Die moderne Mikroskopie ist seit Jahrzehnten ein unverzichtbares Werkzeug in der Biomedizin, das Forschern und Ärzten erlaubt, feinste Zellstrukturen und Gewebeveränderungen sichtbar zu machen. Traditionelle optische Systeme jedoch sind häufig groß, schwer und teuer, was ihre Anwendung außerhalb spezialisierter Labore einschränkt. Eine vielversprechende Innovation, die diesen Herausforderungen entgegenwirkt, ist die Entwicklung von Metalinsen. Diese ultradünnen, flachen optischen Elemente nutzen nanostrukturierte Oberflächen, um Licht auf eine Weise zu manipulieren, die mit herkömmlichen Glaslinsen nicht möglich ist. Insbesondere das jüngste Forschungsprojekt einer Forschergruppe der Nanjing University in China hat eine Metalens-Dublett-Konfiguration vorgestellt, die eine Kombination aus hoher Auflösung und großem Sichtfeld in einem äußerst kompakten Aufbau realisiert und damit den Weg für portable, leistungsstarke Mikroskope ebnet.
Metalinsen basieren auf sogenannten Metasurfaces, also künstlich strukturierten Oberflächen, deren Elemente kleiner als die Wellenlänge des Lichts dimensioniert sind. Durch das gezielte Anordnen dieser Nanoelemente – häufig in Form von winzigen Säulen oder Finnen aus Materialien wie Silizumnitrid – können spezifische Lichtphasenprofile erzeugt werden. Diese ermöglichen es, Licht parallel zu fokussieren, abzulenken oder zu formen. Im Gegensatz zu herkömmlichen, gekrümmten Glaslinsen sind Metalinsen dabei extrem dünn, leicht und äußerst vielseitig in der Integration, etwa in elektronische Geräte oder kompakte medizinische Instrumente. Bislang stellten jedoch optische Aberrationen, insbesondere seitliche Verzerrungen bei Randbereichen des Sichtfelds, eine erhebliche Hürde dar.
Diese Off-Axis-Aberrationen reduzieren die Bildqualität und das nutzbare Sichtfeld, was Metalens-Anwendungen auf hochauflösende Mikroskopie bislang einschränkte. Traditionelle optische Systeme können durch komplexe Linsensysteme mit mehreren Elementen diese Abbildungsfehler teilweise kompensieren, doch dies führt zu einem unhandlichen Aufbau. Die Herausforderung lautete daher, diese Aberrationen in einer flachen, kompakten Linse zu reduzieren und gleichzeitig eine hohe Bildauflösung und ein großes Sichtfeld zu ermöglichen. Die Lösung der Forscher um Tao Li und Jiacheng Sun lag in der Entwicklung eines Metalens-Dubletts. Dieses Konzept besteht aus zwei Metalensen, die sich auf gegenüberliegenden Seiten eines transparenten Silikasubstrats befinden.
Die Kombination zweier metastrurierter Flächen ermöglicht eine gegenseitige Kompensation von Abbildungsfehlern und erweitert das nutzbare Bildfeld erheblich. Die Präzisionsstrukturierung der Silizumnitrid-Nanofinnen erfolgt in hoher Aspektratio und mit genau berechneten Abständen, damit der Lichtstrahl optimal gebündelt und dabei Aberrationen vermieden werden. Bereits die Laborergebnisse des Forschungsteams waren bahnbrechend. Mit einer Feldbreite von bis zu 150 Mikrometern und einer halben Pitch-Auflösung von 310 Nanometern übertraf der Metalens-Dublett-Mikroskopieaufbau alle bisher erreichten Leistungen in der Metamikroskopie. Die Auflösung erlaubt es, feine Zellstrukturen sichtbar zu machen, die zuvor nur mit viel größeren und komplexeren optischen Geräten erkennbar waren.
Zugleich beseitigt die Technologie die klassische Zwiespältigkeit zwischen hoher Auflösung und großem Sichtfeld, was die praktische Einsetzbarkeit dieser Mikroskope deutlich verbessert. Ein weiterer Meilenstein ist die Entwicklung eines kompakten Prototyps mit einer Gesamtgröße von nur 4 mal 4 mal 5 Zentimeter. Trotz der miniaturisierten Bauweise konnte das Gerät ein beeindruckendes Sichtfeld von 1 Millimeter und eine Auflösung von 620 Nanometern erreichen. Das Design integriert dabei Metasurfaces nicht nur für die Bildgebung, sondern auch für eine spezielle annulare Beleuchtung, die das Auflösungsvermögen und die Bildqualität zusätzlich optimiert. Diese Kombination macht das System extrem schlank, leicht und eignet sich dadurch ausgezeichnet für den mobilen Einsatz in klinischen oder feldbezogenen Anwendungen.
Die biologische Anwendbarkeit des Metalens-Dublett-Mikroskops wurde anhand der Bildgebung von Gebärmutterhalskrebszellen demonstriert. Die Bilder zeigten Aufnahmen von verschiedenen Stadien der Krebsentwicklung innerhalb eines einzigen Sichtfeldes. Wichtige zelluläre Merkmale wie Vergrößerungen des Zellkerns, Deformationen und Zellteilung konnten klar erkannt werden. Dies ist von enormer Bedeutung für die medizinische Diagnostik, da eine umfassende Sicht auf Gewebeproben Ärzten dabei helfen kann, präzisere und frühzeitigere Diagnosen zu stellen. Neben der verbesserten Bildqualität überzeugt das Metalens-Mikroskop durch seine Portabilität und Integration.
Herkömmliche Mikroskope, insbesondere solche mit hoher Auflösung und großem Sichtfeld, sind oft klobig und schwer, was ihre Verwendung außerhalb spezialisierter Labore begrenzt. Die neue Technologie eröffnet die Möglichkeit, Hochleistungsmikroskope in handlichen Größen herzustellen, die leicht transportiert und in unterschiedlichsten Umgebungen eingesetzt werden können. Dies kann medizinische Untersuchungen in ressourcenarmen Gebieten oder mobile Überwachungssysteme in Echtzeit unterstützen. Darüber hinaus entsteht durch die flache Metallens-Technologie eine Plattform, die sich hervorragend in Mikroelektronik und automatisierte klinische Systeme integrieren lässt. Die Möglichkeit, komplexe optische Funktionen in dünnen, skalierbaren Chips umzusetzen, fördert die Entwicklung von leistungsfähigen biomedizinischen Analysegeräten, die ohne großen Platzbedarf schnelles und präzises Bildmaterial liefern können.
Zukünftige Anwendungen könnten in der Telemedizin, der point-of-care-Diagnostik oder der automatisierten Zellzählung liegen. Die Forschungsergebnisse, veröffentlicht in der renommierten Fachzeitschrift Advanced Photonics, markieren einen bedeutenden Fortschritt auf dem Weg zur praktischen und breit einsetzbaren Metalens-basierten Bildgebung. Sie zeigen, dass es möglich ist, die Herausforderungen von Off-Axis-Aberrationen durch innovative Doppel-Linsen-Konzepte und neue Beleuchtungsstrategien zu lösen. Die Kombination aus kompakter Bauweise, hoher Auflösung und großem Sichtfeld ist ein Alleinstellungsmerkmal, das herkömmliche optische Systeme ergänzt und in vielen Bereichen revolutionieren kann. Interessant ist auch, dass das Prinzip des zweischichtigen Metalens-Dubletts als ein Modell für weitere optische Meta-Geräte dient.
Neben der Mikroskopie könnten ähnlich strukturierte Komponenten in der Kameraindustrie, bei Augmented Reality-Brillen oder in optischen Sensoren zum Einsatz kommen, um das Design zu vereinfachen und die Leistung zu steigern. Die Plattform bietet somit eine Grundlage für eine Vielzahl optischer Innovationen, die ultraportabel, leistungsstark und kosteneffizient sind. Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Fortschritt bei der Metalens-Dublett-Mikroskopie einen wichtigen Meilenstein in der optischen Bildgebung darstellt. Indem traditionelle Limitierungen überwunden wurden, kann nun eine hochauflösende, große Bildflächenerfassung in einem Gerät realisiert werden, das kaum größer als eine Handfläche ist. Dies wird nicht nur den Zugang zu komplexen Bildgebungsverfahren erweitern, sondern auch neue Anwendungen in der Biomedizin und darüber hinaus ermöglichen.
Durch die enge Kombination von Nanotechnologie, modernen Fertigungsverfahren und innovativem optischen Design entstehen deshalb neue Perspektiven für portable, intelligente und effiziente optische Systeme.