Der Iran gilt als eine der bedeutendsten Nationen im Nahen Osten mit einem komplexen IT-Infrastruktur-Netzwerk, das es Millionen von Menschen ermöglicht, mit der Welt verbunden zu bleiben. Doch in den letzten Wochen brach der Internetverkehr im Land infolge der Eskalation im Israel-Iran-Konflikt massiv ein. Die plötzlichen und markanten Rückgänge im Datenverkehr werfen nicht nur Fragen hinsichtlich der Ursachen und der Tiefe dieses Einbruchs auf, sondern verdeutlichen auch die engen Verknüpfungen zwischen geopolitischen Geschehnissen und der digitalen Welt. Die Daten stammen von Cloudflare Radar, einem bedeutenden Instrument zur Analyse globaler Internetverkehrstrends, das anhand seiner Erkenntnisse die dramatischen Schwankungen im Netzverkehr Irans aufzeigt. Die Messungen veranschaulichen, wie der gesamte Datentransfer über das Internet innerhalb kurzer Zeiträume stark zurückgegangen ist.
Diese Einbrüche treten häufig während politischer Krisen oder militärischer Auseinandersetzungen auf und spiegeln häufig Versuche wider, den Informationsfluss zu kontrollieren oder potenzielle Risiken für die nationale Sicherheit zu mindern. In Zeiten politischer Spannungen oder bewaffneter Konflikte nutzen Regierungen weltweit verschiedene Maßnahmen, um das Internet zu regulieren oder teilweise zu blockieren. Diese sogenannten Internetsperren oder Bandbreitenbeschränkungen sollen dazu beitragen, die Verbreitung von Desinformationen zu verhindern, Protestbewegungen einzudämmen oder die staatliche Kontrolle über die öffentliche Kommunikation aufrechtzuerhalten. Der Iran hat in der Vergangenheit bereits mehrfach gezeigt, dass er zu drastischen Internetbeschränkungen neigt, insbesondere wenn es um sicherheitsrelevante Fragen geht. Die jüngsten Daten von Cloudflare Radar belegen, dass neben den vollständigen Abschaltungen auch variable Eingriffe stattfanden, die zeitweilige Drosselungen der Datenübertragungsraten verursachten.
Diese konnten sowohl den mobilen als auch den festen Internetverkehr betreffen. Interessant ist hierbei die unterschiedliche Auswirkung auf Desktop-Nutzer gegenüber Mobile-Usern. Oftmals sind mobile Verbindungen stärker von Einschränkungen betroffen, da sie leichter zu überwachen und zu kontrollieren sind. Die Relevanz dieser Entwicklungen liegt auch in der wachsenden Bedeutung des Internets für soziale, wirtschaftliche und politische Aktivitäten. In einer digital vernetzten Welt stellt das Internet nicht nur eine Infrastruktur für Unterhaltung und kommerzielle Aktivitäten dar, sondern wird zunehmend zum politischen Werkzeug.
Es ermöglicht die Verbreitung von Nachrichten, die Organisation von Protesten und die Mobilisierung gesellschaftlicher Gruppen. Ein Rückgang des Internetverkehrs kann somit unmittelbare Auswirkungen auf die Meinungsfreiheit und das gesellschaftliche Engagement haben. Darüber hinaus ist die technische Seite dieser Eingriffe ebenfalls wichtig. Die Infrastruktur des Internets im Iran setzt sich aus verschiedenen autonomen Systemen (AS) zusammen, die den Datenfluss koordinieren und steuern. Cloudflare-Analysen zeigen, dass während des Konflikts die fünf größten autonomen Systeme des Landes vom Rückgang des Verkehrs betroffen waren.
Solche Netzwerke sind durch Routing-Protokolle miteinander verbunden, und Störungen innerhalb dieser Systeme können zu Ausfällen oder erheblichen Verzögerungen führen. Ein weiterer interessanter Aspekt ist der Anteil von botgeneriertem Traffic im Vergleich zu menschlichem Datenverkehr. Bots spielen eine große Rolle bei der Webaktivität, sowohl im positiven Sinne, zum Beispiel für Suchmaschinenindizierung, als auch negativ, etwa durch Denial-of-Service-Attacken. Während des Konflikts haben Analysen ergeben, dass menschliche Nutzer deutlich weniger aktiv waren, was sich in einem stärkeren Rückgang der menschlichen HTTP-Anfragen widerspiegelt. Des Weiteren stellt sich die Frage nach den eingesetzten Protokollen, die den Datenverkehr regulieren.
Die Verteilung zwischen IPv4 und IPv6, ebenso wie die Nutzung unterschiedlicher HTTP-Versionen, kann Hinweise darauf geben, welche Technologien innerhalb des Landes dominieren und wie resilient die Netzwerke sind. In iranischen Netzen zeigt sich eine vorherrschende Nutzung von IPv4, wobei moderne Protokolle wie HTTP/2 und HTTP/3 erst langsam an Verbreitung gewinnen. Während eines solchen Konflikts können ältere Protokolle anfälliger für Störungen und Manipulationen sein. Sicherheitsaspekte spielen ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Analyse der Internetdaten. Durch nationale Behörden oder externe Akteure können Layer-3- oder Layer-7-Attacken (Netzwerk- und Anwendungsschicht) gestartet werden, um den Datenfluss gezielt zu stören.
In Zeiten politischer Auseinandersetzungen steigt das mögliche Risiko solcher Attacken, wobei der Iran selbst sowohl Opfer als auch Akteur solcher Cyberangriffe sein kann. Diese Angriffe tragen zusätzlich zu den Netzeinschränkungen bei und erschweren die zuverlässige Nutzung des Internets. Die DNS-Infrastruktur ist ein weiterer sensibler Punkt. Cloudflare beobachtet DNS-Anfragen über seine 1.1.
1.1-Resolver und registriert Veränderungen in der Nutzung verschiedener DNS-Transportprotokolle und -Typen im Iran. DNS spielt eine fundamentale Rolle bei der Namensauflösung und damit bei der Erreichbarkeit von Diensten. Veränderungen in DNS-Anfragen können auf Versuche hinweisen, Internetinhalte zu zensieren oder um zusätzliche Schutzmechanismen zu etablieren. Neben den technischen Komponenten werfen diese Entwicklungen auch Fragen hinsichtlich der Auswirkungen auf die iranische Gesellschaft und Wirtschaft auf.
Das Internet ist zentrales Medium für Unternehmenskommunikation, Bildung und E-Government-Dienste. Einschränkungen führen zu Produktivitätsverlusten, erschweren internationale Zusammenarbeit und schränken den Zugang zu globalem Wissen ein. Besonders für junge und technikaffine Bevölkerungsschichten können solche Eindämmungen frustrierend sein und die Digitalkompetenz langfristig beeinträchtigen. Diese Ereignisse im Iran sind exemplarisch für eine breite globale Herausforderung: Wie kann man in geopolitisch angespannten Situationen das Recht auf Informationsfreiheit und digitale Teilhabe wahren und gleichzeitig legitime Sicherheitsinteressen berücksichtigen? Die Balance zwischen Zensur und Sicherheit, zwischen Kontrolle und Freiheit ist extrem komplex und wird durch technische und politische Faktoren geprägt. Ein Blick auf andere Länder mit ähnlichen Internetbeschränkungen zeigt, dass temporäre Internetabschaltungen oft auch zu internationaler Kritik führen und wirtschaftlichen Schaden anrichten.
Gleichzeitig nutzen Regierungen diese Maßnahmen als Instrumente der Machtsicherung und Informationskontrolle. Insofern sind die jüngsten Entwicklungen im Iran ein weiterer Beleg dafür, wie wichtig es ist, die Resilienz von Netzinfrastrukturen gegen politische Eingriffe zu stärken und alternative Zugangswege zu gewährleisten. Abschließend bleibt festzuhalten, dass der drastische Rückgang des Internetverkehrs im Iran während des Israel-Iran-Konflikts viele Ebenen berührt – von technischen Aspekten über gesellschaftliche Auswirkungen bis hin zu geopolitischen und ethischen Fragestellungen. Das Monitoring solcher Trends durch Dienste wie Cloudflare Radar trägt dazu bei, ein besseres Verständnis für die Dynamik von Internetnutzung in unsicheren Zeiten zu erlangen und das Bewusstsein für die Bedeutung eines freien und offenen Internets zu fördern.