Die weltweite Handelslandschaft steht erneut vor einer grundlegenden Veränderung, da eine der wichtigsten Zollvorteile, die sogenannte 'De Minimis'-Regelung, ab diesem Freitag nicht mehr in der bisherigen Form gilt. Für Händler, Verbraucher und Logistikunternehmen bedeutet das eine Umstellung, die weit über den reinen Zolltarif hinausgreift. Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff 'De Minimis' und warum ist das Ende dieser Ausnahmeregelung so bedeutend? Die Antwort erfordert einen genaueren Blick auf die bisherige Rolle dieser Kostengrenze im internationalen Handel. Der Begriff 'De Minimis' stammt aus dem Lateinischen und bedeutet so viel wie 'von geringer Bedeutung'. Im Zollkontext bezieht sich die 'De Minimis'-Regel auf die Wertgrenze, unterhalb derer Waren zollfrei und oft auch umsatzsteuerbefreit in ein Land eingeführt werden können.
In Deutschland und der Europäischen Union lag diese Wertgrenze lange Zeit bei 22 Euro. Das hieß, dass Bestellungen aus Nicht-EU-Ländern mit einem Warenwert bis 22 Euro ohne Einfuhrumsatzsteuer und ohne Zollgebühren eingeführt werden konnten. Diese Vereinfachung half vor allem Online-Käufern, die bei kleinen Bestellungen keine zusätzlichen Kosten befürchten mussten. Diese Regelung war ein großer Vorteil für Verbraucher und Händler weltweit. Für Unternehmen ermöglichte sie eine unkomplizierte Abwicklung kleiner Sendungen, ohne sich mit komplexen Zollformalitäten beschäftigen zu müssen.
Für Verbraucher bedeutete es oft niedrigere Gesamtkosten beim Einkauf im Ausland überhaupt erst die Attraktivität von internationalen Online-Märkten. Gleichzeitig sorgte die Wertgrenze dafür, dass kleinere Sendungen schnell und unproblematisch zugestellt wurden, was den Online-Handel förderte. Doch die Zeiten ändern sich, und mit der stetigen Zunahme des grenzüberschreitenden Onlinehandels sowie der Sorge vor unfairen Wettbewerbsbedingungen und Steuerverlusten für den EU-Binnenmarkt wurde die 'De Minimis'-Regel zunehmend infrage gestellt. Die EU hat daher beschlossen, die bisherige Freigrenze für Einfuhrumsatzsteuer und Zoll ab dem 1. Juli 2021 ersatzlos abzuschaffen.
Seitdem müssen alle Importe aus Drittländern – auch Waren mit einem Wert unter 22 Euro – grundsätzlich versteuert und deklariert werden. Das Ende der Zollbefreiung für Kleinsendungen stellt nun den endgültigen Schnitt, der am kommenden Freitag gilt, da die Übergangsregelungen zu diesem Datum auslaufen. Was bedeutet diese Veränderung konkret für Händler und Verbraucher? Zunächst einmal führt das Wegfallen der 'De Minimis'-Regel zu einer umfassenderen Zoll- und Steuerkontrolle aller eingeführten Waren aus Drittstaaten. Für Händler im Ausland oder auch deutsche Händler, die Waren aus Nicht-EU-Ländern einkaufen, ist nun jede Sendung mit administrativem Aufwand verbunden. Oft müssen Zollanmeldungen vorgenommen und Einfuhrumsatzsteuer bezahlt werden.
Auch die Logistikdienste stehen vor neuen Herausforderungen, da sie häufig als sogenannte Zollvertreter auftreten und die Formalitäten für ihre Kunden abwickeln müssen. Für Verbraucher bedeutet diese Änderung, dass kleinere Bestellungen aus Nicht-EU-Staaten nun teurer und zeitaufwendiger werden können. Es können zusätzliche Gebühren anfallen, die beim Einkauf vorher nicht auf den ersten Blick sichtbar sind. Die Versandzeit könnte sich im Einzelfall ebenfalls verlängern, da Zollformalitäten den Zustellprozess aufhalten können. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Fairness gegenüber EU-ansässigen Händlern.
Durch das bisherige 'De Minimis'-Regime konnten internationale Händler, die außerhalb der EU operierten, einen Preisvorteil genießen, da sie keine Einfuhrumsatzsteuer für Kleinimporte zahlen mussten. Das Ende dieser Ausnahmeregel soll mehr Wettbewerbsgleichheit schaffen und somit den europäischen Einzelhandel stärken. Für die EU-Länder bedeutet die Abschaffung der 'De Minimis'-Freigrenze zudem mehr Kontrolle über Steuerflüsse und die Möglichkeit, Mehrwertsteuerverluste durch den internationalen Onlinehandel zu reduzieren. Der digitale Binnenmarkt der EU soll dadurch transparenter und gerechter gestaltet werden. Was sollten Online-Händler beachten? Sie müssen sich verstärkt mit den neuen Zoll- und Steuerpflichten auseinandersetzen und gegebenenfalls ihre Systeme zur Abwicklung automatisieren oder externe Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
Eine klare Kommunikation mit Kunden ist entscheidend, damit diese die möglichen zusätzlichen Kosten und längeren Lieferzeiten verstehen können und keine negativen Einkaufserfahrungen entstehen. Auch die Preisgestaltung sollte entsprechend überarbeitet werden, um unliebsame Überraschungen zu vermeiden. Kunden sollten sich ebenfalls informieren und die Gesamtkosten beim Einkaufen im Ausland genau kalkulieren. Die vermeintlichen Schnäppchen können durch Einfuhrabgaben schnell teurer werden. Es ist ratsam, auf Händler zu setzen, die in der EU ansässig sind oder den Versand aus EU-Lagern anbieten, um diese zusätzlichen Kosten zu vermeiden.
Außerdem sollte man sich auf mögliche Verzögerungen einstellen. Einige Händler bieten bereits Komplettpreise inklusive Steuern und Zollgebühren an und übernehmen die Abwicklung im Vorfeld – das kann den Einkauf für Konsumenten deutlich komfortabler machen. Neben diesen praktischen Auswirkungen gibt es auch umfangreiche rechtliche und administrative Konsequenzen. Die Zollverwaltungen in Deutschland und der gesamten EU müssen künftig mehr Sendungen kontrollieren und abfertigen, was Investitionen in Digitalisierung und Ressourcen erfordert. Für die EU ist die neue Situation Teil größerer Bemühungen, den Onlinehandel sicherer, fairer und steuerrechtlich nachvollziehbar zu gestalten.