Im Sommer 2023 stand Lyft vor einer entscheidenden Weichenstellung: Sollte das Unternehmen sein Geschäft mit Mikromobilität verkaufen oder weiterhin selbst betreiben? Diese Frage beschäftigte CEO David Risher, und das Ergebnis seiner Überlegungen könnte die Zukunft des Unternehmens und die Fortentwicklung urbaner Mobilität maßgeblich beeinflussen. Seiner Überzeugung nach wäre es schlicht „verrückt“, die zunehmende Bedeutung des Bikesharings nicht in vollem Umfang zu nutzen. Lyft, ein Akteur im Bereich des Ride-Hailing, hat vor kurzem beschlossen, seine Bemühungen im Bereich der Mikromobilität zu intensivieren, insbesondere im Hinblick auf E-Bikes und stationäre Scooter-Angebote. Die Entscheidung kam nach der Beobachtung eines starken Wachstums im globalen Sektor der Elektrofahrräder – Risher berichtete von einem Anstieg der E-Bike-Nutzung um beeindruckende 65 Prozent im Jahresvergleich. Diese Entwicklung verdeutlicht nicht nur den sich wandelnden Markt, sondern auch die Notwendigkeit für Städte, nachhaltige Verkehrsmittel stärker in ihre Infrastruktur zu integrieren.
Lyft hatte vor zwei Jahren PBSC Urban Solutions, einen Anbieter von gemeinsamen Fahrrädern und Stationen, übernommen, um die eigene Produktpalette im Bereich Mikromobilität zu erweitern. Diese Akquisition war der erste Schritt in die richtige Richtung, und die erfolgreichen Investitionen in hochwertige E-Bikes und neuartige, solarbetriebene Dockingstationen belegen Lyfts Engagement. Risher betont, dass die Zukunft des urbanen Verkehrs ohne eine ausgeklügelte Infrastruktur nicht denkbar ist. „Es wäre verrückt, sich dieser Entwicklung zu entziehen“, sagt er. Die Entscheidung, das Mikromobilitätsgeschäft nicht zu verkaufen, kommt jedoch nicht ohne Herausforderungen.
Lyft sieht sich gezwungen, kostenintensive Umstrukturierungen durchzuführen, die die Entlassung von etwa 1 Prozent der Technologiemitarbeiter umfassen. Die Umstrukturierungsmaßnahmen kosten das Unternehmen voraussichtlich zwischen 34 und 46 Millionen US-Dollar. Davon entfallen 32 bis 42 Millionen auf die Entsorgung von Vermögenswerten, während die restlichen Kosten unter anderem für Abfindungen und Beratungsgebühren verwendet werden. Trotz dieser finanziellen Belastungen bleibt Lyft optimistisch. Risher ist überzeugt, dass die geplanten Änderungen langfristig zu einem jährlichen Gewinn von etwa 20 Millionen Dollar führen könnten.
Es ist zwar nur ein kleiner Teil des gesamten Umsatzes, der im zweiten Quartal bei 1,4 Milliarden Dollar lag, aber jeder Beitrag hilft Lyft, die Profitabilität zu sichern, insbesondere nachdem das Unternehmen in einem der zurückliegenden Quartale einen operativen Verlust von 27 Millionen Dollar verzeichnete. Eine zentrale Strategie von Lyft besteht darin, die Hardware- und Softwareplattformen in den einzelnen Städten schrittweise zu aktualisieren, um eine Standardisierung zu erreichen. Risher betont, dass der Fokus auf stationären Bikesharing-Programmen liegt. „Wir denken, dass ein stationäres System Städten ermöglicht, ihre Verkehrsströme besser zu organisieren“, argumentiert er. Diese Herangehensweise könnte nicht nur die Nutzererfahrung verbessern, sondern auch Städten langfristige Partnerschaften ermöglichen, da die Stationen Teil der städtischen Infrastruktur werden.
Besonders in der aktuellen Zeit, in der viele Städte mit überlastetem Verkehrsaufkommen und Umweltproblemen kämpfen, ist die Implementierung eines effektiven Bikesharing-Systems von entscheidender Bedeutung. Die Vorteile eines gut organisierten Bikesharing-Programms sind vielfältig: Weniger Verkehrsstaus, reduzierte Emissionen und eine gesündere Lebensweise durch vermehrte körperliche Aktivität der Bürger. Lyft verfolgt mit seinen neuen Programmen das Ziel, sowohl den urbanen Pendlern als auch den Stadtplanern eine praktikable und nachhaltige Lösung zu bieten. Eine interessante Wendung in der Strategie ist jedoch die Entscheidung, sich weiterhin mit Unternehmen wie Spin und Bird zusammenzuschließen, um den Nutzern Zugang zu fahrbaren Angeboten zu ermöglichen, die nicht stationär sind. Obwohl Lyft die eigene Dockless-Flotte reduzieren möchte, bleibt das Unternehmen dennoch aufgeschlossen gegenüber weiteren Partnerschaften, um im wachsenden Markt der Micromobilität wettbewerbsfähig zu bleiben.
Die Entscheidung von Lyft, sich verstärkt auf Bikesharing und Mikromobilität zu konzentrieren, könnte auch wegweisend für andere Unternehmen in der Verkehrsbranche sein. Immer mehr Städte suchen nach Lösungen, um die Mobilität ihrer Bewohner zu verbessern, und Lyft positioniert sich als vielversprechender Partner, der die Bedürfnisse von Städten und deren Bürgern erfüllt. Ein wegweisendes Beispiel ist das Bikesharing-Programm in New York City, das unter dem Banner von Citi Bike bekannt ist. Hier hat Lyft bewiesen, dass es in der Lage ist, Produkte und Dienstleistungen erfolgreich zu implementieren, die beiden Seiten zugutekommen. Die Umstellung auf Bikesharing und Mikromobilität ist zudem eine Antwort auf den globalen Trend zur Nachhaltigkeit.
Lyft positioniert sich damit nicht nur als Verkehrsanbieter, sondern auch als Unternehmen, das sich aktiv für Umweltbelange einsetzt. In einer Zeit, in der Verbraucher zunehmend Wert auf Nachhaltigkeit legen, könnte dies langfristig ein entscheidendes Element für den Erfolg des Unternehmens sein. Abschließend lässt sich sagen, dass Lyft mit seiner Strategie, sich intensiver dem Bikesharing zu widmen, ein klares Bekenntnis zu nachhaltiger Mobilität abgibt. CEO David Risher ermutigt sein Team und die Partner, die Herausforderung anzunehmen und in die Zukunft der urbanen Fortbewegung zu investieren. Mit dem Ziel, nicht nur zu überleben, sondern zu florieren, beabsichtigt Lyft, in einem sich schnell verändernden Mobilitätsmarkt eine führende Rolle einzunehmen.
Die Entscheidung, nicht aus dem Bikesharing auszusteigen, sondern sich ganz auf diese innovative Lösung einzulassen, könnte sich als einer der klügsten Züge in der Geschichte des Unternehmens herausstellen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Strategie entwickeln wird und welche Auswirkungen sie auf die globale Mobilitätslandschaft haben könnte.