Die Astronomie erlebt erneut einen bedeutenden Fortschritt durch die Entdeckung eines neuen Millisekunden-Pulsars mit Hilfe des Five-hundred-meter Aperture Spherical Radio Telescopes, kurz FAST. Dieses gigantische Radioteleskop in China stellt ein Werkzeug von immenser Sensitivität dar und ermöglicht es Wissenschaftlern, selbst schwache Signale aus den entlegensten Regionen des Kosmos zu erkennen. Die aktuelle Entdeckung zeigt dabei nicht nur die technologische Stärke von FAST, sondern auch die Herausforderungen, die mit der Untersuchung dicht bevölkerter Himmelsregionen verbunden sind. Der neue Pulsar, bezeichnet als PSR J2129-1210O (auch M15O genannt), war bisher aus einem besonderen Grund für frühere Untersuchungen nicht zu identifizieren: sein Signal überlagerte sich mit dem eines schon bekannten Pulsars in der Nähe, was eine klare Unterscheidung erschwerte. Pulsare sind rotierende Neutronensterne, deren starke Magnetfelder Strahlen elektromagnetischer Wellen aussenden.
Werden diese Strahlen von der Erde aus gesehen, erscheinen sie als regelmäßige Impulse, vergleichbar mit einem kosmischen Leuchtturm. Besonders interessant sind Millisekunden-Pulsare, deren Rotationsperiode weniger als 30 Millisekunden beträgt. Sie entstehen meist in Doppelsternsystemen, wenn ein Neutronenstern Materie von seinem Begleiter akkretieren kann, wodurch sich seine Rotation beschleunigt. Diese pulsierenden Himmelskörper sind deshalb nicht nur faszinierende astrophysikalische Objekte, sondern auch wichtige Werkzeuge für die Erforschung der Gravitationsphysik und der interstellaren Materie. Die Entdeckung von PSR J2129-1210O erfolgte im Kugelsternhaufen NGC 7078, besser bekannt als Messier 15 oder kurz M15.
Dieser Kugelsternhaufen gehört zu den ältesten und am dichtesten kollabierten seiner Art in unserer Milchstraße und liegt ungefähr 35.700 Lichtjahre entfernt. Kugelsternhaufen stellen dicht gepackte Sternansammlungen dar, die zahlreiche Neutronensterne und damit auch Pulsare beherbergen können. Simulationen hatten bereits zuvor gezeigt, dass M15 unter allen Kugelsternhaufen im Bereich des mit FAST beobachteten Himmels die höchste Anzahl potenzieller Pulsare aufweist. Dadurch ist er ein ideales Ziel für Pulsarsuchen mit hochsensiblen Radioteleskopen.
Das Team rund um Yinfeng Dai von der Guizhou-Universität begann Ende 2019 eine umfassende Beobachtungskampagne mit FAST, die bis Anfang 2024 andauerte. Während dieser Zeit entdeckten sie neben anderen neuen Pulsaren eben auch den Pulsar PSR J2129-1210O, dessen Spinperiode etwa 11,07 Millisekunden beträgt. Die besondere Herausforderung bestand darin, dass diese Periode sehr nahe am zehnten Vielfachen (Harmonischen) eines bereits bekannten Pulsars im selben Cluster, PSR J2129+1210A (auch M15A genannt), lag. Signalüberlagerungen und ähnliche Dispersion-Maße (DM), also die Streuung der Radiowellen durch interstellare Materie, erschwerten die Identifikation des neuen Pulsars erheblich. In der Radioastronomie wird die Pulsarsuche häufig mit Faltungsalgorithmen durchgeführt, die wiederholte Signale herausfiltern.
Wenn sich jedoch die Perioden zweier Pulsare und ihre Dispersion-Maße zu sehr ähneln oder gar harmonisch zueinander stehen, prallen die Signalstrukturen aufeinander und verhindern eine klare Trennung. Damit geraten selbst ausgefeilte Algorithmen an ihre Grenzen. Das war auch bei M15O der Fall, weshalb der Pulsar von früheren Untersuchungen nicht entdeckt wurde. Die Wissenschaftler konnten diese Problematik nur durch detaillierte Analysen und spezielle Signalverarbeitung überwinden, die eine Trennung der überlappenden Signale ermöglichte. Der neu gefundene Pulsar M15O befindet sich in einem sehr engen Verhältnis zum Zentrum des Kugelsternhaufens.
Seine projizierte Entfernung vom optischen Zentrum des Clusters beträgt nur 0,37 Bogensekunden, was ihn zum pulsarnächsten Objekt dieses Systems macht. Zudem ist er lediglich 0,81 Bogensekunden von dem hellen M15A entfernt. Dieses enge Nebeneinander in Kombination mit den ähnlichen Signalparametern erklärt, warum sie sich gegenseitig sowohl im Frequenz- als auch im Zeitbereich überlagern. Die Entdeckung zeigt exemplarisch, wie komplex die Radioastronomie in dichten Sternhaufen ist und wie wichtig leistungsfähige Instrumente plus innovative Analyseverfahren sind. Neben M15O spürte das Team mit FAST außerdem weitere Pulsare in M15 auf, darunter PSR J2129+1210M und PSR J2129+1210N, deren detaillierte Beschreibungen in zukünftigen wissenschaftlichen Publikationen erwartet werden.
Diese Funde vergrößern nicht nur die Pulsarpopulation des Clusters, sondern liefern auch wertvolle Daten für die dynamischen Modelle solcher Systeme. Das Arbeiten mit solchen hochdynamischen Sternumgebungen ist für Forscher besonders spannend, denn in Kugelsternhaufen können Interaktionen und Kollisionen zwischen Sternen wesentlich häufiger vorkommen als in lockereren galaktischen Regionen. Diese dichte Umgebung beeinflusst wiederum die Lebenszyklen von Pulsaren, etwa in Form von Austausch- oder Rekombinationsprozessen, die deren Rotation und Magnetfelder verändern. Neue Entdeckungen wie die von FAST helfen daher, die Entwicklung der Neutronensterne unter diesen Bedingungen zu verstehen und tragen auch zur Erforschung von Phänomenen wie Gravitationswellenemission bei. Aus technologischer Sicht demonstriert die Entdeckung von M15O zugleich den Fortschritt in der Signalverarbeitung.
Durch Verfeinerung der Faltungsmethoden und Erkennung überlappender Harmonischer konnten Wissenschaftler nun ein langjähriges Rätsel um einen verborgenen Pulsar lösen. Das spiegelt den Trend in der Radioastronomie wider, bei dem Sensitivität, Datenvolumen und Analysealgorithmen in einem stetigen Wettlauf stehen, um immer feiner strukturierte kosmische Signale voneinander zu trennen. Darüber hinaus hat die Arbeit mit FAST eine strategische Bedeutung für zukünftige Pulsarstudien. Das Teleskop bietet nicht nur ein enormes Empfangsvermögen, sondern auch eine spezielle Fähigkeit, in Regionen mit hoher Sternendichte gezielt nach Hochgeschwindigkeitspulsaren zu suchen. Da diese tendenziell schwache Signale aussenden und oft in komplexen Umgebungen liegen, kommt der Kombination aus Bandbreite, räumlicher Auflösung und fortschrittlicher Datenanalyse eine zentrale Rolle zu.