Die Generation der Millennials, geboren zwischen 1981 und 1996, galt lange Zeit als eine der einflussreichsten und innovativsten Generationen der jüngeren Geschichte. Sie waren die ersten, die das Internet und Social Media in ihr Leben integrierten und galten als die Brücke zwischen Analog und Digital. Doch in den letzten Jahren hat sich das Bild verändert: Millennials werden zunehmend als „cringe“, also als peinlich oder uncool, wahrgenommen – vor allem von der jüngeren Generation Z. Doch wie kam es zu diesem Wandel und was bedeutet das für die Generation, die einst für ihre Coolness bewundert wurde? Die Entwicklung von der angesagten Generation hin zu einem Meme-Objekt weiterzugeben, ist ein komplexer Prozess, in den viele gesellschaftliche und kulturelle Faktoren hineinspielen. Eine grundlegende Rolle spielt dabei der ständige Generationenwettstreit, der sich vor allem im digitalen Raum abspielt.
Millennials haben einst Social Media Plattformen wie Facebook geprägt, Instagram und sogar TikTok mitentwickelt – doch heute erleben sie, wie die Generation Z (geboren ab Mitte der 1990er Jahre) diese Plattformen mit eigenem Stil und neuen Trends besetzt. TikTok, eine App, die von einem Millennial erfunden wurde, wird nun von Zoomern dominiert, die alles von Mode bis Humor neu definieren und Millennials dabei gelegentlich hart kritisieren. Ein auffälliger Wandel zeigt sich besonders im Bereich der Mode. Die Kleidungsstücke, die Millennials wie Mom-Jeans, Skinny-Jeans oder Trainer-Socken trugen, gelten für die Generation Z oft als altmodisch oder gar lächerlich. Neue Trends wie baggy Hipster-Jeans oder das bewusste „chaotische“ Styling zeigen eine bewusste Abkehr vom vermeintlich polierten und perfekt inszenierten Look der Millennials.
Diese neuen Kleidungsstile sind Teil einer größeren Bewegung von bewusst unperfekter, fast rebellischer Ästhetik, welche die sozialen und politischen Herausforderungen der Zoomer widerspiegelt. Auch die kulinarischen Vorlieben symbolisieren Unterschiede im Stil und Lebensgefühl der beiden Generationen. Während Millennials mit Avocado auf Toast und Pumpkin-Spice-Latte assoziiert werden, greifen viele aus Generation Z lieber zu Matcha und anderen „grünen“ Trendgetränken. Diese Unterschiede verdeutlichen, wie selbst Ernährung in der modernen Kultur zu einem Marker für Gruppenzugehörigkeit und Coolness geworden ist. Darüber hinaus spiegeln sich die Unterschiede im Umgang mit Online-Kommunikation und digitalem Selbstbild wider.
Millennials tendieren dazu, durchdachte, polierte und oft inszenierte Inhalte zu posten, die auf optimale Darstellung und Selbstkontrolle ausgelegt sind. Die sogenannten Selfies werden mit der Frontkamera und gezieltem Lächeln aufgenommen; es geht um Kontrolle und positive Selbstdarstellung. Im Gegensatz dazu bevorzugt die Generation Z eine eher chaotische und spontane Ästhetik – gerne mit der Rückkamera, verzerrten Perspektiven und sogar unvorteilhaften Bildern, die Authentizität und Nonchalance demonstrieren sollen. Auch im Humor unterscheiden sich die Generationen stark: Während Millennials häufig selbstironisch und relatable sind, zeigen Zoomer einen mehr absurden, zynischen und ironischen Stil, der oft an Meme-Kultur und Meta-Humor anknüpft. Ein oft zitiertes Beispiel für das vermeintlich uncool gewordene Verhalten der Millennials ist die sogenannte „millennial pause“ – eine kurze Verzögerung vor dem Beginn einer Sprachnachricht oder eines Videos, die ältere Millennials verwenden, um sicherzugehen, dass die Aufnahme tatsächlich läuft.
Für die Generation Z wirkt dies altmodisch und unbeholfen, ein Zeugnis für die Schnelllebigkeit und unmittelbare Digital-Natur der jüngeren Zeitgenossen. Trotz aller Kritik pflegen viele Millennials eine gesunde Portion Selbstironie und nehmen die Sticheleien der Gen Z gern mit Humor auf. Hashtags wie #millennialsoftiktok zeigen, dass sie sich ihrer Eigenheiten bewusst sind und sogar Spaß daran finden, die eigenen vermeintlichen Fehltritte öffentlich zu machen. Doch hinter dem Humor liegt auch Frustration und das Gefühl, von der jüngeren Generation missverstanden zu werden. Millennials sehen sich oft ungerecht beurteilt, werden als faul, anspruchsvoll oder zu sensibel abgestempelt, ohne dass die strukturellen Probleme ihrer Lebenswirklichkeit – etwa stagnierende Löhne, explodierende Mietpreise und hohe Studienkredit-Schulden – berücksichtigt werden.
Die Corona-Pandemie hat diesen Generationenkonflikt weiter verschärft. Während viele Millennials in eine Lebensphase traten, in der gesellschaftliche und kulturelle Übergänge wie das Ende der Partyzeit anstanden, nutzte Generation Z die Zwangspause, um mit neuen Trends und Innovationen die kulturelle Bühne zu übernehmen. Ihre Mode- und Beauty-Trends, vor allem auf Plattformen wie TikTok, setzten neue Maßstäbe. Dabei wird dem Umstand Rechnung getragen, dass junge Menschen heutzutage mit einem enormen gesellschaftlichen Druck umgehen müssen: von Klimakrise bis zu politischem Chaos und wirtschaftlicher Unsicherheit. Das prägt den Stil, die Haltung und den Humor der Gen Z entscheidend.
Ein weiterer wichtiger Punkt ist das veränderte Verhältnis zum Thema Coolness an sich. Für viele aus der Generation X, die zwischen 1965 und 1980 geboren sind, ist „Coolness“ fast schon eine bewusste Gleichgültigkeit gegenüber dem Trend. Sam Harrington-Lowe, Gründerin einer Publikation für die ältere Generation, sieht in dieser Haltung den eigentlichen Kern von Coolness – nämlich nicht darum zu kämpfen, cool zu sein, sondern es einfach zu sein, ohne sich darum zu kümmern. Millennials hingegen, die lange Zeit um ihre Identität rangen und sich im Spannungsfeld zwischen Tradition und Innovation bewegten, erscheinen heute manchmal zu bemüht oder überrepräsentiert in ihrer Selbstdarstellung, was von Gen Z als uncool eingestuft wird. Allerdings ist Coolness ein fluider Begriff, der sich ständig wandelt und demokratisiert wird.
Leute wie die Kulturjournalistin Daisy Jones wagen es, nicht jedem Trend hinterherzulaufen und damit genau diese lässige Haltung auszustrahlen, die viele bewundern. Sie zeigt, dass Verweigerung gegenüber Trendzwängen und das Bewahren einer eigenen Identität ein Weg sein kann, Coolness neu zu definieren – jenseits von sozialen Medien und viraler Anerkennung. Im Kern sind die Taktiken der Generationen, das eigene Leben zu präsentieren und somit eine Form von sozialer Zugehörigkeit zu schaffen, Ausdruck sich verschiebender kultureller Werte und gesellschaftlicher Umstände. Millennials haben viel mit dazu beigetragen, die heutige digitale Kultur wachzurufen, doch der Generationenwechsel ist unvermeidlich und notwendig für gesellschaftlichen Fortschritt. Selbst wenn Millennials zeitweise als „cringe“ gelten, zeigt ihr Umgang mit dem Wandel oft ein tiefes Bewusstsein dafür, wie wichtig Selbstakzeptanz und Identitätsstärke sind.
Vielleicht ist der größte Gewinn für Millennials heute die Erkenntnis, dass Coolness weniger davon abhängt, ob man von jüngeren Generationen anerkannt wird, sondern vielmehr davon, wie gut man zu sich selbst steht. Diese innere Freiheit und die Abkehr von gesellschaftlichem Druck sind, so paradox es klingt, das wahre Zeichen von Coolness im Jahr 2025. Trainer-Socken, Mom-Jeans oder der berühmte „Millennial-Pause“ zum Trotz. "Cringe" kann so zur Emblem für Authentizität, Generationenvielfalt und authentisches Selbstwerden werden – vielleicht genau das, was am Ende wirklich cool ist.