Demokratie gilt als eine der fortschrittlichsten Regierungsformen, die individuelle Freiheiten und kollektive Mitbestimmung ermöglichen soll. Doch jede demokratische Ordnung birgt Mechanismen, die bei unbedachter Handhabung oder durch äußere und innere Einflüsse zu ihrem Scheitern führen können. Gerade die Armee als Institution des Staates nimmt in diesem Kontext eine doppelte Rolle ein: Sie kann sowohl als Schutzmacht der Verfassung und demokratischen Grundsätze fungieren als auch – wenn sie politisiert oder instrumentalisiert wird – zum Werkzeug der Unterdrückung oder des Autoritarismus werden. Die Dynamik zwischen Militär und demokratischen Regierungen ist deshalb von großer Bedeutung, um die Stabilität demokratischer Systeme zu gewährleisten. Die Gründung der Vereinigten Staaten war ein Paradebeispiel für den Versuch, Monarchie durch eine republikanische Staatsform mit demokratischen und anti-demokratischen Elementen zu ersetzen.
Die amerikanischen Gründerväter, allen voran James Madison, waren sich der Gefahren massenhafter Herrschaft bewusst, die das Gemeinwohl und die Rechte von Minderheiten bedrohen können. Trotz dieser Skepsis entwickelte sich die Demokratie als einzigartiges Modell, das auf Zustimmung und Beteiligung des Volkes setzte. Im 20. Jahrhundert kam es allerdings zu einem Wandel in der Wahrnehmung demokratischer Prinzipien vor dem Hintergrund weltweiter ideologischer Auseinandersetzungen. Demokratische Regierungen wurden zunehmend als Bollwerk gegen totalitäre Systeme wie Kommunismus und Faschismus betrachtet.
Die anfänglichen Vorbehalte gegen direkte Demokratie traten zugunsten eines politischen Idealbilds zurück, das sich durch Werte wie Freiheit, Gleichheit und Rechtsstaatlichkeit auszeichnete. Dabei wurde allerdings oftmals übersehen, dass demokratische Systeme selbst einer Reihe von Gefahren unterliegen, die zu ihrer Destabilisierung oder ihrem Zusammenbruch führen können. Die externe Akzeptanz demokratischer Regierungsformen allein reicht nicht aus, wenn innere Institutionen bröckeln oder die politischen Akteure demokratische Spielregeln nicht einhalten. Ein wesentliches Problem bildet die sogenannte „letzte Wahl“, bei der eine demokratische Wahl zur Wahl von Akteuren führt, die selbst anti-demokratische Bestrebungen verfolgen. Das Beispiel der Hamas in Gaza illustriert dies deutlich: Zwar wurde die Organisation demokratisch gewählt, aber fehlende staatliche Institutionen und interne Konflikte verhinderten eine Stabilisierung.
Die darauf folgende Machtübernahme durch gewaltsame Mittel zerstörte die demokratischen Strukturen und führte zu anhaltender Instabilität. Hier hätte eine gut strukturierte Armee möglicherweise eine regulierende Rolle spielen können, doch waren weder die militärischen noch die zivilen Institutionen in der Lage, die demokratischen Normen durchzusetzen. Ein weiteres häufiges Versagen demokratischer Systeme ist das Aufkommen von Massenbewegungen und Gewaltorgien, wie sie während der Französischen Revolution beobachtet wurden. Der Zusammenbruch der Regierung und die Unterstützung der Königsarmee für die aufständischen Bürger führten zu einem Machtvakuum, in dem Napoleon Bonaparte schließlich die Macht an sich riss und mit einer großen Armee Europa in jahrzehntelange Kriege stürzte. Militärische Loyalität und politische Stabilität gingen hier verloren, was zeigt, wie untrennbar Armee und Regierungsführung verbunden sind.
Die Abhängigkeit von extremistischen Parteien zur Bildung von Koalitionen ist ein weiteres Warnzeichen für das Versagen einer Demokratie. In vielen parlamentarischen Systemen sind Koalitionen zur Regierungsbildung notwendig, und wenn diese Parteien mit radikalen oder intoleranten Positionen in die Macht eingebunden werden, kann dies demokratische Werte untergraben. Das Beispiel Litauens und seiner Erfahrungen mit politischen Randparteien zeigt, dass selbst verbündete demokratische Staaten mit dieser Problematik konfrontiert sind. Die militärische Rolle hierbei ist insofern relevant, als dass begrenzte militärische Ressourcen möglicherweise umverteilt werden, um innere Sicherheit zu gewährleisten, was wiederum die Fähigkeiten zur internationalen Verteidigung einschränken kann. Die willkürliche Ausrufung von Notstandsgesetzen zur Einschränkung bürgerlicher Freiheiten stellt eine besonders perfide Methode dar, demokratische Grundrechte auszuhebeln.
Das 1933 inszenierte Reichstagsbrand-Ereignis in Deutschland ist dafür ein tragisches Beispiel: Ein vermeintlicher kommunistischer Aufstand diente als Vorwand, um diktatorische Vollmachten einzuführen. Die Armee wurde zum Instrument des nationalsozialistischen Staates und führte letztlich zu Krieg und Verbrechen in historischem Ausmaß. Die Verstrickung der militärischen Führung in diese politischen Entwicklungen zeigt, wie gefährlich die Militarisierung politischer Krisen sein kann. Die Unterdrückung von Minderheiten durch Mehrheiten bleibt ein weiteres strukturelles Problem demokratischer Machtverhältnisse. Die Mechanismen der Mehrheitsentscheidung können dazu führen, dass bestimmten Gruppen politische Rechte entzogen oder deren Sicherheit gefährdet wird.
Der Völkermord in Ruanda 1994 verdeutlicht, wie der Staat und seine militärischen Organe an systematischer Gewalt gegen eine Minderheit beteiligt sein können. Erst eine militärische Intervention einer externen Streitmacht konnte dort die Gewalt beenden. Solche Ereignisse werfen Fragen auf, wie Demokratien mit ihren Verantwortung gegenüber Minderheiten umgehen und welche Rolle das Militär dabei spielt, Schutz oder Unterdrückung zu gewährleisten. Ein besonders sensibles Thema ist die Umgehung von fundamentalen Rechtsnormen zur Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen. Beispiele aus der jüngeren amerikanischen Geschichte, wie die Misshandlungen von Gefangenen nach den Anschlägen vom 11.
September, zeigen, dass militärische Einrichtungen auch in solche Praktiken involviert werden können. Obwohl es innerhalb der militärischen Führung Widerstand gab, konnte die politische Führung diese Handlungen durchsetzen, was verdeutlicht, wie stark die zivile Kontrolle der Streitkräfte ist und welche moralischen Konflikte daraus entstehen. Neben diesen spezifischen Mechanismen der demokratischen Fehlfunktionen existieren auch weitere Risiken wie Korruption, Schwächung staatlicher Institutionen und wirtschaftliche Fehlentwicklungen, die ebenfalls das Funktionieren von Demokratien beeinträchtigen können. Für das Militär sind viele dieser Probleme von indirekter Bedeutung, da Korruption und Bürokratieabbau das gesamte Staatssystem schwächen. Die amerikanische Armee hat traditionell eine große Zurückhaltung, sich in politische Angelegenheiten einzumischen.
Während Militärputschen und politische Eingriffe in manchen Ländern gang und gäbe sind, war das eine Praxis, die in den USA aufgrund der festen Verankerung des militärischen Gehorsams unter ziviler Kontrolle weitgehend unbekannt ist. Dennoch ist die Armee nicht immun gegen die Herausforderungen, mit denen die Demokratie konfrontiert ist. Ihr Selbstverständnis als eine Institution, die die Verfassung verteidigt und der zivilen Autorität unterliegt, stellt hohen Anspruch an Moral, Professionalität und Integrität. Zugleich müssen Soldaten kontinuierlich wachsam gegenüber den Fallstricken demokratischer Systeme sein, um nicht unfreiwillig in politische Konflikte oder illegitime Handlungen verwickelt zu werden. Die Lehren aus der Vergangenheit, wie sie von erfahrenen Generälen und Veteranen formuliert wurden, mahnen zu wachsamem Engagement gegen Intoleranz, Hass und den Verfall der demokratischen Werte.