Der Panamakanal ist seit seiner Errichtung ein essenzieller Knotenpunkt im globalen Handel und der maritimen Logistik. Die strategische Bedeutung dieser künstlichen Wasserstraße, die den Atlantik mit dem Pazifik verbindet und damit den langen Umweg um Südamerika deutlich verkürzt, ist unbestritten. Die Kontrolle über den Kanal bedeutet nicht nur wirtschaftliche Vorteile für die betreibende Macht, sondern stellt auch einen geopolitischen Hebel dar, mit dem Einfluss auf globale Handelsströme und militärische Bewegungen ausgeübt werden kann. In jüngerer Zeit hat der ehemalige US-Präsident Donald Trump öffentlich seine Absicht bekundet, den Panamakanal, der seit Ende 1999 unter panamaischer Kontrolle steht, wieder „zurückzuholen“. Die Gründe für diese Haltung, die historischen Hintergründe und die möglichen Wege, auf denen die USA dieses Ziel erreichen könnten, sind komplex und facettenreich.
Ein genauer Blick auf die Geschichte des Kanals, die aktuellen rechtlichen Abkommen sowie die geopolitische Lage hilft dabei, Trumps Wunsch und seine Chancen realistisch einzuordnen. Die Geschichte des Panamakanals ist eng mit dem Aufstieg der USA zur globalen Macht verbunden. Ursprünglich war Panama Teil Kolumbiens, als die französischen Ingenieure unter Führung von Ferdinand de Lesseps Ende des 19. Jahrhunderts mit dem Bau des Kanals begannen. Das Projekt scheiterte damals vor allem aufgrund technischer Fehleinschätzungen und der hohen Zahl von Krankheiten wie Malaria und Gelbfieber unter den Arbeitern.
Erst nachdem die USA unter Präsident Theodore Roosevelt intervenierten, entstand ein neues Szenario. Aufgrund verweigerter Verhandlungen mit Kolumbien unterstützte die US-Regierung 1903 die Unabhängigkeit Panamas. Kurz darauf wurde der Hay-Bunau-Varilla-Vertrag unterzeichnet, der den USA dauerhafte Kontrolle über den Kanal gewährte. Der Bau begann 1904 und zur Eröffnung 1914 wurde der Kanal zu einem Symbol amerikanischer Ingenieurskunst und geopolitischer Schlagkraft. Die US-Kontrolle über den Kanal wurde jedoch im Laufe des 20.
Jahrhunderts zur Last, da das Streben Panamas nach Souveränität zunahm. Unter Präsident Jimmy Carter und dem panamaischen Führer Omar Torrijos wurden die so genannten Torrijos-Carter-Verträge beschlossen, die die Übergabe der Kontrolle an Panama bis Ende 1999 regelten. Seitdem wird der Kanal von der panamaischen Firma Panama Canal Authority (PCA) betrieben. Diese handelte den Übergang so aus, dass der Kanal weiterhin als neutraler internationaler Wasserweg erhalten bleibt. Doch hinter der Oberfläche der scheinbaren Kooperation verbirgt sich ein geopolitisches Tauziehen, das bis heute anhält.
Für Donald Trump ist der Panamakanal weit mehr als lediglich eine Wasserstraße. Er bezeichnet ihn als eine „globale Schaltstelle“ mit erheblicher wirtschaftlicher und militärischer Bedeutung. Laut Schätzungen nutzen etwa 14 Prozent der US-Handelsschiffe den Kanal, während China mit rund 21 Prozent die zweitgrößte Nutzergruppe stellt. Trump sieht darin ein Problem, insbesondere in Bezug auf den angeblich ungleichen Umgang der Panama Canal Authority gegenüber US-Schiffen. Es besteht die Sorge, dass durch den verlängerten Einfluss chinesischer Unternehmen auf die Häfen Balboa und Cristóbal – die seit 1997 und sogar bis 2047 im chinesischen Besitz sind – die USA in ihrer strategischen Position geschwächt werden.
Im Raum steht der Vorwurf, dass China dadurch indirekten Einfluss auf den Kanal erhält, was der Verpflichtung zur Neutralität und zur vollständigen Kontrolle Panamas gemäß der bestehenden Verträge widersprechen könnte. Aus rechtlicher Perspektive bieten die in den Torrijos-Carter-Verträgen verankerten Artikel einige potenzielle Ansatzpunkte für die USA, ihre Ansprüche zu erneuern. Der Vertrag garantiert die dauerhafte Neutralität des Kanals, wobei die USA unter bestimmten Umständen, vor allem bei nachweislicher Diskriminierung oder Verletzung der Neutralitätsbedingungen, ihre Rechte geltend machen könnten. Trump und seine Außenpolitikberater berufen sich auf Artikel 4, der besagt, dass Verstöße gegen die Kanalneutralität den Vertrag hinfällig machen könnten. Sollte demnach Panama oder die PCA in irgendeiner Weise unfaire Praktiken gegenüber US-Schiffen verfolgen oder chinesische Einflussnahme eine Militarisierung oder nicht-panamaische Kontrolle des Kanals bewirken, böte dies zumindest völkerrechtlich Ansatzpunkte für eine Intervention oder Wiedererlangung der Hoheit.
Allerdings ist diese Rechtslage keineswegs eindeutig. Panama argumentiert, dass die chinesische Kontrolle der Häfen nicht gleichbedeutend mit einer Kontrollübernahme des Kanals ist. Die PCA bleibt Betreiber und Verantwortlicher der Kanalinfrastruktur, was den Geist und Buchstaben der Verträge erfüllen würde. Dennoch wiegt die geopolitische Bedeutung schwer: Die Befürchtung, China könnte die Häfen als Stützpunkte für militärische oder Spionagezwecke nutzen – ähnlich wie es in anderen Regionen der Welt bereits vermutet wird – verunsichert die US-Regierung. Dabei ist zu beachten, dass Hinter Schweigediplomatie und politischen Signalen das strategische Kalkül steht, die amerikanische Vorherrschaft in der westlichen Hemisphäre aufrechtzuerhalten.
Dies entspricht auch dem Monroe-Doktrin-Prinzip, das aus dem 19. Jahrhundert stammt und besagt, dass fremde Mächte keinen Einfluss auf Nord- und Südamerika ausüben sollten. Ein weiteres Element im Trump-Plan könnte das Auflösen oder Anfechten der chinesischen Hafenverträge sein. Der private chinesische Konzern CK Hutchison Holdings hält bereits seit Jahrzehnten die wichtigen Hafenlizenzen. Aufgrund der zunehmend verwischten Grenzen zwischen staatlichen und privaten Akteuren in China, speziell im Kontext der Kontrolle und Einflussnahme Pekings auf Unternehmen, könnten die USA Druck auf Panama ausüben, diese Verträge unter Verweis auf Sicherheitsbedenken aufzukündigen und stattdessen Unternehmen aus den USA oder dessen Verbündeten den Vorzug zu geben.
Dies würde zwar nicht direkt die Kanalkontrolle angreifen, könnte aber die chinesischen Einflussmöglichkeiten signifikant reduzieren. Doch solch ein Vorgehen hätte weitreichende Konsequenzen. Nicht nur stünde eine solche Forderung im Konflikt mit multilateralen Interessen und könnte heftigen Widerstand nicht nur von Panama, sondern auch von anderen lateinamerikanischen Staaten hervorrufen. Dies könnte zu einer regionalen Isolierung der USA führen, gerade in Zeiten, in denen Partnerschaften und diplomatische Zusammenarbeit in der Region wichtige Themen auf der internationalen Agenda sind. Auch die chinesische Reaktion wäre erheftig einzuschätzen.
Angesichts der globalen Verflechtungen beider Mächte könnte ein derartiger Schritt Spannungen bis hin zu wirtschaftlichen Sanktionen und weiteren geopolitischen Krisen hervorrufen. Aus innenpolitischer Sicht dient Trumps harte Haltung auch dazu, sein „America First“-Narrativ zu stärken. Die Rückerlangung des Panamakanals könnte als großer diplomatischer und wirtschaftlicher Sieg verkauft werden, der den Einfluss der USA auf das weltpolitische Parkett demonstriert und gleichzeitig das Vertrauen in seine Führungsstärke stärkt. Kritiker im eigenen Land, die solche Handlungen als aggressiv oder isolationistisch bewerten, können so als illoyal oder gegen nationale Interessen gerichtet dargestellt werden. Trump als Verhandlungsführer und Stratege ist dafür bekannt, solche Aktionen als Teil eines größeren Spiels um Macht und Einfluss zu inszenieren.
Letztlich bleibt die Frage offen, ob die Vorteile einer Rückerlangung der Kontrolle über den Panamakanal die globalen Risiken und Kosten tatsächlich aufwiegen. Gegenüber der einfachen militärischen Übernahme steht eine komplexe Gemengelage aus internationalem Recht, diplomatischen Beziehungen, ökonomischen Interessen und geopolitischen Rivalitäten. Zwar besitzt die USA weiterhin erheblichen politischen und militärischen Einfluss, doch die engen Verflechtungen globaler Akteure machen ein einseitiges Vorgehen zunehmend riskant und vermutlich kostspielig. Die Geschichte des Panamakanals zeigt deutlich, wie grundlegend wirtschaftliche Infrastruktur für geopolitische Dominanz ist. Mit dem zunehmenden Wettbewerb zwischen den USA und China im Indopazifik und darüber hinaus gewinnt die Kontrolle über solche Knotenpunkte noch an Bedeutung.
Für Trump und seine Unterstützer ist der Kanal daher weit mehr als nur eine Wasserstraße – er ist ein Symbol für Macht, Einfluss und wirtschaftliche Souveränität. Ob und wie dieser Plan umgesetzt wird, hängt von vielen Faktoren ab: der innenpolitischen Lage in den USA, dem politischen Willen Panamas, den internationalen Reaktionen sowie der machtstrategischen Einschätzung der beteiligten Akteure. Abschließend lässt sich sagen, dass Trumps Wunsch, den Panamakanal zurückzugewinnen, tief in der amerikanischen Geschichte und im Selbstverständnis als Weltmacht verwurzelt ist. Die rechtlichen und politischen Mittel hierfür sind zwar vorhanden, doch ihr Einsatz wäre mit erheblichen Herausforderungen verbunden. Die internationale Bühne und die weltwirtschaftlichen Verflechtungen verlangen vorsichtiges Vorgehen, doch die Trump-Administration zeigt eindeutig, dass sie bereit ist, dieses Terrain vermehrt zu bespielen.
Die kommenden Jahre werden zeigen, ob der Panamakanal erneut zum Schauplatz weltpolitischer Machtspiele wird oder ob die aktuelle Ordnung Bestand haben kann.