Der Verkauf von 23andMe an das amerikanische Biotechnologie-Unternehmen Regeneron Pharmaceuticals im Mai 2025 sorgt weltweit für Aufsehen. Für eine Summe von 256 Millionen US-Dollar hat Regeneron den DNA-Analyse-Pionier 23andMe im Rahmen einer Insolvenzauktion übernommen. Mit dem Erwerb gingen nicht nur die physischen und geistigen Vermögenswerte der Firma auf Regeneron über, sondern vor allem auch sensible genetische Daten von Millionen Nutzerinnen und Nutzern. Dieses Ereignis wirft grundsätzliche Fragen zu Datenschutz, Datenverwendung und ethischer Verantwortung auf und beleuchtet gleichzeitig die Herausforderungen, mit denen Unternehmen in der modernen Genetik-Branche konfrontiert sind. 23andMe wurde im Jahr 2006 gegründet und revolutionierte den Markt der DNA-Tests für Privathaushalte.
Mit einfach zu verwendenden Speichelabnahmekits ermöglichte das Unternehmen seinen Nutzerinnen und Nutzern, die eigene genetische Herkunft und bestimmte Gesundheitsfaktoren zu erkunden. Der riesige Kundenstamm von damals insgesamt etwa 15 Millionen Menschen machte 23andMe zu einem der größten Anbieter in diesem Bereich. Doch trotz der Popularität und des innovativen Ansatzes führte eine Datenpanne im Jahr 2023 zu erheblichen Problemen. Durch einen Hackerangriff wurden die persönlichen Informationen von rund sieben Millionen Kundendatensätzen kompromittiert. Dieser Vorfall erschütterte das Vertrauen vieler Nutzer und hatte weitreichende Auswirkungen auf die Nachfrage nach DNA-Tests von 23andMe.
Die Finanzlage des Unternehmens verschlechterte sich schnell. Nach dem Börsengang über eine sogenannte SPAC-Transaktion im Jahr 2021 erreichte der Unternehmenswert von 23andMe zeitweise beeindruckende sechs Milliarden US-Dollar. Die hohe Bewertung konnte jedoch letztlich nicht mit nachhaltigen Gewinnen untermauert werden. Im Verlauf des Jahres 2024 sank der Aktienkurs auf ein Niveau, das an Penny Stocks erinnerte. Das Unternehmen befand sich schließlich in finanziellen Nöten, was in der Insolvenzauktion mündete, bei der Regeneron den Zuschlag erhielt.
Regeneron Pharmaceuticals ist ein forschungsorientiertes Biotechnologieunternehmen mit Sitz in New York. Es ist bekannt für die Entwicklung von innovativen Medikamenten und Therapien, insbesondere auf den Gebieten der Genetik und Immunologie. Mit dem Erwerb von 23andMe sichert sich Regeneron einen Zugang zu einem umfangreichen genetischen Datensatz, der als äußerst wertvoll für Forschungszwecke gilt. Ein zentrales Thema beim Verkauf war der Schutz der sensiblen persönlichen Informationen der 23andMe-Kunden. Regeneron betonte bei der Bekanntgabe des Deals ausdrücklich, dass das Unternehmen strikte Einhaltung der bestehenden Datenschutzgesetze und der bisherigen Datenschutzrichtlinien von 23andMe garantieren wird.
So soll sichergestellt werden, dass die Vertraulichkeit, Zustimmung und Kontrolle über genetische Daten der Kunden weiterhin gewahrt bleiben. Im Rahmen der Verhandlungen bestand 23andMe darauf, dass Bieter explizit garantieren, ihre Datenschutzmaßnahmen fortzuführen und zu verbessern. Ein unabhängiger Verbraucher-Datenschutzombudsmann wird vom Gericht eingesetzt, um den Übergang zu überwachen und sicherzustellen, dass datenschutzrechtliche Bedingungen eingehalten werden. Solche gerichtlichen Kontrollinstanzen sind bei Insolvenzverkäufen, bei denen besonders sensible Daten involviert sind, üblich, auch wenn 23andMe selbst anfangs etwas anderes suggerierte. Die breite Öffentlichkeit und Datenschutzexperten bewerten den Verkauf sowohl ambivalent als auch wachsam.
Es besteht einerseits Hoffnung, dass die Forschungs- und medizinischen Fortschritte durch die Nutzung der umfangreichen genetischen Informationen vorangetrieben werden. Andererseits bleibt die Sorge, dass eine Weitergabe oder eine ungünstige Verwendung dieser Daten zu Eingriffen in die Privatsphäre oder gar Diskriminierung anhand genetischer Merkmale führen könnte. Mark Jensen, Vorsitzender des Sonderausschusses des Verwaltungsrats von 23andMe, unterstrich in einer Stellungnahme die Bedeutung von Datenschutz, Wahlfreiheit und Zustimmungskontrolle der Kunden. Gleichzeitig verwies er darauf, dass der Verkauf die missionarischen Ziele von 23andMe, nämlich die Erforschung der menschlichen Genetik und personalisierte Gesundheitslösungen, auch künftig unterstützen wird. Der Fall von 23andMe steht exemplarisch für die Herausforderungen, die Digitale Revolution und Biotechnologie im 21.
Jahrhundert mit sich bringen. Sensible genetische Daten sind einerseits ein wertvoller Rohstoff für pharmazeutische Forschung und medizinische Innovationen. Andererseits sind sie auch höchst privat und bedürfen eines besonderen Schutzes. Das Ungleichgewicht zwischen Wirtschaftlichkeit und ethischen Standards wird weiterhin öffentlich diskutiert werden, ebenso wie die Rolle der Gesetzgebung. Deutschland und die Europäische Union haben über die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einen strengen Rahmen geschaffen, der auch im internationalen Datenverkehr zunehmend Beachtung findet.
Für Kundinnen und Kunden von genetischen Testdiensten ist es wichtig, sich der Risiken und Chancen bewusst zu sein. Datenschutz, Transparenz bei Datenverwendungen sowie das Recht auf Widerruf der Einwilligung spielen eine essenzielle Rolle. Verbraucher sollten genau prüfen, unter welchen Konditionen ihre biologischen Daten erhoben, gespeichert und möglicherweise weitergegeben werden. Die Übernahme von 23andMe durch Regeneron könnte langfristig neue Forschungserfolge ermöglichen, etwa in der Entwicklung gezielter Therapien bei Krebs, seltenen Erkrankungen oder genetisch bedingten Krankheiten. Gleichzeitig zwingt der Fall die Branche, mehr Verantwortung zu übernehmen und die Rechte der Nutzer in den Vordergrund zu stellen.
Es ist zu erwarten, dass Regeneron ähnliche datenschutzfreundliche Standards setzen und innovative Sicherheitsmechanismen einführen wird. Für den europäischen Markt wird spannend sein, wie sich die Unternehmensausrichtung und Datenschutzpraxis gegenüber den strengen hierzulande geltenden Vorgaben anpassen wird. Der DNA-Testmarkt entwickelt sich stetig weiter. Während 23andMe einst Vorreiter war, etablieren sich heute mehrere Anbieter mit unterschiedlichsten Modellen – von reinen Stammbaum-Auswertungen bis hin zu integrativen Gesundheitsanalysen. Die Verbindung von genetischen Daten mit künstlicher Intelligenz und Big Data-Analysen schafft neue Möglichkeiten, aber auch Risiken, was die Datensicherheit angeht.