In einer Zeit rasanter Digitalisierung und wachsender Vernetzung von Systemen wurde in den späten 1990er-Jahren mit CORBA, der Common Object Request Broker Architecture, eine bedeutende Innovation vorgestellt, die die Softwareentwicklung und die Zusammenarbeit verschiedener Systeme grundlegend verändern sollte. CORBA wurde von der Object Management Group (OMG) entwickelt und stellte eine standardisierte Methode dar, um verteilte Objekte auf verschiedensten Plattformen und in unterschiedlichen Programmiersprachen miteinander kommunizieren zu lassen. Die Vision: Softwarekomponenten über Netzwerkgrenzen, Betriebssysteme und Programmiersprachen hinweg nutzbar machen zu können, ohne sich um die darunterliegenden Details kümmern zu müssen. Damit setzte CORBA auf das Prinzip der Interoperabilität, das im Zuge der fortschreitenden Globalisierung von Technologielösungen unverzichtbar wurde. CORBA entstand aus der Beobachtung, dass die Softwareentwicklung zunehmend auf objektorientierten Konzepten basierte.
Entwickler und Unternehmen erkannten, dass kleinere, spezialisierte Komponenten – sogenannte Objekte – flexibler und besser wartbar waren als monolithische Programme. Dieses Komponentenprinzip ließ sich viel leichter über Netzwerke verteilen und bot den Vorteil einer modulartigen Anpassung und Erweiterung bestehender Software, ohne größere Umbauten vornehmen zu müssen. Der Release von CORBA 2.0 im Jahr 1995 fiel zudem mit dem Aufkommen der Programmiersprache Java zusammen, die ebenfalls eine plattformunabhängige und objektorientierte Programmierung propagierte. Java passte damit perfekt zum CORBA-Ansatz, denn es ermöglichte ebenso die Erstellung verteilter Softwarekomponenten, die über das Internet abrufbar waren.
In der Praxis fungiert CORBA als ein vollständiges Plattform-übergreifendes System, das ein Objekt-Request-Broker (ORB) nutzt, um Client-Anwendungen mit den gewünschten Objekten zu verbinden. Für die Anwendungsentwickler bedeutete dies eine enorme Vereinfachung: Sie mussten nicht wissen, wo sich das Objekt befindet, auf welchem Betriebssystem es ausgeführt wird oder in welcher Programmiersprache es implementiert ist. Entscheidend waren lediglich der Objektname und die Schnittstelle, über die das Objekt angesprochen werden konnte. Der ORB übernahm Aufgaben wie die Lokalisierung des Objekts, das Routing von Funktionsaufrufen und das Übermitteln der Ergebnisse. Netscape war einer der Vorreiter, der frühzeitig erkannte, welch wichtige Rolle CORBA in der Zukunft des Internets und der Unternehmenssoftware spielen würde.
Das Unternehmen plante, CORBA fest in seine Produktlinien zu integrieren und so die nächste Generation an Anwendungen für Intranets, Extranets und das Internet zu ermöglichen. Diese Vision umfasste nicht nur die einfache Bereitstellung von Inhalten, sondern vor allem den Zugriff auf Dienste wie Datenbanken, Finanzsysteme oder Bestandsverwaltung mittels vernetzter, objektorientierter Softwarekomponenten. Die Software wurde dabei modular, update-fähig und plattformunabhängig – Eigenschaften, die gerade beim schnellen Wandel digitaler Geschäftsprozesse entscheidend sind. Die Funktionen, die CORBA bietet, sind vielfältig und weitreichend. Zum einen sorgt das objektorientierte Design dafür, dass Anwendungen in wiederverwendbare Komponenten zerlegt werden können, die durch ihre klar definierten Schnittstellen die Komplexität reduzieren.
Dies spart Zeit und Kosten in der Entwicklung, da einmal entwickelte Objekte vielfach eingesetzt werden können. Zum anderen ist CORBA plattform- und sprachunabhängig, was die Wiederverwendung von bestehendem Code fördert und es Unternehmen erlaubt, flexibel auf unterschiedliche technische Infrastrukturen zu reagieren. Zudem fördert CORBA dank des Internet Inter-ORB Protocol (IIOP) die Interoperabilität zwischen verschiedenen Anbieterlösungen, wodurch eine Zusammenarbeit von Objekten unterschiedlicher Herkunft ermöglicht wird. Eine der großen Stärken von CORBA ist die Modularität. Objekte kommunizieren ausschließlich über ihre definierten Schnittstellen, wodurch Änderungen an der internen Implementierung eines Objekts ohne Auswirkungen auf dessen Nutzer möglich sind.
Das schützt Bestandssoftware vor unnötigen Anpassungen, wenn einzelne Komponenten weiterentwickelt werden. Außerdem erlaubt CORBA die Integration von Legacy-Systemen. Netzwerkfähige Hüllen um bereits bestehende Programme sorgen dafür, dass diese in die moderne verteilte Objektwelt eingebunden werden können – eine wichtige Eigenschaft für Unternehmen mit komplexen und langjährigen IT-Landschaften. Darüber hinaus sorgt CORBA für Sicherheit durch Verschlüsselung, Authentifizierung und Autorisierung, welche den Zugriff auf Objekte und Dienste kontrollieren. Solche Schutzmaßnahmen sind besonders in großen Netzwerkumgebungen, etwa im E-Commerce oder im Gesundheitswesen, essenziell.
Netscape und die OMG gingen mit CORBA den Schritt, das Internet Inter-ORB Protocol zu etablieren, das auf TCP/IP aufsetzt und den Transport von Objektnachrichten zwischen verschiedenen ORBs regelt. IIOP machte CORBA-basierte Kommunikation offener und plattformübergreifend ohne Bindung an proprietäre Protokolle. Im Vergleich zu statischen HTTP- oder CGI-basierten Anfragen bot CORBA mit IIOP den Vorteil, dass Zustandsinformationen erhalten bleiben konnten, was komplexe Transaktionen und fortlaufende Sitzungen wesentlich effizienter werden ließ. In der Praxis lassen sich mit CORBA vielfältige Anwendungen realisieren, wie das Tracking von Paketen im Versandhandel. Hierbei kann ein Webbrowser über eine eingebettete Java-Applet-Komponente mittels ORB eine Anfrage an ein serverseitiges Objekt schicken, das den Status einer Sendung ermittelt.
Diese Kommunikation erfolgt vollkommen transparent unter Einsatz von IIOP und ermöglicht es, auch auf legacy-basierte Datenbanken und Systeme zuzugreifen. Der Nutzer sieht dabei stets eine nahtlose Interaktion, ganz gleich über welches Betriebssystem oder welche Programmiersprache im Hintergrund gearbeitet wird. Die Flexibilität der Client-Server-Rollen der Objekte erlaubt darüber hinaus ein dynamisches Verhalten, das auf die jeweilige Situation angepasst werden kann. Die Entwicklung von CORBA-Objekten erfolgt klassisch über die Interface Definition Language (IDL), welche als sprachneutrale Beschreibungssprache die Schnittstellen genauer definiert. Diese Spezifikationen werden dann in die jeweilige Programmiersprache wie Java oder C++ übersetzt, um die Implementierung zu erleichtern.
Netscape beschritt mit dem sogenannten „Caffeine“-Compiler (java2iiop) auch den Weg, Java-Bitcode direkt in CORBA-konforme Objekte umzuwandeln, ohne die Zwischenschritt der IDL verwenden zu müssen. Dies ermöglichte eine vereinfachte Integration für Java-Entwickler und beschleunigte die Verbreitung objektorientierter vernetzter Software. Die strategische Bedeutung von CORBA spiegelt sich auch in Netscapes Ansatz wider, CORBA tief in sämtliche Produktlinien zu integrieren. Mit Produkten wie dem Netscape Communicator und dem Netscape Enterprise Server wurden Java und C++ ORBs angeboten, die Entwickler befähigten, verteilte, interoperable Anwendungen zu erstellen. Zudem wurden Tools bereitgestellt, welche die Entwicklung und das Testen von CORBA-Objekten vereinfachten und eine stärkere Durchdringung der Technologie in der breiten Entwicklergemeinde förderten.
CORBA wurde zur Grundlage für das, was Netscape als "Crossware" bezeichnete – Anwendungen, die nahtlos über Netzwerke hinweg operieren, Betriebssystemgrenzen überschreiten und ganzheitlich auf offenen Internetstandards basieren. Diese verteilten Anwendungen setzen sich aus modularen Komponenten zusammen, die unabhängig voneinander aktualisiert und gepflegt werden können. Crossware wurde als Vision für die Zukunft des Internets betrachtet, in der die Interoperabilität und Skalierbarkeit von Anwendungen deutlich größere Bedeutung erlangen würden als die bisher dominanten monolithischen Systeme. Im internationalen Wettbewerb standen CORBA Technologien wie Microsofts DCOM und Java RMI gegenüber, die jeweils eigene Ansätze verfolgten. CORBA behauptete sich besonders dank seiner Plattform- und Sprachunabhängigkeit, die es mit proprietären Lösungen nicht leisten konnte.
Während RMI stark auf Java fokussiert war und DCOM hauptsächlich in Windows-Umgebungen eingesetzt wurde, zeichnete sich CORBA durch seine universelle Ausrichtung und sein offenes Protokoll aus. Zudem bot CORBA erweiterte Dienste wie Namensdienste, Transaktions- und Sicherheitskomponenten, die über das reine Objekt-Management hinausgingen. Trotz seiner hohen Komplexität und dem teilweise anfänglichen Aufwand in der Implementierung hat CORBA nachhaltig die Art und Weise beeinflusst, wie verteilte Systeme und Software-Komponenten konzipiert werden. Viele moderne Middleware-Lösungen bauen auf den Prinzipien von CORBA auf oder wurden davon inspiriert. Die Idee, verteilte Objekte über standardisierte Schnittstellen miteinander kommunizieren zu lassen, war ein Meilenstein in der Evolution der Softwarearchitekturen.
Abschließend lässt sich sagen, dass CORBA mit seiner Veröffentlichung 1997 einen wichtigen Schritt in Richtung vernetzter, interoperabler Softwareplattformen einleitete. Die Initiative von Netscape, CORBA umfassend zu unterstützen und zu fördern, unterstrich die Bedeutung der Technologie für das Internet und das Unternehmensgeschäft. CORBA ermöglichte es Unternehmen, bestehende IT-Anwendungen zu modernisieren, neue plattformübergreifende Anwendungen zu entwickeln und so die nächste Generation von vernetzten Geschäftsprozessen aktiv zu gestalten. Das Objektmodell von CORBA zeigte frühzeitig, wie das Internet über statische Inhalte hinauswachsen kann und sich zu einer dynamischen, serviceorientierten Infrastruktur entwickeln würde – eine Vision, die heute in modernen Cloud- und Microservices-Architekturen weiterlebt.