wenn einige Unternehmen bereits verringertes Zollniveau oder Ausnahmen beanspruchen konnten – etwa bei bestimmten Elektronikartikeln oder Fahrzeugteilen – bleiben dennoch viele Waren hoch belastet. Die Zollunsicherheit trägt so zu einem angespannten Klima in den Handelsbeziehungen bei und erschwert die Planungssicherheit für Händler erheblich. Einzelhändler wie Walmart gehen offen mit der Lage um, arbeiten mit ihren Lieferanten und versuchen, jede Produktkategorie individuell zu managen und trotz der schwierigen Bedingungen Waren verfügbar zu halten.Immerhin besteht bei manchen Händlern die Hoffnung, dass sich die Zollpolitik in nächster Zeit entspannt.
Einige lassen sich von der Möglichkeit künftiger Zollermäßigungen leiten und beginnen, kleinere Bestellungen zu tätigen, mit dem Ziel, zum Saisonstart zumindest einen Teil der Ware liefern zu können. Doch bei einem schnellen Nachfrageschub durch alle Käufer gleichzeitig könnten die Kapazitäten von Fabriken schnell erschöpft sein, was wiederum die Transportkosten nach oben treiben würde.Für das Weihnachtsgeschäft 2025 bedeutet die Zollunsicherheit vor allem, dass Verbraucher möglicherweise mit deutlich höheren Preisen und einem begrenzteren Angebot rechnen müssen. Gleichzeitig stehen Händler unter starkem Druck, trotz der hohen Einfuhrkosten ihre Bestände so zu organisieren, dass Kundennachfrage gedeckt wird und Leerstände reduziert werden. Die eher langfristigen Auswirkungen könnten auch eine Neuausrichtung internationaler Handelsverbindungen erfordern, denn knapp 70 Prozent der US-Importe aus China stammen von Lieferanten, die sich kaum kurzfristig ersetzen lassen.
Im Kern ist die aktuelle Lage ein warnendes Signal dafür, wie eng verflochten globale Lieferketten sind und welche enormen Auswirkungen Handelsbarrieren auf lokale Märkte und Endverbraucher haben können. Die komplexe Verknüpfung von Produktion, Logistik und Preisgestaltung muss bei künftigen Handelskonflikten stärker berücksichtigt werden. Für das Weihnachtsgeschäft 2025 bleibt abzuwarten, ob politische Verhandlungen zu einer Entspannung führen und wie Händler und Konsumenten auf die Herausforderungen reagieren. Sicher ist, dass die Entwicklungen rund um die US-Zölle auf chinesische Waren einer der bestimmenden Faktoren für die festliche Saison in den USA bleiben und potenziell den Weihnachtsmarkt nachhaltig beeinflussen werden.