Im Februar 2022 begann Russlands umfassender Angriffskrieg gegen die Ukraine, und die Welt stand vor der Frage, wie lange die ukrainische Luftwaffe unter diesem überwältigenden Druck bestehen kann. Mit gerade einmal 125 Kampfflugzeugen verteilt auf einige wenige große Luftwaffenstützpunkte schien der ukrainische Luftraum gegenüber der russischen Überlegenheit in Luftstreitkräften und präzisen Raketenangriffen zum Scheitern verurteilt. Doch fast drei Jahre später fliegen die ukrainischen Luftwaffeneinheiten weiterhin täglich Einsätze zur Luftverteidigung und zur Unterstützung von Bodentruppen – ein erstaunlicher Erfolg, der viele überrascht hat. Im Gegensatz dazu stehen die Chancen der taiwanesischen Luftwaffe in einem möglichen Konflikt mit China denkbar schlecht, trotz ihrer zahlenmäßigen Überlegenheit mit rund 400 Kampfflugzeugen. Die entscheidenden Unterschiede liegen in Geografie, Infrastruktur und der Übermacht der chinesischen Streitkräfte.
Die ukrainische Luftwaffe überlebte den Beginn des Krieges vor allem, weil sie sich schnell anpasste und ihre Kräfte über viele kleine, teils zivile Flugplätze sowie sogar provisorische Start- und Landebahnen auf Straßen verteilte. Dieses taktische Vorgehen stammte aus vorheriger Geheimdienstinformation über die russischen Angriffspläne. Indem sie ihre Flugzeuge, Piloten und Vorräte dezentralisierte, vermied die Luftwaffe schwere Verluste bei den anfänglichen Raketen- und Bombardements. Studien, wie die des Royal United Services Institute in London von 2022 bestätigen, dass die Zielpunkte der russischen Raketen oft ins Leere gingen, weil die Flugzeuge zu Beginn der Angriffe gar nicht mehr an den offiziellen Luftwaffenstützpunkten standen. Außerdem hat die ukrainische Luftwaffe gelernt, die Streuung konsequent beizubehalten.
Nur in Momenten nachlassender Wachsamkeit erlitt sie größere Verluste, wie im Juli 2022 bei einem Angriff auf Frontnahen Stützpunkten durch russische Iskander-Raketen, welche hochmoderne aber schwer zu ersetzende Su-27 Abfangjäger am Boden zerstörten. Dieses Beispiel zeigt, wie gefährlich und kostspielig es ist, einen Luftwaffenstützpunkt auf einem kleinen, leicht zu überwachenden Areal zu konzentrieren. Ganz anders sieht die Lage für Taiwan aus. Die Insel ist geographisch viel kleiner – etwa zwanzig Mal kleiner als die Ukraine – mit nur rund fünfzig Flugplätzen insgesamt, von denen zehn militärisch bedeutsam sind. Eine derart limitierte Infrastruktur schränkt die Möglichkeiten der taiwanesischen Luftwaffe stark ein, sich vor präzisen und massiven chinesischen Raketenangriffen zu schützen.
Selbst wenn einige taiwanesische Luftwaffenstützpunkte unterirdische Schutzanlagen besitzen, wie beispielsweise Taitung auf der Ostseite der Insel, können sich die ausgedehnten dauerhaften Angriffe kaum vermeiden lassen. Die wahre Bedrohung besteht vor allem in der riesigen und ständig wachsenden Raketenkapazität Chinas. Die Volksrepublik verfügt bereits heute über Tausende ballistische und Marschflugkörper, die gezielt auf die wenigen bekannten taiwanesischen Flugplätze gerichtet werden könnten. Während die Ukraine es sich leisten konnte, wegen ihres großen Territoriums und der Vielzahl an Flugplätzen flexibel zu operieren, ist Taiwan damit praktisch unmöglich. Forscher des Massachusetts Institute of Technology und des renommierten Think-Tanks RAND haben bereits mehrfach darauf hingewiesen, dass eine intensive und anhaltende Raketenoffensive Chinas die gesamte taiwanesische Luftwaffe im Worst-Case-Szenario innerhalb weniger Tage weichselt könnte.
Mehrere simulationsbasierte Kriegsübungen, insbesondere jene vom Center for Strategic and International Studies im Jahr 2023, legen nahe, dass der Eröffnungsangriff im Falle eines chinesischen Invasionsversuchs eine umfassende Zerstörung von Taiwans Luft- und Seestreitkräften einschließt. Die geplante Raketenoffensive würde so konzipiert sein, dass sie den wichtigen taiwanesischen Stützpunkten kaum Zeit ließe, sich zu verteilen oder zu verstecken. Kurz gesagt, die Luftwaffe wäre größtenteils neutralisiert, bevor sie genügend Kampfkraft entfalten könnte. Aus diesem Grund haben viele Verteidigungsexperten in Taiwan und im Ausland die Empfehlung ausgerufen, verstärkt auf bodengestützte Luftverteidigungssysteme und weniger auf teure Kampfjets zu setzen. Gerade in Taiwan mit seinem bergigen und bewaldeten Terrain bieten verdeckte Raketenbatterien einen besseren Schutz und längerfristigen Nutzen.
Moderne Kurz- und Mittelstreckenraketen, verbunkert an unauffälligen Orten, könnten produktiver und nachhaltiger im Kampf gegen anfliegende chinesische Luft- und Raketensysteme sein. Ein weiterer Faktor, der für die taiwanesische Luftwaffe gegen sie spricht, ist die begrenzte „Magazintiefe“ – also die Menge vorhandener Raketen und Munition, die China in einem Krieg einsetzen könnte. Obwohl China eine beeindruckende Anzahl von Raketen hat, ist deren Vorrat nicht unerschöpflich. Nach heftigen Eröffnungsangriffen wäre die chinesische Raketenlade begrenzt, sodass sie Ziele sorgfältig auswählen müssten. Theoretisch könnte das der taiwanesischen Luftwaffe einige Überlebenschancen verschaffen, um im späteren Kriegsverlauf noch aktiv zu bleiben.
Doch das erfordert extreme Widerstandsfähigkeit, gute Planung und nicht zuletzt Glück. Im Gegensatz zur Ukraine fehlt Taiwan allerdings die ebenso günstige geografische Voraussetzung. Die Inseln sind dicht besiedelt, und die militärischen Flugplätze liegen relativ nahe beieinander, was einen schnellen Konsolidierungsschlag der chinesischen Streitkräfte erleichtert. Außerdem können Flugzeugträger und Langstreckenbomber der Volksrepublik relativ problemlos in taiwanesischem Luftraum oder dessen Nähe agieren, während der ukrainische Luftraum durch die Dimensionen des Staates russischen Luftstreitkräften weitaus weniger Raum zum flexiblen Manövrieren lässt. Es wäre ein großer Fehler, sich auf die Fähigkeit der taiwanesischen Luftwaffe zu verlassen, um der Volksrepublik China standzuhalten.
Militär- und Verteidigungsexperten sehen die Luftwaffe dort als extrem verletzliche Komponente. Sowohl ihre räumlichen Möglichkeiten als auch die Übermacht der chinesischen Feuerkraft erschweren eine erfolgreiche Verteidigung. Taiwan setzt stattdessen auf eine Kombination aus mobilen Raketenabwehrsystemen, verstreuten Flugplätzen und einem wachsenden Bestand an Drohnen und kleineren Flugkörpern, um wenigstens einige Angriffe abwehren zu können. Abschließend lässt sich festhalten, dass der Erfolg der ukrainischen Luftwaffe hauptsächlich auf der Möglichkeit beruht, ihre Kräfte über ein großes Gebiet mit zahlreichen Versteck- und Stützpunkten zu verteilen. Dies ermöglicht eine gewisse Resilienz auch unter extremen Angriffen.
Taiwan verfügt nicht über solche Vorteile. Dort dürfte die Luftwaffe unter Dauerbeschuss schnell neutralisiert werden, noch bevor es zum eigentlichen Kampf gegen chinesische Bodentruppen kommt. Das bedeutet, dass Taiwan seine Defensive weiter auf bodengestützte Systeme, flexible Versteckmöglichkeiten und innovative Technologien setzen muss, um in einem Konflikt mit China bestehen zu können. Der Vergleich der beiden Luftwaffen unterstreicht die Bedeutung von Topographie, Infrastruktur und moderner Raketenkriegsführung für die Überlebensfähigkeit moderner Luftstreitkräfte. Während die Ukraine bisher eine inspirierende Erfolgsgeschichte geschrieben hat, steht Taiwan vor monumentalen Herausforderungen, die noch keine einfachen Lösungen bieten.
Die Welt beobachtet gespannt, wie innovative Verteidigungsstrategien und neue Technologien in den kommenden Jahren die strategische Landschaft in Ostasien beeinflussen werden.