Die Mission Apollo 11 gilt als eine der größten Errungenschaften der Menschheit. Neil Armstrong, Buzz Aldrin und Michael Collins schrieben mit ihrem Flug Geschichte, als sie als erste Menschen den Mond betraten. Doch wie genau kam es dazu, dass gerade diese drei Astronauten die erste bemannte Mondlandung durchführten? Die Geschichte hinter der Auswahl der Apollo-11-Besatzung ist vielschichtig und weniger dramatisch, als man vielleicht aufgrund der Bedeutung der Mission vermuten würde. Verantwortlich für die Crew-Zusammenstellung war Donald Kent „Deke“ Slayton, NASA’s erster Chief of the Astronaut Office und Director of Flight Crew Operations. Seine pragmatische und flexible Philosophie stand im Mittelpunkt aller Entscheidungen rund um die Zuweisung der Astronauten zu den Apollo-Missionen.
Und trotz der großen Beziehung zwischen den einzelnen Astronauten und der Medienberichterstattung sicher großer Spannung gab es bei der Crew-Auswahl überraschend wenig Star-Allüren oder Machtkämpfe. Slayton war der Auffassung, dass jede Crew grundsätzlich für jede Mission geeignet sein sollte, da sich die Missionsziele während der Apollo-Ära oft änderten. Diese Haltung führte dazu, dass er stets mit einem rotierenden System arbeitete und häufig Backup-Crews festlegte, die dann selbst zum Einsatz kamen. Die Backup-Besatzung von Apollo 7 erhielt beispielsweise die Hauptrolle bei Apollo 10, während die Backup-Crew von Apollo 8 für Apollo 11 vorgesehen war. Nach dieser Logik waren Neil Armstrong, Buzz Aldrin und James Lovell ursprünglich als Backup-Crew für Apollo 9 eingeteilt und sollten demnach auf Apollo 12 fliegen.
Allerdings kam es zu einer Crew-Swap, die Armstrongs Team zum Apollo-11-Flug führte.Ein wichtiger Wendepunkt bei der Besatzungsauswahl war die gesundheitliche Situation von Michael Collins, dem geplanten Command Module Pilot für Apollo 8. Wegen medizinischer Komplikationen musste er zunächst aus der Crew herausgenommen werden. Daraufhin rückte James Lovell auf den Hauptposten bei Apollo 8 auf, während der Anfänger Fred Haise in die Backup-Crew versetzt wurde. Doch als Collins sich erholte, bot Slayton ihm einen Platz auf Apollo 11 an, was Neil Armstrong zustimmte.
Diese Flexibilität zeigt auch die pragmatische Herangehensweise Slaytons. Er war bereit, die Rotation und die festgelegten Backup-Crews zu überschreiten, wenn er es für sinnvoll hielt. Dennoch hielten sich letztlich die meisten Crew-Rotationen an das etablierte System, vor allem weil die Kommandeure von Apollo 8 (Frank Borman) und Apollo 9 (Jim McDivitt) das Angebot ablehnten, die erste Mondlandung zu führen.Die Auswahl von Buzz Aldrin stieß auf gewisse Bedenken. Aldrin war bekannt dafür, als einer der wenige Astronauten Kommandanten mit kritischen Fragen und Herausforderungen gegenüberstanden.
Einige sahen darin eine mögliche „Untergrabung“ der Führung. Slayton gab Armstrong deswegen die Wahl, Aldrin durch James Lovell zu ersetzen. Nach reiflicher Überlegung entschied sich Armstrong jedoch für Aldrin, da er dessen engagiertes Nachfragen nicht als problematisch empfand. Zudem war Lovell, der ebenfalls für alle Apollo-Missionen eine bedeutende Rolle einnahm, für eine eigene Kommandanten-Mission vorgesehen. Auch die Chemie und das gegenseitige Vertrauen innerhalb der Crew spielten in Armstrongs Entscheidung eine große Rolle.
Deke Slaytons ursprünglicher Plan hingegen war es, einen der ursprünglichen Mercury-7-Astronauten als Kommandanten der ersten Mondlandung zu setzen. Die Mercury-7 waren die erste Astronautengruppe der NASA und hoch angesehen. Doch zum Zeitpunkt der Apollo-Missionen waren viele aus diesem Kreis aus verschiedenen Gründen ausgeschlossen. Alan Shepard kämpfte mit einer Ohrenerkrankung, John Glenn wurde als Nationalheld für politische Ämter reserviert, Scott Carpenter war aufgrund von Leistungsschwächen nicht mehr uneingeschränkt aktiv, und Slayton selbst war wegen eines Herzproblems aus dem Flugbetrieb genommen worden. Wally Schirra, der noch aktiv war, war eher für technische Tests bekannt und weniger als erster Pilot für solch waghalsige Missionen geeignet.
Gordon Cooper und Gus Grissom blieben als Hauptkandidaten übrig. Cooper war mehr Ingenieur als Testpilot und hatte Disziplinprobleme. Grissom wiederum war unbestritten talentiert, aber hatte ebenfalls den Ruf, zeitweise unzuverlässig zu sein. Tragischerweise endete seine Karriere mit einem tödlichen Unfall bei einem Test für die Apollo-1-Mission, was die Auswahl der Crew zusätzlich erschwerte. Mit dem Unfall von Apollo 1 wurde klar, dass Slayton aus dem verbliebenen Pool der Astronauten die bestmögliche Crew zusammengestellt musste, die zuverlässig und wettbewerbsfähig war.
Ein weiterer Aspekt bei der Auswahl war die Erfahrung der Astronauten. Apollo 11 war mit dem damaligen Stand der Raumfahrtgeschichte nur die zweite Mission, die erstmals einen Menschen auf den Mond bringen sollte. Deshalb sollten die Crewmitglieder bereits über relevante Erfahrung in vorherigen Raumflügen verfügen. Neil Armstrong brachte seinen Flug bei der Gemini-8-Mission mit, Buzz Aldrin hatte die Gemini-12 erfolgreich absolviert, und auch Michael Collins hatte bereits wichtige Ausbildungs- und Piloterfahrungen gesammelt. Diese Kombination aus Erfahrung, Fähigkeiten und Teamdynamik war ein wesentlicher Faktor für Slayton, um trotz ungeplanter Änderungen und medizinischer Rückschläge die optimale Crew zu bestimmen.
Die hohe Anforderungen, eine so gefährliche und prestigeträchtige Mission sicher durchzuführen, ließen dabei wenig Spielraum für Fehler. Die Auswahl musste sorgfältig, aber gleichzeitig flexibel erfolgen. Slayton schaffte es, durch sein rotierendes System und die Möglichkeit, schnell auf Veränderungen zu reagieren, eine Mannschaft zusammenzustellen, die zum Erfolg der Mission maßgeblich beitrug. Die Besatzung von Apollo 11 war somit nicht das Resultat spontaner Entscheidungen, sondern das Ergebnis eines durchdachten organisatorischen Ablaufs, eingebettet in menschliche Schicksale und medizinische Herausforderungen.Während die Öffentlichkeit heute vor allem Armstrongs ikonischen ersten Schritt auf der Mondoberfläche sieht, bleibt die Crew-Auswahl eine faszinierende Geschichte über Teamarbeit, Kompromisse und kühnen Pioniergeist.
Das Zusammenspiel zwischen Slaytons Erfahrung als Astronaut und Manager und den Fähigkeiten der Astronauten selbst prägte die Besatzung maßgeblich. Armstrongs Vertrauen in Aldrin trotz dessen kritischer Haltung gegenüber Kommandanten zeigt zudem, dass gute Führung auf gegenseitigem Respekt und Offenheit beruhen kann.Nicht zuletzt offenbart der Blick auf die Mercury-7-Astronauten, wie frühere Generationen mit gesundheitlichen und politischen Herausforderungen konfrontiert waren – Faktoren, die großen Einfluss nahmen auf die spätere Gestaltung der Apollo-Missionen. Der Umstand, dass Alan Shepard erst nach den ersten Mondlandungen wieder fliegen konnte und erst Apollo 14 kommandierte, illustriert diese veränderten Voraussetzungen.Der Auswahlprozess für die Besatzung von Apollo 11 ist ein bemerkenswertes Beispiel dafür, wie professionelle Planung in Verbindung mit Anpassungsfähigkeit und Personalmanagement bei groß angelegten komplexen Projekten essenziell ist.
Deke Slaytons Rolle als Zar der Crew-Zuweisungen hat maßgeblich dazu beigetragen, dass die erste Mondlandung nicht nur ein technischer, sondern auch ein menschlicher Triumph wurde. Die Geschichte hinter der Crew-Auswahl spiegelt somit nicht nur den technologischen Fortschritt, sondern auch die menschlichen Faktoren wider, die dabei eine Rolle spielten.