Die Chipherstellung zählt zu den wichtigsten und zugleich komplexesten Industriezweigen der modernen Weltwirtschaft. Chips sind die Herzstücke nahezu aller elektronischen Geräte, von Smartphones und Computern bis zu Fahrzeugen und industriellen Steuerungen. In den letzten Jahrzehnten hat Taiwan eine dominierende Rolle in der globalen Halbleiterproduktion eingenommen, insbesondere bei fortschrittlichen Mikroprozessoren, die unverzichtbar für Hightech-Anwendungen sind. Vor diesem Hintergrund hat US-Handelsminister Howard Lutnick in einem viel beachteten Interview die Ambition der USA bekräftigt, die Chipfertigung, die einst ein amerikanisches Vorzeigeprojekt war, zurück ins eigene Land zu holen. Lutnick stellte in Frage, warum Chips weiterhin überwiegend in Taiwan gefertigt werden, obwohl die Technologie und Produktionstechnik, insbesondere durch den Einsatz von Robotik, auch in den USA realisierbar wäre.
Seine Äußerungen spiegeln eine wachsende Sorge um wirtschaftliche Sicherheit und geopolitische Stabilität wider. Taiwan kontrolliert aktuell etwa 92 Prozent der weltweit fortschrittlichsten Chipherstellung. Das führt einerseits zu großer Abhängigkeit der USA und anderer Länder von taiwanesischen Herstellern wie TSMC. Andererseits verstärkt es die Anfälligkeit globaler Lieferketten durch politische Spannungen, Naturkatastrophen oder Produktionsengpässe. Die US-Regierung hat bereits in den vergangenen Jahren Initiativen gestartet, um diesen Trend umzukehren, darunter das 2022 verabschiedete CHIPS-Gesetz, das Milliardeninvestitionen in die heimische Halbleiterindustrie vorsieht.
Trotz dieser Maßnahmen bestehen weiterhin Hürden bei Technologietransfer, Produktionseinrichtungen und hochspezialisiertem Know-how. Lutnicks Forderung nach Produktion mit Robotik unterstreicht eine mögliche Lösung: vollautomatisierte Fabriken könnten menschliche Arbeit ergänzen oder ersetzen und damit Kosten- und Qualifikationsbarrieren überwinden. Der Handelsminister verwies außerdem auf die historische Entwicklung. Früher seien Halbleiterchips vollständig in den USA produziert worden. Doch durch veränderte politische und wirtschaftliche Rahmenbedingungen seien einschneidende Veränderungen erfolgt, die Taiwan begünstigten.
Die Frage, warum die „geliebten iPhones“ weiterhin aus Fernost kommen, und nicht in amerikanischen Fabriken montiert werden, illustriert die Unzufriedenheit mit dem Status quo. Lutnick glaubt, dass Amerika die Voraussetzungen besitzt, um durch modernste Automatisierung und technologische Eigenständigkeit die Produktionsschwerpunkte zurückzugewinnen. Die Aussage fällt in eine Zeit, in der geopolitische Spannungen internationale Handelsbeziehungen zunehmend beeinflussen. Präsident Donald Trump hatte bereits im Vorfeld mehrmals auf die strategische Bedeutung der heimischen Halbleiterindustrie hingewiesen und erwogen, Handelssanktionen und Zölle zu nutzen, um Druck auf Partnerländer wie Taiwan auszuüben. Die Einführung von Reziprozitätszöllen auf taiwanesische Produkte ist Teil dieser Strategie.
Trump beschrieb Taiwan als Land, das durch die Ablösung der US-amerikanischen Halbleiterproduktion beträchtlichen Wohlstand erzielt habe, während die USA „stupid“ agiert hätten. Die taiwanesische Regierung reagierte auf diese Schritte mit Ablehnung und betonte die enge, „hochkomplementäre“ Handelsbeziehung zu den USA. Der Präsident Taiwans, Lai Ching-te, äußerte die Absicht, weiterhin konstruktiv mit Washington zu verhandeln, um eine Eskalation zu verhindern. Trotz aller diplomatischen Bemühungen bleibt die Frage der Sicherheitsinteressen beider Staaten ein kontroverses und zentrales Thema. Taiwan verfügt mit der Halbleiterproduktion über ein wichtiges strategisches Asset, das Einfluss auf seine internationale Unterstützung und Verteidigungsmittel hat.
Technisch betrachtet ist die Herstellung von Chips äußerst anspruchsvoll. Die modernsten Produktionsstätten, sogenannte „fabs“, erfordern Reinraumbedingungen, Präzision auf Nanometer-Ebene sowie hochqualifizierte Fachkräfte. Robotik und Automatisation könnten einige dieser Herausforderungen mildern, indem sie Effizienz, Qualität und Skalierbarkeit erhöhen. In den USA gibt es bereits Ansätze, wie der Bau neuer Fabriken von TSMC in Phoenix, Arizona, mit Unterstützung durch staatliche Fördermittel. Jedoch gehen Experten davon aus, dass Taiwan daraus keinen kurzfristigen Technologievorsprung aufgeben wird, da die hochentwickelten Technologien eng mit nationaler Sicherheit und geopolitischem Gewicht verknüpft sind.
Das Thema wirtschaftliche Souveränität, Diversifizierung von Lieferketten und technologische Unabhängigkeit steht auf der politischen Agenda der USA ganz oben. Der Trend setzt sich auch im Zuge der globalen Versuche zur Herstellung eigener Hightech-Komponenten fort. Dabei handelt es sich keineswegs nur um eine rein wirtschaftliche Herausforderung, sondern um ein strategisches Anliegen im Kontext von Handelskonflikten, Resilienz gegen Krisen und der Wahrung technischer Führerschaft. Handelsminister Lutnick fordert pragmatisch, die Fähigkeiten amerikanischer Industrie mit Robotik neu zu entfalten, statt sich abhängig von ausländischen Herstellern zu machen. Sein Appell untermauert das Bestreben, die Produktionstechnologie und Wertschöpfung zurückzuholen, was zur Stärkung der US-Wirtschaft und ihrer internationalen Position beitragen kann.