Der Markt für Fusionen und Übernahmen (Mergers & Acquisitions, kurz M&A) befindet sich schon seit einiger Zeit in einer ungewöhnlichen Phase. Während in den vergangenen Jahren zahlreiche spektakuläre Übernahmen und Zusammenschlüsse die Schlagzeilen dominierten, zeigt sich aktuell eine Verlangsamung mit einem spürbaren Mangel an geeigneten Übernahmekandidaten. Fabio Pradelli, CEO der EFG Gruppe, einem bedeutenden Player im Bereich Finanzdienstleistungen, spricht offen über die Ursachen dieser Entwicklung und gibt wertvolle Einblicke in die zukünftige Dynamik des M&A-Marktes. Die gegenwärtige Zurückhaltung auf Käuferseite ist zum Teil auf die erhöhte Unsicherheit in der globalen Wirtschaftslandschaft zurückzuführen. Geopolitische Spannungen, wie sie durch Handelskonflikte oder Regionalkonflikte verursacht werden, haben Unternehmen vorsichtiger gemacht.
Sie möchten vermeiden, sich in langfristige Verpflichtungen zu begeben, deren Wert schwer abzuschätzen ist. Dies sorgt für eine Verknappung der M&A-Transaktionen, da viele potenzielle Käufer auf bessere Marktbedingungen warten. Darüber hinaus wirken die aktuellen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, darunter steigende Zinsen und Inflation, als Bremse für viele Übernahmen. Höhere Kapitalkosten haben direkte Auswirkungen auf die Finanzierbarkeit von Übernahmen. Investoren und Unternehmen sind daher bei der Prüfung von Transaktionen deutlich selektiver und meiden risikoreiche Engagements.
Pradelli betont, dass in einer solchen Phase der Qualität der Übernahmekandidaten eine noch größere Bedeutung zukommt. Die Anzahl der Unternehmen, die den strengen Anforderungen der Käufer entsprechen, ist entsprechend gering. Ein weiterer wichtiger Faktor ist die Bewertungslücke zwischen Käufern und Verkäufern. Viele Unternehmen, die als potenzielle Übernahmekandidaten gelten, setzen ihre Preise weiterhin hoch an. Dies steht im Gegensatz zur vorsichtigeren Preisvorstellung der Käuferseite, die aufgrund der unsicheren Marktbedingungen lieber abwartet.
Diese Diskrepanz wirkt sich negativ auf die Transaktionsvolumen aus, da keine für beide Seiten attraktiven Deals zustande kommen. Pradelli hebt außerdem hervor, dass viele Firmen sich aktuell darauf konzentrieren, ihre internen Strukturen zu stärken, Innovationsprojekte voranzutreiben oder sich auf organisches Wachstum zu fokussieren, statt durch Zukäufe zu expandieren. Diese Fokussierung auf Eigenentwicklung ist eine direkte Reaktion auf die schwierige Wirtschaftslage und ein Versuch, Risiken zu minimieren. Für Investoren und Finanzunternehmen, wie die EFG Gruppe, bedeutet das eine veränderte Ausgangslage: Die Suche nach M&A-Gelegenheiten erfordert noch intensivere Markt- und Unternehmensanalysen. Der Mangel an M&A-Zielen hat auch Auswirkungen auf die Bewertungsmodelle und den Wettbewerb um qualitativ hochwertige Unternehmen.
Da die Anzahl der verfügbaren Übernahmekandidaten gering ist, kommt es bei den wenigen interessanten Angeboten häufig zu Bieterwettkämpfen, die die Preise nach oben treiben. Dies kann in gewissen Marktsegmenten sogar zu Überbewertungen führen. Pradelli warnt davor, dass solche Entwicklungen langfristig nicht nachhaltig sind und zu Marktkorrekturen führen könnten. Interessant ist auch der Einfluss technologischer und gesellschaftlicher Veränderungen auf das M&A-Geschehen. Unternehmen aus innovativen Branchen wie Technologie oder erneuerbare Energien befinden sich oft noch in einer Wachstumsphase und streben nicht unbedingt nach einer Übernahme.
Gleichzeitig führen disruptive Technologien zu neuen Geschäftsmodellen, die traditionelle Marktsegmenten herausfordern. Diese Dynamik sorgt für eine Verschiebung im M&A-Fokus und erschwert die Identifikation passender Übernahmekandidaten, die den neuen Anforderungen entsprechen. Ein weiterer Punkt, den Pradelli anspricht, ist die Rolle der Regulierung. Nationale und internationale Aufsichtsbehörden überprüfen große M&A-Transaktionen in zunehmendem Maße kritisch. Dies betrifft insbesondere Bereiche wie Telekommunikation, Finanzdienstleistungen und kritische Infrastrukturen.
Die erhöhte regulatorische Hürde führt dazu, dass potenzielle Deals entweder gar nicht erst angestoßen oder frühzeitig abgebrochen werden. Diese Entwicklung trägt zusätzlich zum Mangel an realisierten Übernahmen bei. Dennoch sieht Pradelli auch Chancen in der aktuellen Lage. Trotz der Zurückhaltung und des Mangels an attraktiven Übernahmekandidaten verfügen gut positionierte Finanzinstitute und Investoren über ausreichend Liquidität und Ressourcen, um zukünftig strategisch interessante Transaktionen anzugehen. Sobald sich die wirtschaftlichen und politischen Rahmenbedingungen stabilisieren, erwartet er eine Wiederbelebung des M&A-Marktes.
Diese Erholung wird vermutlich von einer noch stärkeren Fokussierung auf Nachhaltigkeit, Digitalisierung und innovative Geschäftsmodelle geprägt sein. Unternehmen, die auf diese Trends reagieren und sich entsprechend positionieren, werden besonders gefragt sein. Pradelli ermutigt Unternehmen daher, sich bereits jetzt auf diese veränderten Marktbedingungen vorzubereiten, um im Wettbewerb um Übernahmen und Partnerschaften eine Vorreiterrolle einzunehmen. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der M&A-Markt derzeit von einem spürbaren Mangel an geeigneten Übernahmekandidaten geprägt ist. Ursachen dafür sind unter anderem geopolitische Unsicherheiten, wirtschaftliche Rahmenbedingungen, Bewertungsdifferenzen, interne Unternehmensstrategien sowie regulatorische Hürden.
Fabio Pradelli, CEO der EFG Gruppe, unterstreicht, dass diese Phase zwar herausfordernd ist, aber zugleich auch strategische Chancen bietet, wenn Unternehmen und Investoren flexibel und zukunftsorientiert agieren. Für die kommenden Jahre wird eine Rückkehr zu einem aktiveren M&A-Geschehen erwartet, wobei qualitativ hochwertige Ziele mit klarem Innovations- und Nachhaltigkeitsfokus im Mittelpunkt stehen werden. Die Zeit der Zurückhaltung könnte somit den Boden für eine Phase nachhaltigen Wachstums und strategischer Neuausrichtungen bereiten. Unternehmen, die diese Trends erkennen und frühzeitig darauf reagieren, sichern sich wichtige Wettbewerbsvorteile im sich wandelnden M&A-Markt.