Mit dem explosionsartigen Wachstum der digitalen Welt ist die Bedeutung von Rechenzentren, auch Cloud-Dienste genannt, unbestreitbar. Sie bilden das Rückgrat moderner Informations- und Kommunikationstechnologien und sorgen dafür, dass Milliarden von Nutzern weltweit jederzeit Zugriff auf Daten und Anwendungen haben. Doch dieses schnelle Wachstum bringt auch enorme ökologische Herausforderungen mit sich. Rechenzentren verbrauchen immense Mengen an Energie und Wasser, vor allem für die Kühlung der Hardware, die bei der Datenverarbeitung hohe Wärmemengen erzeugt. Um den Anforderungen der Klimaneutralität und nachhaltigen Entwicklung gerecht zu werden, ist es essenziell, nachhaltige Kühltechnologien zu fördern und einzusetzen.
Dabei liefert die Lebenszyklusanalyse (LCA) einen ganzheitlichen Ansatz, der nicht nur auf den Betrieb, sondern den gesamten Lebenszyklus der Kühlung fokussiert – von der Herstellung über Nutzung bis hin zur Entsorgung. Die steigenden Anforderungen an Rechenzentren sind eng mit dem rasanten Wachstum von Technologien wie künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen, Augmented Reality und autonomen Fahrzeugen verknüpft. Diese Anwendungen benötigen umfangreiche Rechenkapazitäten, was wiederum zu einer Zunahme der Serveranzahl und einer erhöhten Wärmeentwicklung führt. Die Kühlung dieser Systeme stellt eine der größten Herausforderungen dar, denn traditionell genutzte Luftkühlungssysteme stoßen bei steigenden Wärmelasten an ihre Grenzen. Gleichzeitig sind Kühlprozesse für einen erheblichen Anteil des Energieverbrauchs verantwortlich – oftmals bis zu 40 Prozent des Gesamtenergiebedarfs eines Rechenzentrums.
Die Lebenszyklusanalyse bietet hier eine entscheidende Methode, Infrastruktur und Technologien hinsichtlich ihrer Umweltwirkungen zu untersuchen. Die LCA betrachtet alle Phasen eines Produkts oder Systems – von der Rohstoffgewinnung über Herstellung, Transport, Nutzung bis zum Lebensende und der Entsorgung. Durch diesen umfassenden Blick können nicht nur direkte Betriebsemissionen, sondern auch vorgelagerte und nachgelagerte Umwelteinflüsse sichtbar gemacht werden. So ermöglicht die LCA, fundierte Entscheidungen zu treffen, die verschiedenen Nachhaltigkeitsaspekte wie Treibhausgasemissionen, Energieverbrauch und Wasserverbrauch gleichzeitig berücksichtigen. In der Studie „Using life cycle assessment to drive innovation for sustainable cool clouds“ wurde erstmals eine umfassende LCA auf verschiedene moderne Kühltechnologien für Rechenzentren angewandt.
Die Untersuchung bezieht sich unter anderem auf die traditionelle Luftkühlung, kaltplattengestützte (Cold Plate) Kühlung sowie auf zwei Varianten der Flüssigkeitsimmersion. Letztere tauchen Server vollständig in spezielle, dielektrische Kühlflüssigkeiten ein und bieten so hocheffiziente Wärmeabfuhr. Alle Technologien wurden durch ihre Umweltwirkungen gemessen und pro virtueller Prozessorkern-Einheit (Vcore) über eine angenommene Lebensdauer von 15 Jahren gegenübergestellt. Die Ergebnisse zeigen deutlich, dass fortschrittliche Kühlmethoden signifikante Vorteile gegenüber der Luftkühlung bieten. So können durch Kaltplatten- und Immersionskühlung die Treibhausgasemissionen um 15 bis 21 Prozent, der Energiebedarf um 15 bis 20 Prozent und der Verbrauch von blauem Wasser um 31 bis 52 Prozent reduziert werden.
Diese Einsparungen resultieren vor allem aus effizienterer Wärmeabfuhr, die den Stromverbrauch der Kühlsysteme sowie der insgesamt erforderlichen Infrastruktur vermindert. Zudem ermöglichen Flüssigkeitskühlungen höhere Serverdichten und sogenannte „Overclocking“-Optionen, bei denen Prozessoren jenseits der Standardtakte betrieben werden können, was wiederum die Rechenleistung pro Flächeneinheit erhöht. Cold-Plate-Kühltechnologie zeichnet sich dadurch aus, dass eine spezielle Metallplatte mit Mikrokanälen direkt auf den Hochleistungsprozessoren aufliegt. Dort zirkuliert ein Wasser-Glykol-Gemisch, das die Wärme effizient aufnimmt und über einen geschlossenen Kreislauf abführt. Diese Technologie ist vergleichsweise einfach in bestehende Systeme zu integrieren und erfordert keine vollständige Umstellung der Kühlinfrastruktur.
Allerdings ist ein gewisser Anteil Luftkühlung weiterhin notwendig, was die Einsparungen gegenüber Flüssigkeitsimmersion etwas begrenzt. Die Immersionskühlung wiederum unterteilt sich in einphasige und zweiphasige Varianten. Bei der einphasigen Flüssigkeitsimmersion werden Server komplett in einen nicht leitfähigen hydrocarbon-basierten oder mineralölbasierten Kühlflüssigkeitsbehälter getaucht. Die Instanzen entziehen dabei Wärme durch Konvektion, die Kühlflüssigkeit wird kontinuierlich umgewälzt. Diese Technik verbessert nicht nur die Kühlung, sondern schützt die Hardware auch vor Umwelteinflüssen wie Feuchtigkeit oder Staub und reduziert so Ausfallraten.
Die zweiphasige Immersionskühlung nutzt fluorierte Kühlmittel, die bei vergleichsweise niedrigen Temperaturen verdampfen. Durch den Phasenwechsel von flüssig zu gasförmig wird eine sehr effektive Wärmewandlung ermöglicht. Das Gas wird anschließend in einem Kondensator wieder verflüssigt. Trotz der hohen Effizienz steht diese Technologie vor regulatorischen Herausforderungen, da fluorierte Substanzen zu der Gruppe der per- und polyfluorierten Alkylsubstanzen (PFAS) gehören, die weltweit zunehmend eingeschränkt werden. Der LCA-Ansatz betrachtet neben dem Energie- und Wasserverbrauch auch die Herstellung der Kühlkomponenten und ihre Entsorgung.
So zeigt sich, dass die eingebetteten Umweltauswirkungen der Kühlflüssigkeiten zwar vorhanden, aber im Vergleich zu den Betriebseinsparungen relativ gering sind. Unterschiede in der Lebensdauer von Servern und Kühlkomponenten, der Materialeinsatz und die Wiederverwertung am Lebensende wurden ebenfalls berücksichtigt. Insbesondere bei Flüssigkeitskühlungen ermöglichen die verlängerte Lebensdauer der Hardware und die verbesserte Zuverlässigkeit weitere ökologische Vorteile. Ein weiterer entscheidender Faktor ist die Art der eingesetzten Energie im Betrieb der Rechenzentren. Wird Strom aus dem heutigen US-amerikanischen Strommix genutzt, der noch stark auf fossile Energieträger angewiesen ist, liegen die Einsparungen bei Treibhausgasemissionen bei 15 Prozent und mehr.
Wird jedoch ausschließlich erneuerbare Energie verwendet, steigen die relativen Einsparungen, denn der Einsatz von sauberem Strom senkt die direkten Betriebsemissionen deutlich, wodurch die Umwelteffizienz der Kühltechnologie weiter verbessert wird. Microsoft zum Beispiel plant, bis 2025 alle Datenzentren weltweit mit 100 Prozent erneuerbarem Strom zu betreiben, was einen wichtigen Beitrag zur Erreichung nachhaltiger Klimaschutzziele darstellt. Die Nutzung der Lebenszyklusanalyse trägt nicht nur zur besseren Bewertung von Kühltechnologien bei, sondern unterstützt auch das Design künftig nachhaltiger Rechenzentren. In der Planungsphase können so frühzeitig alternative Technologien überprüft und deren Umweltvorteile quantifiziert werden. Somit bietet LCA die Möglichkeit, ökologische Effizienz, Machbarkeit und Kosten in Einklang zu bringen, indem sie technische Innovationen unterstützt und Risiken minimiert.
Darüber hinaus liefert die Analyse wichtige Erkenntnisse für politische Entscheidungsträger und Regulierungsbehörden. So können Vorschriften rund um die Zulassung und den Einsatz bestimmter Kühlflüssigkeiten besser auf wissenschaftlichen Bewertungen basieren. Beispielsweise sind Einschränkungen bei PFAS-Flüssigkeiten als Kühlmittel ein aktuelles Thema, bei dem LCA helfen kann, Umwelt- und Gesundheitsrisiken realistisch einzuschätzen und Handlungsfelder abzuleiten. Gleichzeitig zeigt die Analyse, dass es auch ohne den Einsatz pfadbedingter Stoffe effiziente und nachhaltige Alternativen gibt. Die Zukunft der Cloud-Kühlung wird zunehmend durch Technologieinnovationen und fundierte ökologische Bewertungen geprägt sein.
Der Fokus auf ganzheitliche Nachhaltigkeit, der sowohl die Produktions- und Entsorgungsphasen als auch den Betrieb berücksichtigt, verschiebt die Designprioritäten hin zu ressourcenschonenden Systemen. Technologien wie Liquid-Immersion oder Cold Plate eröffnen die Möglichkeit, Rechenzentren energieeffizienter, wassersparender und umweltfreundlicher zu gestalten, ohne die Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen. Es ist zu erwarten, dass die Integration von LCA in den Entwicklungsprozess von Rechenzentren branchenweit zum Standard wird. Unternehmen, die frühzeitig auf diese Analyseform setzen, können ihre ökologische Bilanz optimieren und Wettbewerbsvorteile erzielen. Gleichzeitig tragen sie aktiv dazu bei, den digitalen Fortschritt mit den globalen Nachhaltigkeitszielen in Einklang zu bringen und die Herausforderungen des Klimawandels verantwortungsvoll anzugehen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Lebenszyklusanalyse eine Schlüsselrolle dabei spielt, nachhaltige Innovationen im Bereich der Cloud-Infrastruktur voranzutreiben. Durch die Betrachtung des gesamten Lebensweges von Kühltechnologien können sowohl direkte als auch indirekte Umweltwirkungen reduziert werden. Diese umfassende Perspektive fördert eine fundierte Entscheidungsfindung und hilft der Branche, sowohl ökonomisch als auch ökologisch zukunftsfähige Rechenzentren zu gestalten.