Die wirtschaftliche Unsicherheit prägt derzeit viele Branchen und ihre Strategien. Besonders im Marketing zeigen sich deutliche Veränderungen bei der Priorisierung von Maßnahmen. Markensicherheit, lange Zeit ein zentraler Wert für Werbetreibende, verliert im aktuellen wirtschaftlichen Umfeld an Gewicht. Stattdessen setzen Marketingverantwortliche verstärkt auf Performance-orientierte Kanäle, die messbare Ergebnisse liefern, auch wenn dies gelegentlich auf Kosten der Markensicherheit gehen kann. Ein Blick auf die Zahlen und Untersuchungen gibt Aufschluss darüber, wie tiefgreifend diese Veränderungen bereits sind und was sie für die Zukunft des Marketings bedeuten.
Die Untersuchung von Advertiser Perceptions, einem renommierten Marktforschungsunternehmen, verdeutlicht diese Entwicklung. Laut aktuellen Daten sind 71 Prozent der Marketingfachleute bereit, Sicherheitsmaßnahmen im Kontext von Markensicherheit anzuwenden, um Desinformation zu vermeiden und seriösen Journalismus zu unterstützen. Interessanterweise signalisiert dieser Wert jedoch einen Rückgang um sieben Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr 2024. Dieser Rückgang ist ein wichtiger Hinweis darauf, wie ökonomische Unsicherheiten ihre Wirkung auf das Entscheidungsverhalten haben. Der Fokus auf performancegetriebene Kanäle erklärt sich aus der Notwendigkeit, den Werbedruck effizienter und zielgerichteter zu gestalten.
In unsicheren Zeiten sind Marketingbudgets häufig limitiert, was strategische Entscheidungen beeinflusst. Die Notwendigkeit, den Return on Investment (ROI) möglichst sicher zu gewährleisten, führt zu einer Priorisierung von Kanälen und Kampagnen, die klar messbare Ergebnisse bringen. Dies geht mit einem gewissen Risiko einher: Die kompromisslos strikte Einhaltung von Markensicherheitsstandards kann dabei auf der Strecke bleiben. Dies zeigt sich ebenfalls darin, dass 21 Prozent der Marketingentscheider keine Absicht haben, Marketingmaßnahmen mit sozialen Themen in Einklang zu bringen – ein Anstieg von fünf Prozentpunkten im Vergleich zu 2024. Diese Entwicklung spiegelt womöglich eine vorsichtigere Haltung gegenüber dem sogenannten Purpose Marketing wider, da in Zeiten wirtschaftlichen Gegenwinds die Konzentration auf das Kerngeschäft verstärkt wird.
Die Wahrnehmung der Konsumenten über Werbung in einem glaubwürdigen Nachrichtenumfeld ist ebenfalls rückläufig. Nur noch 70 Prozent der Befragten stimmen zu, dass Werbung in einem legitimen Nachrichtenumfeld überwiegend positive oder zumindest neutrale Auswirkungen auf Konsumenten hat – ein Rückgang von fünf Prozentpunkten im Jahresvergleich. Diese Erkenntnis unterstreicht, dass der Zusammenhang zwischen Marketinginhalten und ihrem Umfeld zunehmend hinterfragt wird. Eine wesentliche Erkenntnis aus der Studie lautet: Viele Werbetreibende bevorzugen bekannte und bewährte Wege. In ökonomisch volatilen Phasen neigen sie dazu, Risiko zu minimieren – aber innerhalb definierter Grenzen.
So zeigen Daten, dass Markensicherheit weiterhin eine der Hauptursachen dafür ist, dass Werbeausgaben zurückgefahren werden. Etwa 41 Prozent der Befragten nennen suboptimale Kampagnenleistungen und Markensicherheitsbedenken als gleichwertige Gründe für Budgetkürzungen. Die Reputation von Medienunternehmen spielt ebenfalls eine bedeutende Rolle: Etwa 38 Prozent gaben an, ihren Werbeerfolg aufgrund des Ansehens der Medienmarke zu bewerten. Dennoch bedeutet die Prioritätenverschiebung nicht den völligen Verzicht auf Sicherheitsmaßnahmen. Vielmehr deutet vieles darauf hin, dass ein kalkuliertes Risiko toleriert wird, um Reichweite und Kampagnenkennzahlen zu optimieren.
Über ein Drittel (33 Prozent) der Befragten mit einer expliziten Richtlinie gegenüber sogenannten Made-for-Advertising-Websites (MFA-Websites) akzeptieren deren Einbindung in Werbeplatzierungen, um die Reichweite zu erhöhen. Gleichzeitig wollen 47 Prozent MFA-Websites möglichst minimieren, während nur 19 Prozent deren Ausschluss auf Null anstreben. Dies spiegelt einen pragmatischen Umgang mit Umfeldern wider, die traditionell als riskant gelten. Ein zusätzlicher Aspekt ist die technische und operative Herausforderung bei der Verwaltung von Ausschlusslisten. Diese sind essenziell, um Markensicherheit zu gewährleisten, können jedoch mit hohem Zeit- und Kostenaufwand verbunden sein.
Die Anzahl von Marketingexperten, die 2025 noch auf manuell gepflegte Inklusionslisten setzen, ist im Vergleich zu 2024 von 16 auf 12 Prozent gesunken. Eine manuelle Aktualisierung und Pflege gilt als ineffizient und teuer. Vor diesem Hintergrund wird Künstliche Intelligenz (KI) als vielversprechende Lösung angesehen, um diese Prozesse zu automatisieren und effizienter zu gestalten. Laut Expertenmeinungen könnte KI zukünftig helfen, Ausschluss- und Einschlusslisten dynamisch zu verwalten, wodurch Kosten gesenkt und die Genauigkeit der Markensicherheitsmaßnahmen verbessert werden. Dies dürfte nicht nur für die operativen Abläufe, sondern auch für die strategische Markenführung von großer Bedeutung sein.
Die genannten Zahlen zeigen deutlich, dass wirtschaftliche Rahmenbedingungen einen direkte Einfluss auf die strategische Ausrichtung im Marketing haben. Die Herausforderung für Unternehmen besteht darin, eine Balance zu finden zwischen risikobegrenzendem Verhalten und dem Drang, mit mutigen Maßnahmen Reichweite und Wirkung zu erzielen. Während Markensicherheit weiterhin einen wichtigen Stellenwert besitzt, ist klar erkennbar, dass sie mittlerweile eher als Teil eines größeren strategischen Kompromisses gesehen wird. Für Marketer bedeutet dies, dass sie ihre Ziele und Prioritäten regelmäßig überprüfen und anpassen müssen. Innovationsbereitschaft und der Einsatz moderner Technologien, wie etwa KI, können dabei helfen, den Spagat zwischen Sicherheit und Effektivität zu meistern.
Zugleich ist es wichtig, die Konsumentenperspektive nicht aus den Augen zu verlieren – denn wer seine Zielgruppe versteht und ernst nimmt, kann auch in herausfordernden Zeiten Vertrauen aufbauen und erhalten. Auch die Verantwortung von Plattformen und Medienunternehmen rückt vermehrt in den Fokus. Transparenz, vertrauenswürdiger Journalismus und die Vermarktung in seriösen Umfeldern sind unverändert Schlüsselfaktoren für Marken, die ihre Reputation schützen möchten. Im Spannungsfeld von Performance-Optimierung und Markenwertpflege wird die Qualität von Medieninhalten somit zum entscheidenden Faktor der Werbewirkung. Insgesamt lässt sich festhalten, dass Markensicherheit in wirtschaftlich unsicheren Zeiten nicht aufgegeben, sondern neu definiert wird.
Die Zahlen spiegeln ein Umdenken wider, das von pragmatischen Kompromissen geprägt ist. Das Marketing befindet sich in einer Phase des Wandels, der durch technologische Fortschritte, verändertes Konsumentenverhalten und globale wirtschaftliche Herausforderungen beeinflusst wird. Wer diese Dynamik versteht und flexibel darauf reagiert, kann seine Marken auch in stürmischen Zeiten erfolgreich positionieren und Wachstum ermöglichen.