Am Dienstag erreichte das Handelsvolumen an der Nasdaq ein historisches Hoch und stellte damit den drittgrößten Wert in der Geschichte der US-Technologiebörse dar. Über 13 Milliarden Aktien wechselten an diesem Tag den Besitzer, ein Wert, der nur bei zwei anderen Gelegenheiten übertroffen wurde. Ein Vergleich zum April 2019 zeigt, wie außergewöhnlich diese Situation ist: Damals führte die Aussetzung von US-Zöllen unter Präsident Donald Trump zu einem mehr als 12-prozentigen Sprung des Nasdaq Composite Index. Doch die aktuelle Situation unterscheidet sich grundlegend von jener Phase und birgt tiefgreifendere Einsichten für Investoren und Marktbeobachter. Das ungewöhnlich hohe Volumen ist auf den Handel mit sogenannten „billigen Aktien“ zurückzuführen, die meist für weniger als einen US-Dollar pro Aktie gehandelt werden.
Interessanterweise stammen fast 58 Prozent des gesamten Handelsvolumens vom Dienstag aus nur sieben dieser günstig gehandelten Titel, darunter Unternehmen wie LogicMark, Damon, WW International und einige andere kleine Werte. Diese Gruppe wird von der Analystengemeinschaft manchmal als „Inferior 7“ bezeichnet und steht in starkem Kontrast zu den sogenannten „Magnificent 7“, jenen großen Tech-Giganten, welche die Kursentwicklung des Nasdaq maßgeblich beeinflussen. Trotz der enormen Stückzahlen lag der wirtschaftliche Wert dieser Aktien im Vergleich zum gesamten gehandelteten Kapital nur bei einem Bruchteil. Die sieben billigsten Aktien erzeugten zusammen lediglich etwa 769 Millionen US-Dollar an Handelsvolumen. Das entspricht gerade einmal 0,28 Prozent des Gesamtvolumens in Dollar.
Zum Vergleich: Tesla, das nur etwa 108 Millionen Aktien an jenem Tag gehandelt hat, generierte beeindruckende 31 Milliarden US-Dollar Volumen, also das Vierzigfache des Volumens der sieben Billigtitel. Selbst für einen durchschnittlichen Handelstag ist das ein enormer Wert. Die Gründe für das hohe Handelsvolumen bei den günstigen Aktien sind vielfältig. Einerseits beeinflussen kurzfristige Nachrichten wie Veränderungen im Vorstand bei LogicMark oder eine neue Partnerschaft von WW International mit dem Pharmakonzern Eli Lilly die Anlegerstimmung und lösen Trading-Aktivitäten aus. Andererseits begünstigen strukturelle Marktveränderungen die Attraktivität dieser Niedrigpreisaktien.
Die Abschaffung von Handelskommissionen hat es Kleinanlegern erleichtert, selbst kleinste Aktienmengen zu handeln, ohne dabei erhebliche Kosten fürchten zu müssen. Gleichzeitig ermöglicht moderne Technologie wie Hochfrequenzhandel, sehr schnelle und häufige Transaktionen, die das Volumen weiter in die Höhe treiben. Ein weiterer Faktor ist die wachsende Zahl von börsengehandelten Fonds (ETFs) und Optionen, die ebenfalls den Handel auf der Basis kleiner Aktien erhöhen. Marktteilnehmer, die diese Finanzprodukte managen, müssen ständig ihre Positionen anpassen, was zu häufigen Käufen und Verkäufen von Aktien führt – und damit deutlich mehr Handelsvolumen generiert. Allerdings spiegeln diese Handelsaktivitäten oft keine gezielten Investments institutioneller Anleger wider, die typischerweise auf fundamentale Werte setzen.
Für Anleger und Marktbeobachter ist es deshalb wichtig, das Handelsvolumen nicht nur isoliert zu betrachten, sondern auch dessen Qualität und Ursprung zu analysieren. Hohe Stückzahlen allein sind kein Beleg für echtes Interesse oder nachhaltige Marktbewegungen – insbesondere wenn diese von Aktien mit niedrigem Kurs und hoher Volatilität ausgehen. Die Investoren-Methodik von Investor’s Business Daily (IBD) empfiehlt, auf Aktien mit einem Kurs von mindestens zehn US-Dollar und starken Relative-Stärke- und Composite-Ratings zu setzen. Solche Titel neigen dazu, sich in einem Aufwärtstrend zu befinden und bieten bessere Chancen für erfolgreiche Kursausbrüche. Verschiedene Marktmechanismen erschweren jedoch häufig die Analyse von Volumen-Daten.
Dazu zählen saisonale Effekte, besondere Börsentage wie Optionenverfallstage (Triple Witching) und Anpassungen der Indexzusammensetzung. Auch technische Faktoren wie Aktien-Splits oder die Umstellung auf dezimale Preisgestaltung beeinflussen das Handelsverhalten nachhaltig. Gerade die Reduktion von Spreads durch größere Markttransparenz hat den Hochfrequenzhandel stark begünstigt und das Bild verzerrt, das vom Handelsvolumen gezeichnet wird. Die Bedeutung von Volumen-Daten ist vor allem dann hoch, wenn sie im Zusammenspiel mit Kursentwicklungen Hinweise auf Markttrends geben. So sind beispielsweise sogenannte Follow-Through-Days und Distribution-Days wichtige Signale in der Analyse von Aktienmärkten.
Sie helfen dabei, festzustellen, ob institutionelle Anleger kaufen oder verkaufen. Doch die Qualität dieser Signale hängt direkt von der Genauigkeit der Volumenmessungen ab. Wenn der Großteil der Transaktionen auf penny stocks entfällt, kann dies das Bild erheblich verfälschen. Insgesamt zeigen die Ereignisse am Dienstag an der Nasdaq, wie komplex und vielschichtig die jüngsten Marktbewegungen sind. Während die Anzahl der gehandelten Aktien auf Rekordniveau ist, ist der tatsächliche Geldfluss in hochwertigere Titel vergleichsweise moderat.
Für professionelle Anleger bedeutet dies, dass sie genau differenzieren müssen, welche Volumenentwicklungen aussagekräftig sind und welche lediglich statistische Ausreißer beziehungsweise technische Effekte darstellen. Investoren sollten daher nicht nur auf bloße Handelszahlen achten, sondern deren tieferliegende Ursachen verstehen. Ein langfristig erfolgreicher Investmentansatz basiert auf fundierter Analyse und einer Beachtung von Qualitätsparametern jenseits des reinen Aktienvolumens. Die jüngsten Bewegungen am Nasdaq liefern eine wertvolle Erinnerung daran, dass hohe Volumina allein nicht automatisch auf bedeutende Marktveränderungen hindeuten. Wer den Markt künftig genau beobachten möchte, sollte zudem technologische Trends berücksichtigen, welche die Handelslandschaft weiterhin prägen werden.