Die Enthüllung eines massiven Krypto-Betrugsnetzwerks in Kambodscha wirft ein düsteres Licht auf das Land und seine Regierung. Laut einem aktuellen Bericht der Anti-Trafficking-Organisation Humanity Research Consultancy (HRC) sind hochrangige kambodschanische Beamte direkt in ein imposantes global agierendes Betrugs-Und-Kryptoschema verwickelt, das jährlich Einnahmen von bis zu 19 Milliarden US-Dollar generiert. Dieses Netzwerk basiert auf einem komplexen Geflecht von Zwangsarbeit, digitaler Finanzkriminalität und politischer Korruption, was Kambodscha zu einem der weltweit bedeutendsten Zentren für transnationale Betrugsaktivitäten gemacht hat. Die Enthüllungen des Berichts, der den Titel „Policies and Patterns of State-Abetted Transnational Crime in Cambodia as a Global Security Threat“ trägt, werfen ein erschütterndes Licht auf die Rolle, die die kambodschanische Elite bei der Förderung und dem Schutz dieser illegalen Operationen spielt. Im Zentrum der Vorwürfe steht die Huione Group, eine Organisation, die als Hauptakteur in der sogenannten „vertikal integrierten“ Scam-Industrie identifiziert wurde.
Diese Gruppe betreibt Plattformen, die den Umlauf von Milliarden illegaler Gelder ermöglichen und stark auf Krypto-Technologie und Zwangsarbeit setzen, um die Kontrolle der Finanzaufsichtsbehörden zu umgehen. Besonders beunruhigend ist, dass Berichten zufolge etwa 60 Prozent des kambodschanischen Bruttoinlandsprodukts durch diese Scam-Wirtschaft generiert werden. Dies verdeutlicht die Dimension des Problems sowie die tiefgehende Verankerung des Systems in den Strukturen des Landes. Das Herzstück des Netzwerks ist Huione Guarantee, ein Telegram-basierter Treuhandservice, durch den seit 2021 über vier Milliarden US-Dollar geflossen sind. Laut dem US-Finanzministerium sitzt Hun To – ein Cousin des amtierenden kambodschanischen Premierministers Hun Manet – im Vorstand der Huione Group.
Ebenfalls genannt wird Sar Sokha, der stellvertretende Premierminister und Innenminister, als Co-Investor in einem der größten Scam-Komplexe des Landes. Diese Verbindungen zeigen die enge Verzahnung von politischen Entscheidungsträgern und kriminellen Geschäftsaktivitäten. Der Bericht hebt hervor, dass die Betrugsoperationen nicht mehr nur auf die urbanen Zentren, wie Phnom Penh oder Sihanoukville, beschränkt sind, sondern seit 2022 auch in ländliche Gebiete ausgedehnt wurden. Provinzen wie Koh Kong und Pursat sind mittlerweile für die Entstehung neuer Scam-Anlagen bekannt, was die Ausbreitung des kriminellen Netzwerks belegt. Dabei kommt der Krypto-Technologie eine zentrale Rolle zu.
Die Huione Group hat mittlerweile ihre eigene Stablecoin eingeführt, die benutzt wird, um illegale Transaktionen außerhalb des traditionellen Bankensystems abzuwickeln. Diese Innovation erleichtert es den Betreibern, Geldflüsse zu verschleiern und Strafverfolgung zu entgehen. Die Methoden reichen von Crypto-Investmentbetrug bis hin zu sogenannten „Pig Butchering“-Betrügereien, bei denen Opfer emotional und finanziell ausgebeutet werden. Die Nutzung moderner Technologien wie Blockchain, Künstlicher Intelligenz und verschlüsselten Kommunikationskanälen macht die Aufdeckung und Bekämpfung dieser Betrugsnetzwerke äußerst schwierig und fordert die internationale Gemeinschaft heraus. Parallel dazu warnt ein aktueller Bericht des Büro der Vereinten Nationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC) vor der globalen Ausweitung solcher Krypto-Betrugsnetzwerke.
Dieses Netzwerk in Kambodscha ist Teil einer größeren, regionalen und auch internationalen Bewegung, die zunehmend eigene Kryptowährungsinfrastrukturen wie Exchanges, Stablecoins, Glücksspiel-Anwendungen und Blockchain-Systeme entwickelt, um Geld zu waschen und Überwachung zu entgehen. Die Huione Group wurde in diesem Zusammenhang kürzlich in Haowang umbenannt und betreibt inzwischen eigene Blockchain-Technologien (Xone Chain), eine eigene Austauschplattform, Stablecoins sowie eine Visa-Karte, die im Februar 2025 eingeführt wurde. Die Infrastruktur ist damit umfassend und weit entwickelt, wobei geschätzt wird, dass seit 2020 über 24 Milliarden US-Dollar durch diese Kanäle geflossen sind. Die Verbindung von Zwangsarbeit, Betrugszentren in mehreren Ländern Südostasiens und der moderner Technologien stellt auch eine Herausforderung für Regierungen und internationale Organisationen dar. Die Betrugszentren in Kambodscha, Laos und Myanmar sind bekannt dafür, Menschen ausgenutzt, geschult und unter Zwang in kriminelle Aktivitäten eingebunden zu haben.
Die steigende internationale Aufmerksamkeit und der Druck auf die kambodschanische Regierung sowie die beteiligten Organisationen sind zwar vorhanden, dennoch fehlt bislang eine effektive Strafverfolgung und systematische Bekämpfung dieser Industrie. Gleichzeitig berichten Sicherheitsexperten, dass die Betrügereien zunehmend auf Afrika und Lateinamerika ausgedehnt werden, was die globale Reichweite des Netzwerks und die Bedrohung für die Finanz- und Rechtsordnung unterstreicht. Blockchain-Sicherheitsplattformen wie Immunefi dokumentieren jährlich Millionenverluste durch derartige Cyberkriminalität, mit einem Verlust von über 1,6 Milliarden US-Dollar alleine in den ersten drei Monaten von 2025. Daraus wird klar, welche drastischen Auswirkungen diese kriminellen Netzwerke auf den globalen Kryptomarkt und das Vertrauen in digitale Währungen haben. Die Enthüllungen zum kambodschanischen Krypto-Scam-Netzwerk werfen entscheidende Fragen nach der Rolle von Banken, Regierungen und internationalen Finanzinstituten in der Bekämpfung von Finanzkriminalität und Menschenhandel auf.
Es wird offensichtlich, dass technologische Innovationen, so fortschrittlich sie auch sein mögen, in den falschen Händen katastrophale Folgen haben können. Entscheidend für die Zukunft ist nun, wie die internationale Gemeinschaft auf diese Krise reagiert und welche Maßnahmen eine gerechte Strafverfolgung und Prävention ermöglichen. Transparenz, internationale Zusammenarbeit und technische Innovationen zur Erkennung von Betrugsaktivitäten sind unabdingbar, um den Kreislauf von Ausbeutung, Korruption und krimineller Profitmaximierung zu durchbrechen. Die Lage in Kambodscha macht verdeutlicht darüber hinaus, wie gefährlich die Verschränkung von Macht, Technologie und Illegalität sein kann. Die Berichte fordern damit nicht nur eine kritische Betrachtung der nationalen Strukturen, sondern auch eine globale Wachsamkeit und entschlossenen politischen Willen.
In einer Zeit, in der Kryptowährungen und Blockchain-Technologien eine Schlüsselrolle in der Finanzwelt spielen, zeigt das Beispiel Kambodscha, wie diese Technologien missbraucht werden können, wenn Governance, Recht und Rechtsstaatlichkeit versagen. Für Investoren, Aufsichtsbehörden und Politik bedeutet dies, sich intensiv mit den Risiken und Kontrollmechanismen auseinanderzusetzen, um die Verbreitung derartiger krimineller Netzwerke einzudämmen. Letztendlich mahnt die Enthüllung des kambodschanischen Krypto-Scam-Netzwerks dazu, wachsam zu bleiben und sowohl technologische als auch rechtliche Lösungen weiterzuentwickeln, um die digitale Finanzwelt sicherer und fairer zu gestalten.