Die Blockchain-Technologie revolutioniert weiterhin viele Branchen, und die Tokenisierung realer Vermögenswerte (RWA) ist einer der vielversprechendsten Trends im Web3-Sektor. Während das Interesse und die Nachfrage nach der Digitalisierung und Tokengestützten Abbildung von Gütern, Immobilien und anderen Anlageformen exponentiell wachsen, mahnt Rifad Mahasneh, CEO von OKX MENA (Middle East and North Africa), vor einem zu großen Hype ohne echte Substanz. In einem Interview auf der Token2049-Konferenz in Dubai betonte er, dass es bei RWA-Projekten vor allem darauf ankomme, den Alltag der Nutzer wirklich zu bereichern und nicht nur den kurzfristigen Trend mitzunehmen. Die Tokenisierung beschreibt den Prozess, physische oder traditionelle Vermögenswerte auf einer Blockchain in digitale Token umzuwandeln. Diese Token repräsentieren dann Anteile, Eigentumsrechte oder andere Rechte an den realen Gütern.
Im Idealfall eröffnen solche Konzepte neue Möglichkeiten für Liquidität, Teilhabe und transparente Eigentumsnachweise – Eigenschaften, die in traditionellen Märkten oft eingeschränkt sind. Dennoch ist die Praxis nicht frei von Herausforderungen und Risiken. Mahasneh hebt hervor, dass nicht alle Vermögenswerte sinnvoll tokenisierbar sind und die Tokenisierung nur dann von langfristigem Wert ist, wenn sie echten Nutzen neben der bloßen Digitalisierung liefert. Der Boom der RWA-Tokenisierung ist insbesondere im Nahen Osten spürbar, wobei die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) eine Vorreiterrolle einnehmen. Dort entstehen zahlreiche Großprojekte, bei denen traditionelle Unternehmen und staatliche Einrichtungen Blockchain-Technologien nutzen, um Immobilien, Finanzprodukte und andere Sachwerte zu tokenisieren.
Ein bedeutender Meilenstein wurde im Mai 2025 mit dem Abschluss eines 3-Milliarden-Dollar-Abkommens zwischen der MultiBank Group, der Immobilienfirma MAG und dem Blockchain-Infrastruktur-Anbieter Mavryk erreicht. Dieses Vorhaben gilt als die bislang weltweit größte Initiative zur Tokenisierung realer Vermögenswerte und unterstreicht das gewachsene Interesse großer Player an diesem Segment. Darüber hinaus arbeitet die Regierung der VAE aktiv an regulatorischen Rahmenbedingungen, die das Wachstum und die Sicherheit von RWA-Projekten fördern sollen. Die Dubai Land Department hat bereits im März 2025 die Pilotphase eines eigenen Immobilien-Tokenisierungsprojekts gestartet, in Zusammenarbeit mit der Virtual Assets Regulatory Authority (VARA), der zentralen Behörde für Krypto-Regulierung in Dubai. Solche staatlich unterstützten Initiativen signalisieren die zunehmende Akzeptanz und Reife des Marktes.
Mahasneh weist darauf hin, dass klare und gut definierte Vorschriften essenziell sind, damit institutionelle Investoren und Großunternehmen Vertrauen fassen. Viele der bislang realisierten RWA-Projekte in der Region profitieren von der rechtlichen Klarheit, die regulierte Märkte bereitstellen. Dieses regulatorische Umfeld erleichtert es auch Kryptobörsen wie OKX, innovative Produkte und Dienstleistungen in diesem Bereich anzubieten. Eine weitere positive Entwicklung ist der Fortschritt bei der Regulierung von Stablecoins in den VAE. Im Juni 2024 hat die Zentralbank der VAE einen Lizenzrahmen eingeführt, der die Ausgabe und Überwachung von stablecoin-basierten Zahlungsmitteln, insbesondere solche, die an den VAE-Dirham gekoppelt sind, regelt.
Dies stärkt die Rechtssicherheit für Marktteilnehmer und erhöht das Vertrauen in solche digitalen Währungen. Mahasneh hebt hervor, dass diese schnelle und pragmatische Herangehensweise der Emirate in Sachen Regulierung dem Rest der Welt voraus ist, der teilweise noch immer über grundlegende kryptobezogene Gesetze diskutiert. Der zunehmende regulatorische Fortschritt hat bereits dazu geführt, dass globale Kryptogiganten wie Tether sich in die VAE begeben und an der Entwicklung von Dirham-stabilisierten Coins mitarbeiten. So bereiten Partnerschaften zwischen dem Staatsfonds ADQ, der First Abu Dhabi Bank und weiteren Großunternehmen die Markteinführung eines dirham-gebundenen Stablecoins vor, die auf regulatorische Genehmigungen warten. Das zeigt den wirtschaftlichen Stellenwert, den die Tokenisierung digitaler Währungen in der Region inzwischen erlangt hat.
Trotz dieser Fortschritte bleibt Mahasneh jedoch realistisch: Die Gefahr von übertriebenen Erwartungen und kurzfristigem Hype ist allgegenwärtig. Er verweist auf Projekte wie Mantra, das mit einer milliardenschweren Partnerschaft zur Tokenisierung von Vermögenswerten startete und wenig später einen massiven Kursverlust erlitt – was Verluste in Milliardenhöhe mit sich brachte. Solche Fälle zeigen, dass Tokenisierung allein kein Garant für Erfolg ist. Die zugrundeliegenden Projekte müssen fundiert sein, tatsächliche Anwendungsfälle bedienen und den beteiligten Akteuren echten, täglichen Mehrwert bieten. In der Praxis bedeutet dies, dass die Tokenisierung dort einen nachhaltigen Einfluss haben kann, wo Transparenz, Liquidität und Zugänglichkeit von Vermögenswerten tatsächlich verbessert werden.
Beispielhaft sind hier Immobilien, Rohstoffe oder sogar Kunstwerke, die durch digitale Token fractionalisiert und so einem breiteren Publikum zugänglich gemacht werden können. Gleichzeitig erfordert der Erfolg aber eine enge Zusammenarbeit zwischen technischen Anbietern, Behörden, Investoren und Endnutzern, um Sicherheit und Vertrauen zu gewährleisten. Die Entwicklung der Tokenisierung realer Vermögenswerte steht exemplarisch für den fortschreitenden Wandel, den die Blockchain-Technologie in traditionellen Finanzmärkten anstößt. In den kommenden Jahren wird sich zeigen, welche Projekte den Spagat zwischen innovativer Technologie und praktischer Alltagsanwendung meistern können. Branchenführer wie Rifad Mahasneh appellieren dabei an Unternehmen, sich nicht von kurzfristigem Hype treiben zu lassen, sondern den Fokus auf nachhaltigen Nutzen zu setzen.