Plattformen sind aus der heutigen digitalen Welt nicht mehr wegzudenken. Ob Apple mit seinem App Store, Google Play, Meta mit seinen sozialen Netzwerken oder sogar Microsoft mit Windows – all diese Beispiele verdeutlichen, wie zentrale Plattformen für den Erfolg und das Funktionieren moderner Technologien und Anwendungen sind. Doch trotz ihrer allgegenwärtigen Präsenz und großen Bedeutung wird die Macht, die Plattformen besitzen, oft unterschätzt. Dies gilt sowohl für die Geschäftswelt als auch für politische Entscheidungsträger und Nutzer. Die Entwicklung von Plattformen ist eng verbunden mit dem Wandel von reinen Produkten zu Ökosystemen.
Früher wurde am Anfang oft ein Produkt verkauft, wie beispielsweise ein Computer oder ein Smartphone. Doch inzwischen sind es nicht nur die Geräte, die zählen, sondern das gesamte Angebot an Anwendungen und Diensten, die auf diesen Geräten verfügbar sind. Das bedeutet, dass erfolgreiche Plattformanbieter vor allem jene sind, die eine große Nutzerbasis gewinnen und gleichzeitig ein attraktives Umfeld für Entwickler schaffen – ein Ökosystem, das Mehrwert generiert. Die App Stores von Apple und Google sind Paradebeispiele hierfür. Sie bieten Zugang zu Millionen von Nutzern und ermöglichen Entwicklern, ihre Anwendungen weltweit zu verbreiten.
Zugleich kontrollieren diese Plattformen jedoch die Regeln, nach denen Entwickler agieren können. Das betrifft etwa die Einhaltung technischer Standards, Sicherheitsrichtlinien und nicht zuletzt auch finanzielle Aspekte wie Provisionsabgaben. Diese Kontrolle verleiht Plattformen enorme Verhandlungsmacht gegenüber den Entwicklern und damit auch gegenüber den Endkunden. Ein wichtiger Aspekt, der in der Debatte oft übersehen wird, ist die Tatsache, dass Plattformen primär durch die Nutzerbasis an Wert gewinnen. In der Theorie gibt es ein sogenanntes „Henne-Ei-Problem“: Um Nutzer zu gewinnen, braucht eine Plattform attraktive Apps und Dienste; um aber diese Apps zu bekommen, sind Nutzer ein entscheidender Anreiz für Entwickler.
In der Praxis hat sich jedoch gezeigt, dass Nutzer den ausschlaggebenden Faktor darstellen. Wenn genügend Nutzer auf einer Plattform sind, folgen die Entwickler fast automatisch – auch wenn die Bedingungen manchmal restriktiv oder kostspielig sind. Genau diese Dynamik macht Plattformen so mächtig. Apple etwa konnte über Jahre hohe Provisionen auf Verkäufe im App Store erheben, ohne dass Entwickler oder Nutzer massiv absprangen. Das liegt daran, dass die iPhone-Nutzerzahl so groß war, dass Entwickler den Markt trotz der Kosten nicht missen wollten.
Die Plattform selbst wurde so zu einem selbstverstärkenden Mechanismus, der es Apple erlaubte, die Regeln diktierten und gleichzeitig enorme Umsätze zu erzielen. Allerdings bringt diese Macht auch kritische Fragen mit sich. Wenn eine Plattform zu viel Kontrolle ausübt, kann das Innovationen hemmen oder den Wettbewerb verzerren. Beispiele hierfür sind Apples Beschränkungen bei alternativen Zahlungsmethoden oder der sogenannten Anti-Steering-Regel, welche es Entwicklern untersagt, Nutzer auf günstigere Angebote außerhalb der Plattform hinzuweisen. Diese Praktiken stehen mittlerweile verstärkt im Fokus von Regulierungsbehörden und Gerichten weltweit.
Die jüngsten Gerichtsentscheidungen, insbesondere im Rechtsstreit zwischen Apple und Entwicklern wie Spotify, zeigen, dass die Plattformmacht nicht uneingeschränkt bleiben kann. Das Aufweichen bestimmter Einschränkungen kann mehr Transparenz und Wettbewerb fördern, was letztlich auch den Nutzern zugutekommt. Gleichzeitig verlieren Plattformanbieter dadurch Einnahmen, was ihre Geschäftsmodelle herausfordert. Die Zukunft der Plattformen wird daher auch von der regulatorischen Landschaft geprägt sein. Gesetzgeber weltweit überlegen, wie sie ein Gleichgewicht schaffen können zwischen dem Schutz der Plattformanbieter, die bedeutende Innovationen und Produkte auf den Markt bringen, und der Sicherstellung fairer Wettbewerbsbedingungen für Entwickler und Nutzer.
Ein Beispiel für einen möglichen Ansatz ist die Forderung nach mehr wirtschaftlicher und politischer Freiheit für Drittanbieter, die Plattformen nutzen. Solche Regelungen könnten bedeuten, dass Entwickler freie Wahl haben sollten, wie sie ihre Produkte vertreiben und bewerben – ohne Einschränkungen durch die Plattformbetreiber. Die Herausforderung besteht darin, diese Freiheit einzuräumen, ohne dabei die Sicherheit, Qualität und Nutzererfahrung negativ zu beeinflussen, welche die Plattformen oft garantieren. Darüber hinaus zeigt sich ein Trend hin zu stärker integrierten Systemen, bei denen Unternehmen versuchen, die Nutzererfahrung durch vertikale Integration und eigene Produkte zu optimieren. Mark Zuckerberg und Meta beispielsweise setzen zunehmend auf eine vertikale Integration ihrer Hardware und Software, statt ausschließlich auf die Entwicklung einer offenen Entwicklerplattform zu setzen.
Dies unterstreicht, dass der Erfolg einer Plattform auf einem starken Produkt fußt, das Nutzer begeistert und bindet. Auch wenn Entwicklerplattformen weiterhin eine wichtige Rolle spielen, ist es entscheidend, dass der Fokus auf dem Produktwert und der Nutzererfahrung liegt. Denn ohne eine begeisterte Nutzerbasis gibt es keinen Markt für Drittanbieter. Das ist eine Realität, die viele Akteure in der Tech-Branche in den letzten Jahren lernen mussten. Die Macht von Plattformen ist daher nicht nur eine Konsequenz des Eigentums an geistigem Eigentum oder technischer Infrastruktur, sondern vor allem eine Folge der Nachfrage von Millionen Nutzern, die zusammen einen lukrativen Markt bilden.
So wird deutlich, dass Plattformen letztlich eine Art Gatekeeper-Funktion innehaben – sie entscheiden, wer Zugang zu diesem Markt erhält und unter welchen Bedingungen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Plattformmacht in vielerlei Hinsicht unterschätzt wird. Ihre Bedeutung reicht weit über einfache Geschäftsmodelle hinaus und beeinflusst Innovation, Wettbewerb und Nutzererfahrungen auf fundamentale Weise. Gleichzeitig stellen sich komplexe Fragen nach der Ausbalancierung von Kontrolle und Freiheit, Profit und öffentlichem Interesse. In Anbetracht dieser Entwicklungen sollten Unternehmen, Entwickler, Nutzer und Regulierungsbehörden gleichermaßen ein tieferes Verständnis für die Funktionen und Auswirkungen von Plattformen erlangen.
Nur so kann es gelingen, die Chancen, die Plattformen bieten, voll auszuschöpfen, ohne die Risiken aus dem Blick zu verlieren. Die digitale Wirtschaft wird sich in den kommenden Jahren weiter verändern, und Plattformen werden dabei eine zentrale Rolle spielen – eine Macht, die weder ignoriert noch unterschätzt werden darf.